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| Not sehen - und Handeln – Coverinterview mit Michael Landau und Klaus Schwertner | | Zu Tisch mit … Andreas Hawlik und Evgeni Gerginski | | Exklusiv im Fokuas-Interview: Vassili Tolstunov, Sebastian G. Nitsch, Robert Yen, Herbert Hetzel, Florian Halder und Bernhard Klein, Karin Fuhrmann und Gerald Kerbl | | Kommentare unter anderem von Andreas Kreutzer, Eugen Otto, Gunther Maier, Philipp Kaufmann und Alexander Bosak, Sebastian Beigelböck, Frank Brün, Hans Jorg Ulreich, Georg Spiegelfeld, Georg Flodl, Hania Bomba, Alexandra Bauer, Jenni Wenkel, Christop Kothbauer |

| Not sehen - und Handeln – Coverinterview mit Michael Landau und Klaus Schwertner |
| Zu Tisch mit … Andreas Hawlik und Evgeni Gerginski |
| Exklusiv im Fokuas-Interview: Vassili Tolstunov, Sebastian G. Nitsch, Robert Yen, Herbert Hetzel, Florian Halder und Bernhard Klein, Karin Fuhrmann und Gerald Kerbl |
| Kommentare unter anderem von Andreas Kreutzer, Eugen Otto, Gunther Maier, Philipp Kaufmann und Alexander Bosak, Sebastian Beigelböck, Frank Brün, Hans Jorg Ulreich, Georg Spiegelfeld, Georg Flodl, Hania Bomba, Alexandra Bauer, Jenni Wenkel, Christop Kothbauer |

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Landau: Wir versuchen auch immer, Armutsspiralen<br />

zu durchbrechen. Ich habe gerade<br />

die Geschichte einer Mutter im Kopf, die vor<br />

vielen Jahren mit ihren Kindern bei uns im<br />

Mutter-Kind-Haus gelebt hat. Eines ihrer<br />

Kinder ist jetzt als Erwachsene zurückgekommen<br />

zur Leiterin Clementine Rath im 20.<br />

Bezirk, ins Haus Immanuel. Sie ist schwanger,<br />

mittlerweile ausgebildete Sozialarbeiterin,<br />

und hat einen Job. Sie hat sich an die Zeit<br />

im Mutter-Kind-Haus erinnert und hat sich<br />

für die Geborgenheit, die sie damals erlebt<br />

hat, und für die Möglichkeit, dass sie damals<br />

mit ihrer Mutter als Kind dort leben konnte,<br />

bedankt. Für sie sei die Hilfe, die sie damals<br />

erhalten hat, die Voraussetzung gewesen, um<br />

heute eine Familie gründen und selbst Mutter<br />

werden zu können.<br />

Wenn leistbarer Wohnraum immer mehr<br />

zum Problem wird, hat die Politik versagt?<br />

Wo sind die Hebel, die man drücken, die<br />

Stellschrauben, an denen man drehen<br />

muss?<br />

Landau: Ich glaube, dass es bei diesen Fragen<br />

keine einfachen Lösungen gibt, sondern dass<br />

es das Zusammenspiel vieler Partner braucht.<br />

Um Wohnungslosigkeit nachhaltig zu<br />

beenden, braucht es einen Wohnungsmarkt,<br />

der für alle Platz hat. Zum Beispiel einen<br />

erreichbaren und leistbaren Erstwohnraum<br />

für Frauen, die aus einem Mutter-Kind-Haus<br />

ausziehen. Vieles wäre ohne Partner aus der<br />

Wirtschaft nicht möglich. Ich glaube, das<br />

Zusammenspiel aller Beteiligten, und nicht<br />

so sehr die Schuldfrage, ist das, was uns im<br />

Blick nach vorne weiterbringen wird. Wie<br />

kommen wir zu echten eigenmittelfreien<br />

Wohnungen für Menschen, die eben auch<br />

geringe Beiträge nicht leisten können? Wie<br />

„Vieles wäre<br />

ohne Partner<br />

aus der<br />

Wirtschaft nicht<br />

möglich.“<br />

Michael Landau,<br />

Caritas<br />

werden wir nach der Corona-Pandemie dafür<br />

sorgen, dass es nicht zu einem Anstieg bei der<br />

Wohnungslosigkeit kommt? Wir sehen, dass<br />

die Maßnahmen auch der Bundesregierung<br />

in der Corona-Krise selbst hilfreich gewesen<br />

sind, von der Kurzarbeit beginnend, über die<br />

Mietstundungen, bis hin zu anderen Maßnahmen.<br />

Aber gestundete Mieten werden jetzt<br />

wieder fällig, und wir sehen, dass zu uns nun<br />

mehr Menschen kommen, die diese Kosten<br />

nicht mehr stemmen können.<br />

Also ein Mehr an finanzieller Unterstützung?<br />

Schwertner: Es ist vernünftig, Eigenleistungen<br />

zuzumuten, die zumutbar sind. Dass<br />

Menschen den Betrag, den sie zahlen können,<br />

auch zahlen. Aber vielleicht braucht es einen<br />

Fonds – auf welcher Ebene auch immer, Bund<br />

oder Länder – der es möglich macht, dass<br />

Menschen ihre Wohnung nicht verlieren. Aus<br />

diesem Grund setzen wir uns dort ein, wo es<br />

etwa um eine möglichst frühzeitige Delogierungsprävention<br />

geht, weil wir eben stark<br />

versuchen, rasch zu helfen.<br />

Landau: Menschen, die ihre Wohnung<br />

verloren haben, über den Weg der Wohnungslosenhilfe<br />

wieder zurückzubegleiten, ist sehr<br />

viel aufwendiger, als sie dabei zu unterstützen,<br />

dass sie die Wohnung nicht verlieren.<br />

Delogierungsprävention müsste noch früher<br />

ansetzen.<br />

Die Corona-Pandemie hat die Situation, so<br />

nehme ich an, verschärft?<br />

Landau: Das ist ein brennendes Thema. Für<br />

viele Menschen ist die Gesundheitskrise<br />

längst auch zu einer sozialen Krise geworden.<br />

In unseren 56 Sozialberatungsstellen in ganz<br />

Österreich sehen wir: Viele Menschen wenden<br />

sich an uns, die nie zuvor gedacht hätten, je<br />

auf die Hilfe der Caritas angewiesen zu sein.<br />

Es kann sehr schnell gehen, dass jemand, der<br />

vielleicht heute selbst noch hilft, weil er dazu<br />

in der Lage ist, schon morgen oder übermorgen<br />

durch die unterschiedlichsten Gründe<br />

selbst auf Hilfe angewiesen ist. Wir sind als<br />

Menschen in eine Solidargemeinschaft hineinverwoben,<br />

aus der sich niemand ausgeschlossen<br />

fühlen, aus der sich aber auch niemand<br />

davonstehlen darf. Wir tragen Verantwortung<br />

für uns selbst und füreinander.<br />

Wie sehr spielt das Thema Scham eine<br />

Rolle?<br />

Landau: Das ist leider ein riesiges Thema.<br />

Ich erinnere mich an ein Gespräch, das ich<br />

geführt habe, als ich gemeinsam mit Kardinal<br />

Schönborn in der Gruft war.<br />

Rechnet sich.<br />

www.tpa-group.at<br />

<strong>Winter</strong> 2021<br />

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