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Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny

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Fazit<br />

Es ist wichtig, zwischen unterschiedlichen Bestimmungsfaktoren wie Religion, Kultur, Tradition,<br />

Migration, Politik und Gesellschaft zu unterscheiden, anstatt konfliktförderndes Verhalten<br />

auf den Islam zurückzuführen. Auch lohnt es sich, die kulturelle Bedingtheit eigener Werte zu<br />

reflektieren. Denn Unkenntnis (auf beiden Seiten) ist ein Teil des Problems. Sie verschärft<br />

das Gefühl der Andersartigkeit und verhindert einen vertrauensvollen und lösungsorientierten<br />

Umgang miteinander. Der Umgang mit „islamischen“ Themen sollte von ideologischem Ballast<br />

befreit werden. Statt im Islam nur die negative Gegenfolie zu „unseren“ Werten zu sehen,<br />

sollten Potentiale zu seiner Reformierbarkeit und Modernisierung ausgelotet und die<br />

dialog- und veränderungsbereiten Muslime gefördert werden. Denn eine humanistische<br />

Ethik, persönliches Engagement und Verantwortung für die Gesellschaft, Wissenserwerb<br />

und Achtung vor den Menschen lassen sich allesamt auch islamisch begründen. Fortschrittliche<br />

Muslime leiten aus den islamischen Quellen moderne Werte wie Freiheit und Demokratie,<br />

Gewaltverzicht und Friedenspflicht, Toleranz und Respekt Anders- und Ungläubigen gegenüber,<br />

Meinungsfreiheit, die Religionskritik (aber nicht –beleidigung) einschließt, die Möglichkeit<br />

zu Glaubenswechsel und -abfall und eine Gleichberechtigung der Geschlechter ab.<br />

Vielleicht lassen sich diese Gegenstimmen durch Vorträge, Filme oder Textlektüre in den<br />

Unterricht einbauen. Sie können den besonders lauten Glaubenswächtern das Deutungsmonopol<br />

nehmen und das negative Image des Islams als bloßer Verbots- und Problemreligion<br />

aufbrechen. Für viele Konflikte lassen sich pragmatische Lösungen finden, indem die gemeinsamen<br />

Interessen und Werte betont werden.<br />

Ein wichtiges Bildungsziel muss es sein, die Einsicht zu fördern und zu leben, dass alle Religionen<br />

und Kulturen über eine Ethik verfügen. Die Begründung derselben und der Weg dorthin<br />

mögen sich unterscheiden, doch das Ziel eines guten Miteinanders der Menschen, unabhängig<br />

von Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe usw. verbindet sie.<br />

Nichtmuslimische Lehrkräfte sollten islamische Argumentationen ehrlich und aufgeschlossen,<br />

aber nicht kritiklos registrieren. Eine geheuchelte Islamfreundlichkeit oder ein instrumenteller<br />

Einsatz normativer Regeln als Disziplinierungsmaßnahmen werden das Gegenteil des<br />

Erwünschten bewirken. Denn die Schülerinnen und Schüler nehmen sehr sensibel unterschwellige<br />

Botschaften und Ressentiments wahr. Vielmehr kann auch eine nichtmuslimische<br />

Lehrkraft Anerkennung finden, wenn sie glaubwürdiges Interesse am Islam zeigt und den<br />

Schüler/innen ermöglicht, ihre Kompetenzen und ihr besonderes Wissen in den Unterricht<br />

einzubringen. Kinder zu vermeintlichen Experten ihrer Religion und Kultur zu machen, kann<br />

sie aber auch überfordern und ihnen eine Identität zuschreiben, die sie für sich vielleicht so<br />

gar nicht sehen. Stattdessen sollten freiwillige Beiträge positiv aufgenommen werden. Dies<br />

kann die Kinder und Jugendlichen zu einem reflektierten Umgang mit ihrer Religion ermuntern<br />

und ihnen eine selbst bestimmte und reife Entscheidung über ihre Religiosität und Werte<br />

ermöglichen.<br />

Die Befreiung von Fremdzuschreibung und das Recht auf Selbstbestimmung der eigenen<br />

Identität gehören zu den Errungenschaften der Moderne. Wenn junge Muslime diese heute<br />

auch durch Rekurs auf ihre Religion in Anspruch nehmen, so ist dies kein Rückfall ins Mittelalter,<br />

sondern kann eine erfolgreiche Anpassung an die Moderne darstellen.<br />

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