Die komplette MONITOR-Ausgabe 7-8/2001 können
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WIRTSCHAFT INTERVIEW<br />
Noch vor einem halben Jahr sonnte sich die E-Business-Branche in<br />
Hype-Stimmung, jetzt bläst ihr ein Sturmtief entgegen. Auch das<br />
US-Unternehmen Ariba, eines der Flaggschiffe der New Economy und<br />
Spezialist für E-Procurement und B2B-Marktplätze, segelt seit einigen<br />
Monaten in rauheren Gewässern. <strong>MONITOR</strong> sprach mit Peter Bernard,<br />
Ariba Director Marketing Central Europe.<br />
Dominik Troger<br />
E-Business:<br />
Schmerzhafte Konsolidierungsphase<br />
<strong>Die</strong> E-Business-Hype ist vorbei, jetzt wird<br />
wieder seriös gearbeitet?<br />
Wir befinden uns in einer Phase der Konsolidierung<br />
und Marktbereinigung, die abzusehen<br />
war. Leider war die Hype ebenso überzogen<br />
wie der jetzige Einbruch, der für alle<br />
Unternehmen sehr schmerzhaft ist, und ganz<br />
besonders für jene, die sich bereits in diesem<br />
neuen Marktsegment profiliert hatten.<br />
Haben sich die Unternehmen da zu sehr<br />
mitreißen lassen?<br />
Ich kann Ihnen das sehr gut am Beispiel von<br />
Ariba erklären. Der Forecast von Ariba für<br />
das Geschäftsjahr 2000 (1.10.99-30.9.00)<br />
plante einen Umsatz von rund 80 Millionen<br />
US-Dollar - real wurden es aber 279 Millionen!<br />
Darauf basierende Berechnungen für das<br />
Jahr <strong>2001</strong> kamen auf 700 bis 800 Millionen<br />
US-Dollar. Im ersten Quartal <strong>2001</strong> lagen wir<br />
mit 180 Millionen noch im Plan und machten<br />
sogar Gewinn. Im 2. Quartal waren es<br />
aber nur noch 90 Millionen. Wenn hochgeschraubte<br />
Erwartungen nicht erfüllt werden,<br />
sticht das natürlich besonders ins Auge.<br />
Waren sie nicht ein bißchen zu hoch<br />
geschraubt?<br />
Vorsichtige Schätzungen wären in Anbetracht<br />
der damaligen Börsensituation absolut<br />
kontraproduktiv gewesen. Und wenn dann<br />
plötzlich fünf, sechs Großprojekte, die eigentlich<br />
schon unter Dach und Fach sind,<br />
aufgrund der Marktverunsicherung verschoben<br />
werden, dann schlägt dass natürlich voll<br />
durch.<br />
Aber diese Unwägbarkeiten sind deutliche<br />
Kennzeichen eines neuen, noch wenig entwickelten<br />
Marktes. Es ist für alle, auch für<br />
die Analysten, momentan äußerst schwer,<br />
Prognosen zu machen. Deshalb kann auch<br />
niemand sagen, wie lange dieser Negativ-<br />
Trend wirklich dauern wird. Aber natürlich<br />
werden wir alle in einem halbem Jahr die Situation<br />
schon viel besser einschätzen <strong>können</strong><br />
als jetzt.<br />
<strong>Die</strong>se Analysten waren Ariba in den letzten<br />
Monaten auch nicht immer wohlgesonnen...<br />
Wie gesagt, es ist sehr schwer, hier zu klaren<br />
Aussagen zu kommen. Außerdem ist da vieles<br />
einfach aus Unkenntnis gesagt und geschrieben<br />
worden. Das betrifft vor allem die<br />
viel zitierten Ariba-kritischen Statements der<br />
Gartner Group, die in der betreffenden Studie<br />
weder aktuelle Ariba-Produkte noch die<br />
gegenwärtige Unternehmensstrategie<br />
berücksichtigt hat.<br />
Wie steht es jetzt also wirklich um Ariba und<br />
den B2B-Markt?<br />
Ich schätze das langfristig sehr positiv ein. Es<br />
gibt noch sehr viele Möglichkeiten, die nicht<br />
ausgeschöpft sind. Nehmen wir als Beispiel<br />
E-Procurement als B2B-basierendes internes<br />
Beschaffungswesen. Hier <strong>können</strong> Unternehmen<br />
enorme Kosteneinsparungen erzielen,<br />
die direkt in den Profit fließen. Ein gutes Beispiel<br />
dafür ist BMW, die übrigens Software<br />
von Ariba einsetzt. BMW hatte Tausende Lieferanten,<br />
jetzt haben sie ein paar hundert -<br />
und sie <strong>können</strong> bessere Konditionen herausschlagen.<br />
Hier ist man allerdings von Anfang<br />
an den richtigen Weg gegangen und hat diese<br />
Lösungen aus einem kleinen, regionalen<br />
Bereich langsam auf größere Einheiten ausgeweitet.<br />
Wo es derzeit weniger gut läuft sind<br />
die klassischen, offenen B2B-Marktplätze.<br />
Warum?<br />
Interne Marktplätze oder E-Procurement<br />
funktioniert nach dem Prinzip „one to many“,<br />
offene B2B-Marktplätze nach dem Pinzip<br />
„many-to-many“, also viele Lieferranten, viele<br />
Einkäufer.<br />
Hier kann man vor allem Umsatz generieren.<br />
Aber dazu braucht es ein sehr hohes Verkehrsaufkommen,<br />
wie auf einem richtigen<br />
Markt. Außerdem haben die Unternehmen<br />
nur etwas davon, wenn sie ihre internen, „defensiven“<br />
Aufgaben schon vorher gemacht<br />
haben - und da gibt es noch großen Nachholbedarf.<br />
Noch auf der CeBIT hat Ariba eine „Value<br />
Chain Management-Strategie“ ankündigt.<br />
Fehlt nach Scheitern der Übernahme von<br />
Agile Software da jetzt nicht ein wichtiger<br />
Software-Baustein?<br />
Der Einbruch an den Börsen hat diese<br />
Akquisition verhindert. Andererseits hat sich<br />
inzwischen das gesamte Marktumfeld derart<br />
verändert, dass für einen absehbaren Zeitraum<br />
Ariba diese Strategie auch ohne Agile weiterverfolgen<br />
kann. Es stellt sich ohnehin immer<br />
mehr heraus, dass es in der New Economy auf<br />
die richtigen Partnerschaften zum richtigen<br />
Zeitpunkt ankommt. Ich kann bei einer Ausschreibung<br />
zusammen mit einem Partner auftreten<br />
und bei der nächsten Ausschreibung<br />
ist dieser Partner dann wieder ein Mitbewerber.<br />
Ariba hält sich stark an IBM. Manche<br />
meinen, sie hätte sich besser an einen ERP-<br />
Anbieter wie SAP „angelehnt“.<br />
Ariba zählt zu den strategischen Partnern<br />
von IBM. Aber Sie spielen hier sicher auf die<br />
Kooperation des Ariba-Mitbewerbers Commerce<br />
One mit SAP an. Mag sein, dass Commerce<br />
One derzeit von dieser Partnerschaft<br />
profitiert. Langfristig sehe ich allerdings zwei<br />
Szenarien: SAP lässt Commerce One fallen,<br />
sobald es deren Technologie „inhaliert“ hat<br />
oder es übernimmt sie.<br />
Ariba ist von diesen Übernahmespekulationen<br />
auch nicht ganz frei.<br />
Niemand in dieser Branche kann sagen,<br />
welche Unternehmen es in fünf Jahren noch<br />
geben wird. Aber es ist Tatsache, dass es<br />
immer einige geschafft haben, groß zu<br />
werden. Auch SAP und Oracle waren einmal<br />
kleine Unternehmen und eine IBM hat<br />
Microsoft und Intel groß werden lassen. Ariba<br />
hat sehr gute Voraussetzungen, um auch in<br />
den nächsten Jahren erfolgreich und eigenständig<br />
zu sein.<br />
Herzlichen Dank für das Gespräch.<br />
18 monitor 7-8/<strong>2001</strong>