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Content Marketing

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<strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong> und die Folgen<br />

All diese Entwicklungen haben zu einer fortschreitenden<br />

Entgrenzung des Journalismus<br />

geführt. Seine einst klaren Konturen verschwimmen<br />

zunehmend. Parallel dazu haben<br />

die klassischen Medien ihr Monopol der öffentlichen<br />

Meinungsbildung verloren und damit<br />

auch ihre bisherige Deutungshoheit über aktuelle<br />

politische, wirtschaftliche, soziale und<br />

kulturelle Geschehnisse (Grimberg 2015).<br />

In dieser Konstellation kommt nun immer<br />

stärker das <strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong> ins Spiel.<br />

Die pseudo-journalistischen Unternehmensmedien<br />

zersetzen weiter den unabhängigen<br />

Journalismus, ob dies gewollt ist oder nicht.<br />

In erster Linie konkurrieren sie derzeit noch<br />

mit Unterhaltungs- und Lifestyle-Medien, aber<br />

auch mit Angeboten des Verbraucherjournalismus.<br />

Gleichwohl transportieren sie über das<br />

CM meist auch jenseits der nackten Information<br />

gesellschaftliche Werte wie Materialismus<br />

und Leistungsdenken. Doch die Entwicklung<br />

kann noch weiter gehen. KPMG, eine der<br />

größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

der Welt, hat ihre Deutschland-Website kpmg.<br />

de so gestaltet, dass sie über weite Teile wie<br />

ein modernes Magazin über Technologie- und<br />

Wirtschaftspolitik daherkommt. Warum sollten<br />

andere Unternehmen nicht dem Beispiel folgen<br />

und auch andere Politikfelder besetzen?<br />

Oder ebenfalls stärker wirtschaftspolitisch<br />

Stellung beziehen? Beim Magazin Enkelfähig<br />

des Beteiligungskonzerns Franz Haniel gibt es<br />

bereits entsprechende Fingerübungen. LVMH,<br />

französischer Hersteller von Luxusprodukten<br />

aller Art, propagiert in seinem Online-Kulturmagazin<br />

Nowness völlig unverhohlen einen<br />

besonderen Lifestyle, nämlich das Leben im<br />

Luxus. Und Mercedes bietet eine App mit aktuellen<br />

Nachrichten an. Diese wird zwar von einer<br />

Nachrichtenagentur produziert. Aber wie weit<br />

ist der Weg dorthin, tagesaktuelle Nachrichten<br />

im eigenen Sinne zu kommentieren oder mit<br />

eigenen „Informationen“ zu vermengen? Wenn<br />

es nicht Daimler macht, dann kommt vielleicht<br />

ein anderes Unternehmen auf diese Idee. Andere<br />

Unternehmen könnten dieses App-Konzept<br />

in ihr Portfolio aufnehmen, zumal wenn es<br />

mit dem klassisch-unabhängigen Journalismus<br />

immer weiter bergab gehen sollte und die publizistischen<br />

Lücken größer werden.<br />

2006 kam Weischenberg zu dem Ergebnis,<br />

dass sich noch ein „professioneller Kern“<br />

im deutschen Journalismus erkennen lasse,<br />

der sich zumal deutlich in seiner „zentralen<br />

Funktion“ abgrenze, nämlich in der Kontrolle<br />

staatlicher, ökonomischer und gesellschaftlicher<br />

Abläufe. Ob sich diese Einschätzung auch<br />

heute, zehn Jahre später, ohne Wenn und Aber<br />

aufrechterhalten lässt? Und wenn ja, wie lange<br />

noch? Die Entkernung ist jedenfalls im Gange.<br />

Schon damals warnte der Kommunikationsforscher<br />

davor, dass mit fortschrei ten -<br />

dem Erosionsprozess und dem „Verschwinden“<br />

des Journalismus „auch das Konzept von<br />

Öffentlichkeit verschwinden“ könnte, „das im<br />

19. Jahrhundert aufkam und die Voraussetzung<br />

für den Siegeszug der modernen Demokratie<br />

schuf“ (Weischenberg/Malik/Scholl 2006:<br />

202 f.). Im Klartext: Durch den digitalen Wandel<br />

und all seine Effekte könnte das bewährte<br />

Regime der öffentlichen Meinungsbildung, in<br />

dem die klassischen Medien das Scharnier zwi-<br />

Demokratie braucht<br />

unabhängigen<br />

Journalismus<br />

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