Content Marketing
AH86_Contentmarketing
AH86_Contentmarketing
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong> und die Folgen<br />
Unterscheidung zwischen Journalismus und<br />
Unternehmenskommunikation inklusive Public<br />
Relations, Werbung und <strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong>.<br />
„Beide Bereiche trennt ein fundamentaler Unterschied“,<br />
betonen Neuberger und Kapern<br />
(2013: 28). „Der Journalismus orientiert sich<br />
am Publikum und an den Erwartungen der Gesellschaft.<br />
Dagegen orientieren sich PR- und<br />
Werbe-Leute an den partikularen Interessen<br />
ihrer Auftraggeber.“<br />
Die Apologeten des <strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong> werden<br />
sofort ein gern verwendetes Totschlagargument<br />
aus dem Hut zaubern: Die klassischen<br />
Medien seien ja selbst kaum besser, darin finde<br />
man auch immer mehr verdeckte PR. Was daran<br />
sicher zutrifft: Wenn sie sich wie die öffentlichrechtlichen<br />
Rundfunkanstalten nicht gerade<br />
über eine allgemeine Haushaltsabgabe finanzieren,<br />
müssen sich auch die unabhängigen<br />
Medien als profitable Unternehmen beweisen.<br />
Die Folge: Journalisten müssen in ihrer Berichterstattung<br />
immer wieder mal auf potente Werbekunden<br />
Rücksicht nehmen. Und die Not der<br />
Medienkrise macht erfinderisch: Inzwischen<br />
ist eine gewisse Käuflichkeit redaktioneller Inhalte<br />
mitunter schon zur offiziellen Geschäftspolitik<br />
einiger Verlagshäuser avanciert, etwa<br />
wenn das Handelsblatt für die Nutzungsrechte<br />
prominent platzierter „Leserporträts“ von den<br />
Porträtierten 5.000 Euro kassieren will (Spiegel<br />
Online 2014).<br />
Das Verdikt von <strong>Content</strong> Marketer Karsten<br />
Lohmeyer lautet deshalb: „Wirklich unabhängigen<br />
Journalismus gibt es in Deutschland meiner<br />
persönlichen Einschätzung nach bei maximal<br />
einem Dutzend Medien.“ Infolge welcher<br />
konkreten Erfahrungen und nach welchen Maßstäben<br />
Lohmeyers sehr individuelle Empirie zustande<br />
kommt, bleibt freilich sein Geheimnis.<br />
Aber selbst wenn es um die Unabhängigkeit<br />
der klassischen Medien tatsächlich schlecht<br />
bestellt wäre, ist eine schlechte Praxis andernorts<br />
noch längst keine Rechtfertigung für eine<br />
genauso mangelhafte oder noch schlechtere<br />
(eigene) Praxis.<br />
Abgesehen davon: Es liegt in der Natur der<br />
Sache, dass es einen gewissen Unterschied<br />
zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen<br />
Wissenschaft und Berufspraxis gibt. Deshalb<br />
ist letztlich entscheidend, wie nah dran beziehungsweise<br />
wie weit entfernt sich die einzelnen<br />
Bereiche in der realen Welt um die Pole<br />
Unabhängigkeit und Abhängigkeit bewegen.<br />
Ohne Frage, Lohmeyer legt seinen Finger in die<br />
Wunde: Die wirtschaftliche Not vieler Verlagshäuser<br />
lässt sie die Trennlinie zur Werblichkeit<br />
in heutigen Zeiten manchmal nicht mehr so<br />
strikt ziehen wie früher. Doch den deutschen<br />
Medien quasi in ihrer Gesamtheit die Unabhängigkeit<br />
abzusprechen, ist hanebüchen. Immerhin<br />
dürfte in der breiten Öffentlichkeit nach<br />
wie vor eine recht eindeutige Wahrnehmung<br />
vorherrschen: Die klassischen Medien bewegen<br />
sich immer noch deutlich näher um den<br />
Pol Unabhängigkeit herum – näher allemal als<br />
Unternehmenspublikationen.<br />
Die vermeintliche<br />
Abhängigkeit<br />
der unabhängigen<br />
Medien<br />
67