Scheidungsfolgen für Männer - Vaterverbot
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und sich „hängen zu lassen“ in solcher Situation fatal ist. Zu diesem Schluss gelangt man auch<br />
durch die ExpertInneninterviews.<br />
Die befragten Mittelverdiener müssen ohne professionelle Hilfe auskommen. Einerseits<br />
können sie sich diese nicht leisten, andererseits haben sie - vor Abzug der Unterhaltspflichten -<br />
ein zu hohes Einkommen, um Sozialleistungen in Anspruch nehmen zu können. Wie in den<br />
ExpertInneninterviews bereits angeklungen ist, versuchen <strong>Männer</strong> oft neue Geldquellen<br />
aufzutreiben, um ihre finanziellen Einbußen auszugleichen. „Ich gehe pfuschen. Ich arbeite<br />
wie ein Blöder, sonst könnten wir uns das gar nicht leisten!“ 602 , berichtet ein Vater. Ein<br />
anderer finanziert den Großteil seiner Wohnkosten, indem er untervermietet, obwohl er das<br />
nach dem Mietrechtsgesetz nicht dürfte.<br />
Eine Scheidungsbiographie 603 zeigt, dass lang andauernde „Rosenkriege“ auch bei gutem<br />
monatlichen Nettoeinkommen von 23.000,-- Schilling [etwa € 1.670,--, Anm. d. Verf.] und nur<br />
einer Unterhaltspflicht die finanzielle und soziale Lage des Betroffenen gefährden und<br />
beeinträchtigen können. Der Interviewte erzählt, er habe aus seiner strittigen Scheidung<br />
Schulden in Höhe von 3 Millionen Schilling [etwa € 218.000,--, Anm. d. Verf.], das eheliche<br />
Vermögen sei ein Jahr nach Rechtskraft der strittigen Scheidung noch nicht aufgeteilt. Er sehe<br />
sich gezwungen, den teuren Rechtsstreit weiter aufrecht zu halten, um einen Teil der Schulden<br />
vielleicht auf seine geschiedene Ehefrau abwälzen zu können.<br />
Den Interviews ist auch die Furcht vor Diskriminierung zu entnehmen. Die Betroffenen fühlen<br />
sich von der Furcht, „Sozialhilfeempfänger“ zu werden, erheblich psychisch belastet.<br />
Einen Interviewten, der nach einer strittigen Scheidung neben seinen Kindern auch <strong>für</strong> seine<br />
geschiedene Ehefrau unterhaltspflichtig ist, trifft vor allem, dass der Unterhalt <strong>für</strong> die<br />
geschiedene Ehefrau unbefristet ist und sich diese nicht gewillt zeige, einen Beruf auszuüben.<br />
Die Interviews lassen den Eindruck, den auch die ExpertInnen teilweise äußerten, entstehen,<br />
dass sich manche <strong>Männer</strong> während der Scheidung in finanziellen Belangen sehr großzügig<br />
verhalten, einige diese Großzügigkeit jedoch später bereuen. Ein Familienvater formuliert es<br />
so: „Ich bereue im Nachhinein, dass ich mich nicht habe beraten lassen, einerseits in Bezug auf<br />
die Kinder, andererseits auch in Bezug auf Geld. Aus meinem dringenden Wunsch heraus habe<br />
ich mich dazu überreden lassen, die Wohnung nur mit meiner Bekleidung zu verlassen. Alles,<br />
was ich mitgenommen habe, war ein Sparbuch mit 100.000,-- Schilling [etwa € 7.270,--, Anm.<br />
d. Verf.].“ 604 Zum Zeitpunkt des Scheidungsbegehrens dürfte der Wunsch nach rascher<br />
Scheidung, das Bestreben den Kindern weiterhin ein gutes Zuhause bieten zu können und<br />
teilweise auch ein latent schlechtes Gewissen gegenüber der Familie, die im Stich gelassen<br />
wird, den Verzicht auf Materielles bewirken. Später zeigen sich die Betroffenen nicht mehr<br />
großzügig.<br />
Alle <strong>Männer</strong> berichten von einem „Aha-Erlebnis“, das erst nach der Scheidung - gleichgültig<br />
ob es die Folgen des Verlustes der Obsorge oder die finanziellen Folgen durch den zu<br />
602 Interviewtranskript B4, Seite 2<br />
603 Interviewtranskript B8<br />
604 Interviewtranskript B2, Seite 7<br />
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