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<strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong><br />

Der tiefe Fall des „Dax“<br />

Journalisten, die die Fronten wechseln, hat<br />

es schon immer gegeben. Dann war es aber<br />

ein klares Entweder-oder. Vom Journalismus in<br />

die PR – institutionell, aber auch mental. Inzwischen<br />

haben die Begründungen der Seitenwechsler<br />

aber einen neuen, spürbar anderen<br />

Zungenschlag bekommen. Eigentlich sei man<br />

ja weiterhin Journalist oder zumindest eine<br />

neue Art davon, eben nur mit einem anderen<br />

Arbeitgeber, lautet eine gängige Argumentation<br />

ehemaliger Journalisten, die sich heute<br />

als <strong>Content</strong> Marketers verdingen. Die Frage,<br />

ob er sich als Journalist verstehe, beantwortet<br />

Jörn Paterak, ehemals leitender Redakteur<br />

bei der Financial Times Deutschland und heute<br />

Leiter des Newsrooms beim Versicherungsverband<br />

GDV, zunächst zwar mit einem klaren<br />

Nein. „Dafür bin ich im traditionellen Sinne<br />

nicht unabhängig genug“, relativiert er jedoch<br />

und schränkt noch weiter ein: „Das heißt aber<br />

nicht, dass man mit journalistischem Knowhow<br />

nicht trotzdem spannende oder nutzwertige<br />

Geschichten erzählen könnte“ (Interview:<br />

Paterak 2015). Der PR-Manager eines großen<br />

deutschen Unternehmens formuliert es direkter:<br />

„Wir fühlen uns als Unternehmensjournalisten<br />

– nicht als verkleidete <strong>Marketing</strong>leute.“<br />

Und wieder andere werden noch deutlicher.<br />

„Gut gemachtes <strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong> ist für mich<br />

eben kein Journalismus aus der Hölle“, schreibt<br />

Karsten Lohmeyer in seinem Blog Lousy Pennies.<br />

Ergo: Auf jeden Fall Journalismus, aber<br />

eben aus Konzernzentralen (Lohmeyer 2015).<br />

Lohmeyer weiß, wovon er spricht. Seit 2014<br />

fungiert er als „Editorial Director“ (Chefredakteur)<br />

von The Digitale, der hauseigenen CM-<br />

Agentur der Deutschen Telekom. Das hindert<br />

den Ex-Journalisten allerdings nicht daran, weiter<br />

sein Blog zu betreiben, das den vielsagenden<br />

Untertitel „Gedanken übers Geldverdienen<br />

mit (gutem) Journalismus im Netz“ trägt. Lohmeyer<br />

freut sich, dass ihm die Telekom „alle<br />

Freiheiten lässt, als ,selbstbestimmter Publizist’<br />

zu bloggen“. Was der selbstbestimmte<br />

Publizist Karsten Lohmeyer unter Freiheit versteht,<br />

wird zum Beispiel deutlich, wenn er das<br />

Sponsoring von Bloggern durch Unternehmen<br />

anpreist (Lohmeyer 2014).<br />

Vielleicht ist man nicht allzu überrascht,<br />

wenn ein früherer Textchef von Fernsehzeitschriften<br />

wie Lohmeyer mit einer solchen Attitüde<br />

aufwartet. Schockierender ist dagegen<br />

der tiefe Fall des „Dax“. Ende 2006 gab Maximilian<br />

Bauer alias „Max Dax“ mit seinem<br />

Amtsantritt als Chefredakteur von Spex noch<br />

ein „glasklares Bekenntnis“ zur Tradition ab,<br />

die zuvor ein Vierteljahrhundert lang die führende<br />

Musik- und Subkultur-Zeitschrift geprägt<br />

hatte: „Politischer Mut, ein klares Auftreten in<br />

Wort, Bild und Gestaltung, ein Bekenntnis zu<br />

einer politischen und kulturellen Avantgarde<br />

in Musik, moderner Kunst, Fashion, Fotografie,<br />

Kino und Literatur“ (Denk 2006). Von 2007 bis<br />

2011 hielt Dax das Spex-Fähnchen hoch, um<br />

dann zu Electronic Beats zu wechseln, dem Musikmagazin<br />

der Deutschen Telekom.<br />

In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin<br />

Brand eins Anfang 2014 greift Max<br />

Dax verbal seinen ehemaligen Arbeitgeber an,<br />

nicht nur weil er sich dort mit einer „prekären<br />

Bezahlung abzufinden“ hatte. „Bei Spex<br />

musste ich mit dem Verlag deutlich mehr ab-<br />

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