Die komplette MONITOR-Ausgabe 7-8/2001 können
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THEMA<br />
Wie sehen Sie die Zukunft des M-Commerce?<br />
Werden die Leute wirklich in Mitteleuropa<br />
mit dem Handy in der Hand auf der Straße<br />
spazieren und zum Beispiel ihr Banking<br />
online mobil erledigen oder online einkaufen?<br />
Ich glaube, die Erwartungen sind derzeit viel<br />
zu hoch geschraubt. Das mobile Gerät wird<br />
ein Bestandteil einer Anwendung sein, aber<br />
nicht d e r Bestandteil. Ich würde sagen, etwa<br />
so wie man heute das Telefon - Festnetz<br />
und mobil - auch einsetzt. Das mobile Gerät<br />
ist hier eine Option. Sagen wir, jeder, die eine<br />
Rechnung ausstellt, wird seinem Kunden<br />
ermöglichen, über das Telefon den Status abzufragen<br />
oder bestimmte Anweisungen zu<br />
geben, weil es eben in bestimmten Lebenssituationen<br />
wichtig und notwendig ist. Ich<br />
denke, jede Firma, die Rechnungen ausstellt<br />
wird versuchen, weitere <strong>Die</strong>nstleistungen anzubieten,<br />
mehr zu verkaufen.<br />
Besteht da nicht die Gefahr, dass der mobile<br />
Kunde mit Information förmlich zugeschüttet<br />
wird?<br />
Ich glaube, das Informationsangebot wird<br />
dann in einer Art Portal zusammengefasst<br />
und der Kunde kann selbst entscheiden, was<br />
er sehen will und was nicht. Im Moment wird<br />
man wahrscheinlich noch mit Hunderten<br />
SMS zugemüllt.<br />
Derzeit ist Abschalten oder eine Geheimnummer<br />
der sicherste Schutz davor.<br />
Aber wenn man nur einen Einwahlknoten bei<br />
einem Partner hat und wählen kann, ob man<br />
diese oder jene Information doch haben möchte,<br />
dann bezieht man Information nach seinen<br />
eigenen Kriterien, vielleicht einmal mal<br />
Handy, vielleicht auch noch als Fax oder E-<br />
Mail. Da sehe ich die Zukunft von XML. Es<br />
wird persönliche Server geben, wo jeder seine<br />
erwünschte Informationen auswählen<br />
kann.<br />
MOBILE COMPUTING<br />
Was realistischer Weise M-Commerce in naher Zukunft<br />
bedeuten wird, erläutert Chris Horak, Software AG, Vice<br />
Präsident und General Manager Mobile Commerce, im<br />
<strong>MONITOR</strong>-Gespräch.<br />
Stefanie Witta<br />
M-Commerce optimiert den Zeitverzug<br />
bis zum Eintreffen im Büro<br />
Wenn der Kunde aber nun selbst aus dem Vollen<br />
schöpfen und nicht auf ein künstlich ermitteltes<br />
Profil mit voreingestellter Auswahl<br />
angewiesen sein möchte?<br />
Ich denke, es wird in fünf oder sechs Jahren<br />
Voraussetzung sein, dass diese Telefone in einer<br />
Agentur mit eingebunden werden.<br />
Meinen Sie, dass sich damit UMTS finanzieren<br />
wird lassen?<br />
Da habe ich Bedenken, ob sich das jemals finanzieren<br />
wird. Ich glaube, wenn man die<br />
neuen Anwendungen näher betrachtet, sieht<br />
man, dass es sich im professionellen Bereich<br />
um die Versorgung von mobilen Mitarbeitern<br />
mit Informationen handelt, von Flugzeugwartungsdiensten,<br />
Militär, Polizei,<br />
<strong>Die</strong>nstleister, die draußen sind und Meldungen<br />
oder Anweisungen rasch übertragen müssen.<br />
Denken Sie an einen Reparaturdienst am<br />
Flughafen: der Mitarbeiter meldet eine kaputte<br />
Glühbirne, erhält die Anweisung sie<br />
auszutauschen und bekommt auch gleich eine<br />
Skizze zugesendet, wo er die Glühlampe<br />
findet. Ich glaube, es wird eine Partnerschaft<br />
geben zwischen den Telekomgesellschaften<br />
und den Unternehmen, die diese Anwendungen<br />
fahren.<br />
Das ist im Businessbereich. Und wie wird der<br />
Consumerbereich aussehen?<br />
Da kann ich mir etwas Ähnliches vorstellen<br />
wie jetzt in Japan mit Imode. Aber nur dann,<br />
wenn das Geschäftsmodell der Provider tatsächlich<br />
verändert wird und man nur bedarfsabhängig<br />
bezahlt.<br />
Trotzdem glaube ich nicht, dass Europäer im<br />
Gehen am Handy Tamagotchies füttern oder<br />
Bankgeschäfte erledigen werden wie in Japan.<br />
Ich kann mir sehr gut einen <strong>Die</strong>nst vorstellen,<br />
der wie eine Sekretärin funktioniert und<br />
mir - etwa in der Warteschlange zum Flugzeug<br />
- die Titel der eingelangten E-Mails vor-<br />
liest und auf Befehl vorsortiert wie ein Filter.<br />
Ich glaube, die Entwicklung wird sie zuerst<br />
in den professionellen Segmenten etablieren<br />
- etwa in der Logistik wie bei unserer Anwendung<br />
für Daimler-Chrysler. Da geht es<br />
darum, in Echtzeit am Handy den Standort<br />
der Lastwägen und den Ladezustand zu ermitteln.<br />
Das ist eine Anwendung mit preisgünstigen<br />
Standardgeräten, die Kosten senkt.<br />
In England wird gerade eine Wartungsanwendung<br />
entwickelt, wo Arbeiter die Straße<br />
abfahren und kontrollieren, ob etwas beschädigt<br />
ist. Der LKW, der hinterherfährt,<br />
hat dann schon das gebrauchte Material mit<br />
und kann die Schäden mit seiner Mannschaft<br />
sofort reparieren. Ich brauche aber, um diese<br />
Anwendung zu nutzen, ein Stück Integrationstechnologie.<br />
Und hier ist die Software<br />
AG positioniert. XML ist eine Art Übersetzer,<br />
der zwischen Firmenanwendungen sitzt<br />
und die beiden Reparaturmannschaften verbindet.<br />
Eine andere WAP-Anwendung wäre der<br />
Paketzustelldienst, wo der Empfänger per<br />
SMS von der Paketankunft unterrichtet wird<br />
und auswählt, ob er sein Paket im Postzentrum<br />
selbst abholt oder zu einer bestimmten<br />
Zeit an einen bestimmten Ort zugestellt<br />
wünscht.<br />
Das macht Sinn.Aber die Vision von mobilen<br />
Videos und privaten Multimedia-Nachrichten<br />
per UMTS scheinen wenig überzeugend.<br />
Ich glaube, UMTs wird eher auf Firmen und<br />
drahtlose Telefonie in Unternehmen fokussieren,<br />
wo im Haus mit dem Handy über<br />
DECT telefoniert wird und unterwegs mit<br />
UMTS oder GSM. Wir sehen den Bereich M-<br />
Commerce als einen Markt, wo es darum<br />
52 monitor 7-8/<strong>2001</strong>