Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
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3 Spezifische Problemfelder<br />
Im Folgenden stehen einzelne ausgewählte Problemfelder im Mittelpunkt. Von ihnen ist nur<br />
eines in dem Sinne spezifisch islamisch, dass es vor allem Muslime betrifft: der Islamismus,<br />
dessen Spektrum von konservativen Jugendströmungen bis zum Jihadismus reicht. Während<br />
erstere als Bewegung beschrieben werden können, zu der sich Jugendliche und junge<br />
Erwachsene zählen lassen, die sich vor allem auf der Grundlage einer sehr konservativen<br />
religiösen Moral in die Gesellschaft integrieren und diese – auch in der Schule - zu einer<br />
besseren und islamischeren machen wollen, ist das Islamverständnis des Jihadismus radikal:<br />
Im Internet werden Gruppierungen für sich und ihre Anliegen, die die Ausübung von Gewalt<br />
und Terror religiös begründen. Problematisch ist der Islamismus allerdings in all seinen<br />
Varianten – dann nämlich, wenn er seine jeweilige Islaminterpretation zur einzig wahren erklärt.<br />
Die Gewalttätigkeit von Jugendlichen aus muslimischen Milieus hat dagegen mit dem Islam<br />
in der Regel höchstens sekundär zu tun. Das gilt auch für Problemfelder wie Antisemitismus<br />
und Homophobie - selbst wenn antisemitische und homophobe Einstellungen von Jugendlichen<br />
manchmal mit Bezug auf religiöse Quellen begründet werden. Vielmehr besteht bei<br />
allen drei Themen die Gefahr, dass sie zur pauschalen Stigmatisierung von jungen Muslimen<br />
genutzt werden. Dabei sind auch viele nicht-muslimische Migranten und „deutsche“ Jugendliche<br />
gewalttätig, homophob und antisemitisch. Und wenn hier muslimische Jugendliche statistisch<br />
gesehen stärker auffallen, dann hat das meist mehr mit ihrer sozialen Stellung zu tun,<br />
als mit Religion oder Tradition. Dennoch: Es gibt spezifische Aspekte von Gewalttätigkeit,<br />
Homophobie und Antisemitismus bei jungen Muslimen. Und die sind durchaus bedeutsam,<br />
wenn man solchen Phänomenen pädagogisch begegnen und vorbeugen will.<br />
3.1 Islam und Islamismus<br />
„Ich bin ein Taliban…“<br />
Islam und Islamismus in Jugendkultur und Schule 49<br />
Jochen Müller<br />
Schülerinnen, die eines Morgens mit Kopftuch zum Unterricht erscheinen. Junge Muslime,<br />
die auf Koran, Scharia oder muslimische Gelehrte als ihre wichtigsten Autoritäten verweisen.<br />
Sympathiebekundungen für Osama bin Laden und Al-Qaida, Leugnungen des Holocaust<br />
oder die Hervorhebung des Islam als beste aller Religionen, die bald die ganze Welt<br />
beherrschen wird – all das sind Verhaltensweisen und Positionen von Jugendlichen muslimischer<br />
Herkunft, die in Schule oder Jugendclubs zu beobachten sind. Und nicht zuletzt unter<br />
dem Eindruck der aktuellen Debatten um Islam, Islamismus und Integration werfen sie bei<br />
Pädagogen eine Reihe von Fragen auf. Darunter steht eine häufig im Vordergrund: Handelt<br />
es sich hier um Ausdrucksformen islamistischer Ideologie Eine Antwort auf diese Frage<br />
muss erst einmal unbefriedigend ausfallen. Sie lautet in jedem der genannten und in einer<br />
Vielzahl anderer Fälle: Kann sein, muss aber nicht.<br />
Nun müssten Pädagogen, um die Frage nach den charakteristischen Merkmalen des Islamismus<br />
befriedigend beantworten zu können, in der Lage sein, einen eher säkularen Islam<br />
von Traditionen und Volksislam sowie konservativen Strömungen, Islamismus und Jihadismus<br />
zu unterscheiden. Dazu fehlt es ihnen in der Regel an Wissen - Wissen über den Islam<br />
und seine Geschichte zum Beispiel, Wissen über die unterschiedlichen Ausdrucksformen<br />
islamistischer Ideologien, Wissen über die Bedeutung des Nahostkonflikts für viele Muslime.<br />
49 Erstmals erschienen in: Bundeszentrale für politische Bildung, www.bpb.de/islamismus<br />
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