Content Marketing
AH86_Contentmarketing
AH86_Contentmarketing
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong> und die Folgen<br />
Sie nervige Kollegen“) im Oktober 2015 das in<br />
das Netzwerk integrierte Wirtschaftsmagazin<br />
Klartext gelauncht hat. Als Herausgeber fungiert<br />
der marktradikale Roland Tichy, ehemals<br />
Chefredakteur der Wirtschaftswoche. Klartext-<br />
Chefredakteurin Jennifer Lachmann, früher bei<br />
der Financial Times Deutschland, hat angekündigt,<br />
„der deutschen Wirtschaft eine Stimme<br />
zu geben“ (Fellner 2015). So sollen prominente<br />
Manager (aber auch einige Gewerkschaftsfunktionäre)<br />
mit Gastbeiträgen Debatten unter<br />
den Nutzern anstoßen und dadurch vor allem<br />
die Reichweite von Xing erhöhen. Mit Journalismus<br />
hat dies freilich nicht mehr sehr viel zu tun.<br />
4.3 Die Entgrenzung des Journalismus<br />
Wenn man „klassischen Journalismus“ als<br />
Journalismus definiert, den allein professionelle<br />
Medienhäuser produzieren – also Unternehmen<br />
beziehungsweise öffentliche Anstalten,<br />
die ausschließlich einer publizistischen<br />
Tätigkeit nachgehen –, dann hat im Laufe des<br />
vergangenen Jahrzehnts eine spürbare Entgrenzung<br />
dieses Journalismus stattgefunden.<br />
„Kommunikationswissenschaftler registrieren<br />
seit Jahren die Entgrenzungsprozesse, welche<br />
die Identität der Profession zur Disposition<br />
stellen“, konstatierte bereits 2006 der Kommunikationsforscher<br />
Siegfried Weischenberg<br />
in seiner wegweisenden Studie „Die Souffleure<br />
der Mediengesellschaft“ (Weischenberg/<br />
Malik/Scholl 2006: 200). Die Aufweichung, ja<br />
zuweilen Zersetzung ist inzwischen noch deutlich<br />
weiter vorangeschritten – bewirkt durch<br />
eine Reihe teils sehr unterschiedlicher Kräfte:<br />
Journalistische Medien hatten schon immer<br />
ein ambivalentes Verhältnis zu den Public<br />
Relations (PR) von Unternehmen, Verbänden,<br />
Parteien und anderen Organisationen.<br />
Einerseits benötigen sie den PR-Input wie<br />
Pressemitteilungen oder Interviewangebote<br />
als Quellen für ihre Themen, andererseits<br />
wollen sie sich deutlich von dieser<br />
interessengeleiteten Auftragskommunikation<br />
distanzieren. Im Zeichen der Medienkrise<br />
verwischen sich die Grenzen immer<br />
mehr: Mitunter finden Pressemitteilungen<br />
ungekürzt und unbearbeitet ihren Weg in<br />
Tageszeitungen. Und selbst renommierte<br />
Medien setzen inzwischen teils fragwürdige<br />
Werbemethoden ein. Um nur ein Beispiel<br />
zu nennen: So hat Spiegel Online im August<br />
2015 ein „Migräne-Spezial“ veröffentlicht,<br />
das von dem Pharmahersteller Thomapyrin<br />
gesponsert, aber nicht entsprechend ausgewiesen<br />
war (Meedia 2015b).<br />
Wurden Blogger zunächst als Einzelkämpfer<br />
abgetan, die nur ihre aktuelle Stimmung<br />
oder bestenfalls ihre persönliche Meinung<br />
hinausposaunen, so werden zumindest die<br />
namhafteren Blogger heute ohne Wenn und<br />
Aber als voll- und gleichwertige Journalisten<br />
anerkannt – auch von den klassischen<br />
Medien, ob FAZ oder Stern, die die Netzautoren<br />
inzwischen selbst einsetzen. Da<br />
die nackte Nachricht im Internet meist auch<br />
jenseits der klassischen Medien zu finden<br />
ist, haben sich diese stärker darauf spezialisiert,<br />
Nachrichten einzuordnen und zu<br />
kommentieren. Immer häufiger artet dies<br />
aber auch in schablonenhafte Zuspitzungen<br />
Fragwürdige<br />
Werbemethoden<br />
69