Content Marketing
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<strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong><br />
Forbes will den<br />
Journalismus „neu<br />
erfinden“<br />
schen Bürgern und der Politik bilden, dem Untergang<br />
geweiht sein. Das bewährte Konzept,<br />
in dessen Zentrum die Sozialverantwortung<br />
der Medien steht, würde nicht mehr funktionieren,<br />
weil die vierte Gewalt unfreiwillig „gewaltfrei“<br />
werden würde.<br />
4.4 Nur ein Horrorszenario?<br />
Obwohl Werbung bei den Konsumenten nicht<br />
mehr richtig verfängt (siehe Kap. 2.2), wiederholen<br />
die Apologeten des <strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong><br />
gebetsmühlenartig: CM sei nur eine Ergänzung<br />
zur Werbung, keinesfalls ihr Ersatz. In der Tat<br />
haben bisher keine tektonischen Verschiebungen<br />
zwischen beiden Bereichen stattgefunden.<br />
Dennoch dürfte klar sein: Wenn Unternehmen<br />
verstärkt und dauerhaft auf <strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong><br />
setzen, bleibt ihnen nur die Alternative, entweder<br />
ihre einschlägigen Budgets zu erhöhen<br />
oder aber innerhalb ihrer Etats umzuschichten.<br />
Die betriebswirtschaftliche Logik legt nahe,<br />
dass sie es zunächst mit einer Umschichtung<br />
versuchen werden.<br />
Die Folgen sind absehbar: Verstärktes<br />
<strong>Content</strong> <strong>Marketing</strong> bedeutet eine Verschiebung<br />
von Paid Media, den zumindest teilweise<br />
werbefinanzierten klassischen Medien, hin zu<br />
den Owned Media, den hauseigenen Medien<br />
der Unternehmen. Um die ohnehin schon<br />
schrumpfenden Werbeeinnahmen auszugleichen,<br />
müssten die klassischen Medien höhere<br />
Vertriebserlöse erwirtschaften. Doch wenn<br />
zum Beispiel Tageszeitungen und Zeitschriften<br />
ihre Kaufpreise für Print weiter erhöhen beziehungsweise<br />
online flächendeckend Paywalls<br />
errichten müssten, stünden sie gegenüber den<br />
kostenlosen Angeboten der Unternehmen noch<br />
schlechter da.<br />
Im deutschen Medienmarkt werden sich<br />
dann wohl noch stärker als bisher Spreu und<br />
Weizen voneinander trennen. Die überregionalen<br />
und einige regionale Zeitungstitel mögen<br />
dann als Alleinstellungsmerkmal konsequent<br />
auf journalistische Qualität setzen. Allein dieser<br />
Elite wird es dann noch obliegen, Kritik und<br />
Kontrolle in der öffentlichen Meinungsbildung<br />
auszuüben. Der große Rest der Zeitungen muss<br />
sich drastischen „Schlankheitskuren“ unterziehen,<br />
um zu überleben, und verliert an Reichweite<br />
wie an politischem Einfluss.<br />
Oder aber biedert sich noch viel stärker an<br />
seine Werbefinanziers an als bisher – mit dem<br />
Ergebnis, dass Journalismus und PR in diesen<br />
Medien fließend ineinander übergehen und<br />
kaum noch zu unterscheiden sind.<br />
Ein „Vorbild“ für diesen Weg existiert schon:<br />
Forbes. Das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin,<br />
bekannt für seine Listen der reichsten<br />
und mächtigsten Menschen der Welt, spricht<br />
lieber von Brand Journalism als von <strong>Content</strong><br />
<strong>Marketing</strong>, wenn es sein Produkt Brandvoice<br />
(zu deutsch „Markenstimme“) anpreist. So<br />
werden von Konzernen selbst verfasste Artikel<br />
in der Printausgabe wie auf der Homepage der<br />
Forbes-Website „in einem glaubwürdigen nachrichtlichen<br />
Umfeld“ platziert (Vorkin 2012).<br />
Diese, wie Forbes es nennt, „Neuerfindung<br />
des abgenutzten Journalismus“ stellt<br />
eine – fest institutionalisierte – Variante des<br />
auch in Deutschland sich langsam immer mehr<br />
ausbreitenden Native Advertising dar: Dabei<br />
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