Scheidungsfolgen für Männer - Vaterverbot
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5.2.1.1.1 Obsorge beider Elternteile („gemeinsame Obsorge“) 563<br />
Bei gutem Einvernehmen mit der geschiedenen Ehefrau würden in vielen vor Inkrafttreten des<br />
KindRÄG 2001 geschiedenen Ehen die bei der Scheidung vereinbarte alleinige Obsorge der<br />
Mutter als „nur nach außen hin erforderliches formales Kriterium“ betrachtet und tatsächlich<br />
die Obsorge beider Elternteile [die sogenannte „gemeinsame Obsorge“, Anm. d. Verf.]gelebt,<br />
die Väter daher weiterhin stark in die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder eingebunden.<br />
Diese Väter werteten, wie andere engagierte Väter, die vor Inkrafttreten des KindRÄG 2001<br />
geltende Bestimmung, die die gemeinsame Obsorge nur bei gemeinsamem Wohnsitz der<br />
geschiedenen Eltern zuließ, als stark diskriminierend.<br />
Die Obsorge beider Elternteile räume nach übereinstimmender Ansicht aller Interviewten den<br />
Vätern mehr Möglichkeiten ein und stelle auch die Anerkennung der Vaterrolle nach außen<br />
dar. Aber auch an der Obsorge beider Elternteile wird kritisiert, dass diese keine „echte Halbe-<br />
Halbe-Aufteilung“ der Betreuung und Erziehung darstelle. Ein Vater, der die Obsorge beider<br />
Elternteile vereinbart hat, wünscht sich diese „echte Halbe-Halbe-Aufteilung“, da das Kind, je<br />
nach seinem Wunsch, phasenweise die Hälfte und mehr als die Hälfte der Zeit bei ihm<br />
verbringe, phasenweise lebe es mehr bei der Mutter: „Also da gibt es insofern ein Problem,<br />
dass es nicht möglich ist, das Sorgerecht 50:50 zu machen. Wir haben es 49:51 gemacht, und<br />
das finde ich im Grund eine schwachsinnige Sache. Eigentlich finde ich, es müsste 50:50 auch<br />
möglich sein, wobei 49:51 ja fast dasselbe ist. Das finde ich juristisch schon etwas<br />
komisch.“ 564<br />
Ein anderer Vater berichtet, die mit seiner geschiedenen Ehefrau vereinbarte Obsorge beider<br />
Elternteile bestehe nur auf dem Papier. Bereits in aufrechter Ehe habe die Mutter den Kontakt<br />
zwischen Vater und Kind behindert; da die Obsorge beider Elternteile vereinbart sei, würde<br />
kein Besuchsrechtstitel bestehen und habe er sohin keine Möglichkeit, sein Kind zu sehen.<br />
Derzeit sei ein Obsorgerechtsverfahren bei Gericht anhängig, weil beide Eltern die alleinige<br />
Obsorge beantragt hätten. Da beide Eltern bei Gericht seit Jahren gegeneinander Anträge<br />
einbrächten, die Mutter mit dem Kind eine Zeitlang nach Ungarn „geflohen“ sei und sich<br />
weigere, dem Vater Besuche des Kindes zu gestatten, habe dieser Vater sein Kind schon seit<br />
mehr als 3 Jahren nicht gesehen. 565<br />
Die ExpertInnen gaben in den Interviews 566 an, bei Vereinbarung der Obsorge beider<br />
Elternteile bleibe der hauptsächliche Aufenthaltsort des Kindes, zumindest offiziell, bei der<br />
Mutter. Problematisch sei die Lage der Väter, wenn Konflikte zwischen den Eltern über die<br />
Obsorge entstehen, da die Gerichte die alleinige Obsorge eher den Müttern zusprechen. Die<br />
Interviews der Väter ergaben dieselbe Einschätzung.<br />
Vor allem die „engagierten Väter“ fühlen sich, wenn kein gutes Einvernehmen mit der<br />
geschiedenen Ehefrau besteht, im Nachteil: „Wenn es Probleme gibt, dann sind es eher die<br />
Väter, die benachteiligt sind. Wenn es Streitigkeiten gibt, werden doch zu einem großen Teil<br />
563 Vgl. Kapitel 2.2 und 4.1<br />
564 Interviewtranskript B5, Seite 3<br />
565 Interviewtranskript B1, Seite 2<br />
566 siehe Kapitel 4.1<br />
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