Die komplette MONITOR-Ausgabe 7-8/2001 können
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WIRTSCHAFT VIDEOSPIELE<br />
Für die Hersteller von Videospielen und Konsolen steht Weihnachten vor<br />
der Tür: die erhoffte Wiedergeburt des ermüdeten PC-Geschäfts. Doch<br />
für Sony, Nintendo und Microsoft, die großen Drei der Spielkonsolen und<br />
ihre ebenso marktmächtigen Spieleentwickler wie Electronic Arts und<br />
Sega naht das Fest nicht mit himmlischen Schalmeien, sondern mit<br />
deftigen Schieß- und Prügelspielen für harte Männer. Genauer: für Kinder<br />
und solche, die es bleiben wollen.<br />
Werner Schulz<br />
Electronic Entertainment Expo:<br />
Konsolidierung und Konvergenz,<br />
riesige Zuwachsraten<br />
<strong>Die</strong> glänzenden Perspektiven für das Videospielgeschäft<br />
wurden kürzlich auf der Electronic<br />
Entertainment Expo klar - auch wenn<br />
für <strong>2001</strong> eine flache Wachstumsdelle droht.<br />
<strong>Die</strong> E3 hat sich klug am Hollywood-Standort<br />
Los Angeles eingenistet - die thematische<br />
Konvergenz der Videospiele und des Online-<br />
Gaming mit populären Stoffen und Figuren<br />
aus Filmen und TV-Serien war nicht zu übersehen.<br />
Je nach dem, wie man den Schnitt legt, haben<br />
die Videogames die Einspielergebnisse<br />
der Film-, TV- und Videounterhaltung schon<br />
überrundet. Der britische Marktforscher Informa<br />
Media Group schätzt den Weltmarkt<br />
für Hard- und Software dieses Jahr auf knapp<br />
50 Mrd. Dollar. In fünf Jahren soll sich das<br />
auf knapp 86 Mrd. Dollar auswachsen - ein<br />
Zuwachs um 71%. Konsolen und Spiele liegen<br />
zurzeit mit je 9,5 Mrd. Dollar etwa gleich<br />
auf. PC-Spiele kommen auf 7,12 Mrd. Dollar.<br />
Noch dominieren mit 13,9 Mrd. Dollar<br />
die Arcade-Games - doch bis 2006 werden<br />
sie um 23% gegenüber dem Heimsektor zurückfallen.<br />
Den größten Boom könnte der<br />
Markt für mobile Spiele auf Handys und<br />
PDAs erleben: von heute 760 Mio. Dollar auf<br />
11 Mrd. Dollar. <strong>Die</strong>se satten Zuwachsraten<br />
sind eine verlockende Neuauflage des PC-<br />
Booms vergangener Zeiten.<br />
An die 145 Millionen US-Bürger sitzen regelmäßig<br />
vor ihren Spielkonsolen und dünnen<br />
so die TV-Zuschauer und PC-User aus.<br />
Ihr Durchschnittsalter ist auf 28 Jahre gestiegen.<br />
Mehr als 43% sind weiblich. Das<br />
sind Umschichtungen in einem Markt, den<br />
der Anführer Sony bislang mit 27 Millionen<br />
seiner PlayStations bedient. Nintendo hat<br />
vom N64 17 Millionen abgesetzt. Segas Dreamcast-Konsole<br />
hingegen stagnierte mit 3<br />
Mio. auf dem dritten Platz - nicht genug, um<br />
sie weiter zu fertigen. <strong>Die</strong> Konsolidierung ist<br />
also im vollem Gange. Was einer Konsole<br />
zum Durchbruch verhilft, sind nicht mehr<br />
„Der Wettbewerb<br />
wird<br />
sich verändern,<br />
weil<br />
wir neu ins<br />
Geschäft<br />
einsteigen“<br />
- Microsoft-<br />
Manager Boris Schneider-Johne<br />
Turbodaten und technische Finessen. Es ist<br />
der attraktive „content“, in smarter Abstimmung<br />
auf die Plattform: Nintendos N64<br />
schaffte es mit Mario, Segas Dreamcast und<br />
auch Sonys PlayStation 2 (in den USA) mit<br />
NFL-Football. Zu fragen ist, womit der Herausforderer<br />
Microsoft seine Xbox im Markt<br />
platziert. Noch profilieren sich die drei Konsolenanbieter<br />
mit inkompatibler Technologie.<br />
Damit binden sie ihre Zielgruppen: Nintendo<br />
die ganz Jungen, jetzt mit dem Game<br />
Boy Advance, Sony quer durch die Reihen,<br />
und Microsoft auch die über 30-Jährigen<br />
mit PC-Biografie. Wie lange die Kostenbasis<br />
der Spieleanbieter und ihrer Lizenzgeber<br />
in Hollywood das zuläßt, ist offen.<br />
Der Preispunkt der Konsolen ist bereits einheitlich:<br />
Sony und Microsoft verlangen 300<br />
Dollar für die PlayStation 2 und die Xbox;<br />
Nintendo, mit einfacherer Auslegung des<br />
N64-Nachfolgers „GameCube“, setzt 200<br />
Dollar an. Game Boy Advance, für Einsteiger,<br />
soll 100 Dollar kosten. Somit sind die<br />
Konsolen eigentlich nur Anschub für andere<br />
aktuelle Initiativen: Breitband, Set-Top-<br />
Box, Internet-Kommunikation, PC-Ersatz.<br />
Da zeigen sich Unterschiede. Sonys Deutschland-Geschäftsführer<br />
Manfred Gerdes: „Wir<br />
haben die offenste Plattform und ein breites<br />
Software-Portfolio, um alle Zielgruppen abzudecken.“<br />
Deswegen soll die PlayStation 2<br />
modular angeboten werden. <strong>Die</strong> Allianz mit<br />
AOL Time Warner zielt in diese Richtung,<br />
wie auch der RealPlayer für Streaming Audio<br />
und die Festplatte zum Zwischenspeichern<br />
von Inhalten. Dazu braucht es eine<br />
Breitbandverbindung. Und daran hapert es.<br />
„Wir sind so weit“, sagt Gerdes, „jetzt sind<br />
„Wir haben<br />
die offenstePlattform<br />
und<br />
ein breites<br />
Software-<br />
Portfolio,<br />
um alle<br />
Zielgruppen abzudecken.“ - Sonys<br />
Deutschland-Geschäftsführer Manfred<br />
Gerdes<br />
die Telcos gefordert. Vielleicht kommt bald<br />
der Druck von den Consumern.“<br />
Bei Microsoft ist man stürmischer: „Der<br />
Wettbewerb wird sich verändern, weil wir<br />
neu ins Geschäft einsteigen“, meint Microsoft-Manager<br />
Boris Schneider-Johne. „Wir<br />
haben vor, den Markt insgesamt mittelfristig<br />
zu vergrößern. In Deutschland gibt es zurzeit<br />
6 Millionen regelmäßige Videospieler.<br />
Da ist noch Potential für Wachstum.“ Am 8.<br />
November tritt die Xbox gegen die bestens<br />
etablierte PlayStation an. Nintendos Game-<br />
Cube kommt in den USA am 15. September,<br />
der kleinere Game Boy Advance ist schon am<br />
11. Juni auf dem Gabentisch. Für die Europäer<br />
kommt die Bescherung erst im Frühjahr<br />
2002. ❏<br />
22 monitor 7-8/<strong>2001</strong>