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März 2006 - Behindertenbeauftragte der Bayerischen ...

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Kann <strong>der</strong> Schüler zumindest aktiv am Unterricht teilnehmen, benötigt er jedoch (für sich alleine o<strong>der</strong> zusammen mit an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n)<br />

eine Pflegekraft zum Ausgleich von körperlichen Defiziten (z.B. Gang zur Toilette), kann er die allgemeine Schule besuchen.<br />

Wer ist Kostenträger?<br />

Die Finanzierung eines Individualhelfers / Individualpflegekraft erfolgt i.d.R. über die Einglie<strong>der</strong>ungshilfe. Gegen die Übernahme<br />

dieser Kosten wehren sich zum Teil die Sozialhilfeverwaltungen. In einem Verfahren –ein Schüler klagt gegen die Sozialhilfeverwaltung<br />

wegen Versagung <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungshilfe- hat das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg1 einen Antrag auf Übernahme<br />

<strong>der</strong> Kosten für einen Integrationshelfer u. a. mit Verweis auf den Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 BSHG abgewiesen,<br />

wenn die För<strong>der</strong>schule eine angemessene Schulbildung vermitteln kann. In seinem Urteil im Hauptsacheverfahren2 hält das Gericht<br />

seine Auffassung, dass ein Anspruch auf Einglie<strong>der</strong>ungshilfe wegen des Nachranggrundsatzes verneint werden kann, zwar<br />

aufrecht, es bejaht jedoch die Möglichkeit eines Anspruches nach § 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG i.V. m. § 55 SGB IX, da es hier nicht um<br />

schulische Aspekte („angemessene Schulbildung“) ginge, son<strong>der</strong>n um die Teilhabe am Leben in <strong>der</strong> Gemeinschaft, d.h. um integrative<br />

Aspekte.<br />

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 28. April 20053 nunmehr in einer Grundsatzentscheidung entschieden, dass dem Anspruch<br />

auf Übernahme <strong>der</strong> Kosten eines Integrationshelfers nicht entgegengehalten werden kann, dass solche Kosten bei <strong>der</strong> Beschulung<br />

des Kindes in einer För<strong>der</strong>schule nicht anfallen würden. Im entschiedenen Fall benötigte das Kind Hilfe beim Schulgang, beim<br />

Treppensteigen, bei Toilettengängen, beim Ein- und Auspacken von Schulmaterialien, bei <strong>der</strong> Benutzung von Lernmittel sowie<br />

beim An- und Auskleiden. Der Sozialhilfeträger lehnte die Kostenübernahme mit <strong>der</strong> Begründung ab, dass im Falle des Besuchs<br />

einer För<strong>der</strong>schule solche Betreuungskosten nicht anfallen würden. Das Bundesverwaltungsgericht wies darauf hin, dass die<br />

Übernahme <strong>der</strong> Kosten eines Integrationshelfers für den Besuch <strong>der</strong> Grundschule als Maßnahme zu einer angemessenen Schulbildung4<br />

geeignet und erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />

Bei <strong>der</strong> Entscheidung, ob die Schulbildung „angemessen" ist, ist <strong>der</strong> Sozialhilfeträger an die Entscheidung <strong>der</strong> Schulverwaltung<br />

über die Zuweisung des Kindes an eine bestimmte Schule bzw. bestimmte Schulart gebunden. In welchem Umfang eine bestimmte<br />

nach den Bestimmungen des Schulrechts vorgesehene Beschulung den geistigen und körperlichen Fähigkeiten eines behin<strong>der</strong>ten<br />

Kindes entspricht, ist <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong> Schulbehörde vorbehalten.<br />

Der "Angemessenheit" des Wunsches, integrativ an einer Regelschule beschult zu werden, kann auch nicht <strong>der</strong> Gesichtspunkt des<br />

Mehrkostenvorbehalts5 entgegengehalten werden. Nach dieser Vorschrift soll den Wünschen des Hilfesuchenden nicht entsprochen<br />

werden, <strong>der</strong>en Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre. Das Wunsch- und Wahlrecht des Hilfesuchenden<br />

ist nur dann eingeschränkt, wenn alternative Hilfegestaltungen zur Bedarfsdeckung bestehen. Da <strong>der</strong> behin<strong>der</strong>te Schüler<br />

aber einer Grundschule zugewiesen war, konnte er keine För<strong>der</strong>schule mehr besuchen.<br />

1 am 6. September 2003 (Az RO 8 E 03.1512) zunächst im einstweiligen Rechtsschutzverfahren<br />

2<br />

vom 6. November 2003 (Az RO8K03.1513),<br />

3<br />

AZ: 5 C 20/04<br />

4<br />

im Sinne von § 40 Abs. 1 Nr. 4 BSHG - jetzt § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII<br />

5 im § 3 Absatz 2 Satz 3 BSHG - jetzt § 9 Absatz 2 Satz 3 SGB XII<br />

__________________________________________________________________________________________________________________________________<br />

Stand: 28. Februar <strong>2006</strong> Seite 24 von 154

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