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<strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong><br />
Blogger-Netzwerke<br />
bilden Gegenöffentlichkeit<br />
und in einen sogenannten Thesenjournalismus<br />
aus: Eine steile These soll Aufmerksamkeit<br />
erzeugen, der Artikel dient einzig<br />
der Untermauerung der formulierten These.<br />
Insofern hat zumindest punktuell eine gewisse<br />
Angleichung zwischen Blogging und<br />
Journalismus stattgefunden.<br />
Im Zeitalter des interaktiven Web 2.0 sind<br />
die (PR-)Absender viel weniger auf die Medien<br />
angewiesen, weil sie ihr Publikum<br />
direkt über soziale Medien wie Facebook,<br />
Twitter oder Instagram erreichen können.<br />
Ereignisse und Geschichten entwickeln sich<br />
deshalb zunehmend zuerst oder allein in den<br />
sozialen Medien und erzielen dort oft eine<br />
Reichweite, die sogar höher ist als die der<br />
klassischen Medien. Wenn zum Beispiel der<br />
Schauspieler und Filmproduzent Til Schweiger<br />
über Flüchtlingspolitik diskutieren will,<br />
macht er dies nicht mehr (nur) in TV-Talkshows,<br />
sondern vor allem über Facebook.<br />
Nicht nur einzelne Blogger nehmen Einfluss<br />
auf die öffentliche Meinungsbildung. Es<br />
haben sich mittlerweile ganz unterschiedliche<br />
medial-institutionelle Konstruktionen<br />
he rausgebildet, deren gemeinsames<br />
Merkmal darin besteht, eine – wie sie es<br />
verstehen – Gegenöffentlichkeit zu erzeugen.<br />
Dazu zählen eher linke Blogs wie Netz<br />
politik.org oder die Nachdenkseiten, die<br />
über eigene mehrköpfige Redaktionen und<br />
freie Mitarbeiter verfügen. Dazu zählen aber<br />
auch rechtslastige Publikationen wie Kopp<br />
online, Compact oder Eigentümlich frei.<br />
Bei Kopp handelt es sich um einen rechtsesoterischen<br />
Buchverlag, der vor allem Verschwörungstheorien<br />
verbreitet. Compact<br />
und Eigentümlich frei waren ursprünglich<br />
Printzeitschriften mit geringer Auflage,<br />
deren aktuelle Publikationen im Netz aber<br />
hohe Klickraten erzielen. Diese Medien nehmen<br />
für sich in Anspruch, eine Gegenstimme<br />
gegen die „Mainstreammedien“, die<br />
„Systempresse“ oder auch „Lügenpresse“<br />
zu bilden. Besonderen Zulauf erhalten diese<br />
Medien seit dem Ukraine-Konflikt und der<br />
Flüchtlingskrise, weil die klassischen Medien<br />
angeblich oft zu einseitig im Geiste der<br />
politischen Korrektheit berichten.<br />
Auch Nichtregierungsorganisationen, sogenannte<br />
NGOs (Non-Governmental Organizations),<br />
versuchen vermehrt, direkten<br />
Zugang zum Mediensystem zu bekommen.<br />
So beklagt Martin Rücker, Kommunikationschef<br />
der Verbraucherschutzorganisation<br />
Foodwatch, dass NGOs zunehmend die<br />
Arbeit der Journalisten erledigen müssten:<br />
„Wenn Journalisten weniger recherchieren,<br />
sind es wir NGOs, die hier einen Teil dieser<br />
Arbeit übernehmen und dafür sorgen, dass<br />
wichtige Informationen überhaupt erst an<br />
die Öffentlichkeit gelangen“ (Rücker 2014).<br />
Die Umwelt-NGO Greenpeace hat auf diese<br />
Entwicklung organisatorisch reagiert: Sie<br />
hat im September 2015 sechs investigative<br />
Journalisten eingestellt, die zuvor für die<br />
BBC, die New York Times sowie andere renommierte<br />
Medien arbeiteten. Weitere große,<br />
global agierende NGOs dürften folgen,<br />
um künftig über ihre eigenen Publikationen<br />
investigative Artikel zu veröffentlichen (The<br />
Guardian 2015).<br />
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