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<strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong> und die Folgen<br />
zwischen reagieren sie darauf auch mit einer<br />
Diversifizierung ihrer Portfolios, indem sie<br />
florierende Internet-Unternehmen (zum Beispiel<br />
E-Commerce) übernehmen oder digitale<br />
Start-ups finanzieren. Zumeist jedoch reagieren<br />
sie mit umfangreichen Sparrunden und<br />
„Schlankheitskuren“. Mitunter stellen die Verlage<br />
de facto ganze Titel ein: 2010 den Rheinischen<br />
Merkur – Christ und Welt (heute nur<br />
noch Beilage der Zeit), 2012 die Financial Times<br />
Deutschland und 2013/14 die Westfälische<br />
Rundschau aus Dortmund, die zwar weiter erscheint,<br />
aber keine eigene Redaktion mehr hat.<br />
2014 verkaufte Branchenprimus Axel Springer<br />
bis auf Welt und Bild alle seine Zeitungs- und<br />
Zeitschriften-Titel an die Funke Mediengruppe,<br />
die daraufhin erst einmal ein Spar- und Entlassungsprogramm<br />
ankündigte. Es trifft also<br />
überregionale wie lokale Zeitungen, doch auch<br />
Zeitschriften bleiben nicht verschont. Selbst<br />
wenn nicht ganze Titel eingestellt werden, setzen<br />
die meisten Verlage bevorzugt den „Rationalisierungsklassiker“<br />
Stellenabbau ein.<br />
Damit einhergegangen ist in den vergangenen<br />
Jahren ein Imageverlust des Journalistenberufs.<br />
Traditionell gehört er wegen seiner<br />
mutmaßlichen Sensationsheischerei zu den<br />
weniger vertrauenswürdigen und damit nicht<br />
sehr angesehenen Professionen in der deutschen<br />
Öffentlichkeit, quasi auf Augenhöhe mit<br />
Versicherungsvertretern und Bankern, wie Meinungsumfragen<br />
immer wieder belegen. Doch<br />
auch innerhalb der Kommunikationsbranche<br />
ist der Stern des Journalisten deutlich sichtbar<br />
gesunken. Einst ein scheinbarer Traumjob, im<br />
hehren Dienste von Aufdeckung und Aufklärung<br />
stehend, ist er zu einem ausgesprochenen Krisenberuf<br />
mutiert. Selbst wer heute noch einen<br />
Redakteursposten hat, kann sich nicht sicher<br />
fühlen – zumindest nicht auf Dauer. Zudem<br />
werden aus einst gut dotierten Jobs oft prekäre<br />
Arbeitsverhältnisse. Ein beliebtes Spiel der<br />
Verlagsleitungen: Die Redaktionen werden in<br />
Tochtergesellschaften ausgelagert, um keine<br />
Tarifgehälter mehr zahlen zu müssen. Inzwischen<br />
sind einige Redakteursposten sogar mit<br />
weniger als monatlich 2.000 Euro brutto dotiert.<br />
So heißt die Devise in den Medienhäusern:<br />
Viel Arbeit für wenig Geld. Der Leistungsdruck<br />
hat spürbar zugenommen. Journalisten<br />
müssen heute produktiver sein, innerhalb der<br />
gleichen Zeit einen größeren Output hervorbringen.<br />
Darüber hinaus müssen sie neben<br />
den klassischen journalistischen Kompetenzen<br />
(Recherche, Darstellung etc.) zusätzlich immer<br />
mehr technische Fähigkeiten aufweisen, um<br />
die zahlreichen digitalen Kanäle zu bespielen.<br />
Besonders prekär ist die Situation der freiberuflichen<br />
Journalisten. Sie haben kaum noch<br />
eine Chance, jemals einen festen Redakteursposten<br />
zu erhalten. Nach einer repräsentativen<br />
Umfrage des Deutschen Journalistenverbandes<br />
(DJV) aus dem Jahr 2014 arbeiten zwei von fünf<br />
freien Journalisten in diesem Modus, weil sie<br />
keine Festanstellung bekommen, obwohl sie<br />
eine anstreben (Deutscher Journalistenverband<br />
2014). Langsam, aber sicher entsteht<br />
so in der Medienbranche eine Zwei-Klassen-<br />
Gesellschaft. Die eine, deutlich kleinere Klasse<br />
setzt sich zusammen aus fest angestellten<br />
Chefredakteuren, Ressortleitern, Chefreportern<br />
sowie Producern und Blattmachern, die<br />
Die Prekarisierung<br />
der Journalistenberufs<br />
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