Paul Pawlowitsch – eine Skizze - Rotes Antiquariat

Seite 106 I Januar 2011
Einstellung der Abozahlungen) stellt sich Petersdorf indirekt auf die Seite der neuen
Blattmacher, denn das „Eigenthumsrecht Vieler“ legt es nahe, dass eine Blatt-
Neugründung aus einem bestehenden Projekt legitim ist. Mit der Nr. 28 vom 11.
December 1897 musste die Redaktion und Expedition von „Neues Leben“ das Blatt u.a.
aufgrund der mangelnden Finanzen (vorerst) einstellen. Dennoch ziehen sie trotz der
Verbitterung im Verlauf ihres kleinen Rückblicks eine positive Bilanz: „Endlich ist das
von Vielen erwartete und von Wenigen erwünschte Ereignis eingetreten:„Neues Leben“
musste ersticken in dem Moder unserer Zeitverhältnisse. Dieses so junge Unternehmen
musste zu Grunde gehen in unserer an Geist so armen und an gemeinem Egoismus so
reichen Zeit. Trotz alle dem aber hat „Neues Leben“ seinen Zweck erfüllt. Die Gründe,
welche uns leiteten,„Neues Leben“ herauszugeben, sind bekannt genug und bedürfen
keiner Wiederholung. Wir haben vor allem bewiesen, dass zur Leitung eines anarchistischen
Wochenblattes kein bezahlter Redakteur und Expedient nothwendig ist (...) Wir
wussten, das „Neues Leben“ nicht auf die Dauer zu halten ist, denn Indifferentismus und
Intolleranz machen auch die beste Absicht zu schanden. Doch der Zweck ist erreicht.
Wir haben gezeigt und werden es noch ferner zeigen, dass Anarchisten keine Hammel
sind und das unter den heutigen Menschen so weit verbreitete absolutistische System
vor allem in ihren eigenen Reihen nicht aufkommen lassen.Wir haben auch nicht nothwendig,
Rechenschaft abzulegen für unser Thun. Was wir gethan, das thaten wir um
unser Selbst willen.„Neues Leben“ fiel, doch nicht als Opfer einer Reaktion, sondern als
Opfer der Zweckmäßigkeit (...)“. Einband leicht berieben. Exemplare in einem sehr
guten Zustand. 500,00 €
246. Neues Leben. Anarchistisch-sozialistische Wochenschrift. 2. Jahrgang (Neue
Folge), Nr. 1, 9. Juli 1898 bis Nr. 25, 24. Dezember 1898. Franz Szczodry, Berlin /
Richard Klose, Berlin / Franz Kretzscher, Berlin. 1898. 150 S. Gr.4°, HLn. d. Zt. (Bestell-
Nr. BER54517) ✩ Kompletter zweiter Jahrgang der nach der vorzeitigen Einstellung im
Dezember 1897 als Neue Folge wieder neu herausgebrachten anarchistisch-sozialistischen
Wochenschrift „Neues Leben“. Exemplare in einem Halbleinenband zeitgenössisch
eingebunden. Zum Neustart und zu der zunehmenden Differenzierung innerhalb
des anarchistischen Lagers heisst es: „Dieser Braukessel der Theorien muss sein, ist
durchaus notwendig, um eine Klärung der Meinungen herbeizuführen. Was werden
will, braucht Zeit, um sich zu formen. Eine Klärung der Meinungen ist absolut notwendig,
sie bringt uns ab von dem unfruchtbaren Sichergehen in wesenlosen Abstraktionen
zu einer sicheren, systematischen und durchgreifenden Aufklärungsarbeit.
Schlimm ist nur, daß schlechterdings kaum die Möglichkeit vorliegt, alle unter den
Gesinnungsgenossen verstreut liegenden Meinungen zur Aussprache kommen zu lassen.
Um diese bedauerliche Lücke in der anarchistisch-sozialistischen Bewegung auszufüllen,
erscheint „Neues Leben“ wieder auf der Bildfläche. „Neues Leben“ soll daher
der Sammelpunkt aller revolutionären Elemente sein (...) An alle Freunde der wahren
Freiheit geht deshalb die ernste Mahnung, helfend Hand anzulegen an das grosse
Werk. Jeder betrachte sich für einen Werbeapostel unserer idealen Sache (...) Aber auch
diejenigen unserer Freunde, die durch Aufsätze ihre Meinung zum Ausdruck bringen
können, sind ganz besonders ersucht, sich als Mitarbeiter von „Neues Leben“ zu betrachten.
Unser Blatt soll ein Spiegelbild einer aus sich selbst herausgeborenen wirklichen
Arbeiterbewegung sein. Jedoch niemals einseitig, niemals fanatisch. Jeder freie
Geist soll in unserer Mitte stets willkommen sein“. Um die Positionierung des „Neuen
Leben“ als Forum eines kommunistischen bzw. proletarischen Anarchismus Nachdruck
zu verleihen, beginnt gleich die erste Nummer mit einer Artikelserie von Rudolf Lange