Paul Pawlowitsch – eine Skizze - Rotes Antiquariat
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Seite 186 I Januar 2011<br />
Satireblätter als ein Ersatz für die verbotene Parteipresse<br />
Mit dem Sozialistengesetz wurden ab 1878 schrittweise die sozialdemokratischen<br />
Parteiblätter unterdrückt. Es gab unterschiedliche Versuche, die Parteiunternehmen<br />
und somit auch die Kommunikation zwischen den örtlichen Gruppen der Sozialdemokratie<br />
zu sichern. So mit Hilfe von Zeitungen, die formal parteilos waren, de facto<br />
aber Nachfolger der alten Parteiorgane waren, vielleicht aber auf deren scharfe Oppositionshaltung<br />
verzichteten. Auf sie trifft die Bezeichnung „farblose Presse“ wohl am<br />
ehesten zu. Blätter wie die „Dresdner Abendzeitung“ oder die „Neue Leipziger Zeitung<br />
für Stadt und Land“ sind nur zwei von zahlreichen Beispielen. 6<br />
Es gab aber auch die Möglichkeit, dass Sozialdemokraten sich an bereits bestehenden<br />
Oppositionszeitungen anderer politischer Richtungen beteiligten, wie das in Leipzig<br />
bei der „Leipziger Volks-Zeitung“ von Joseph Gabriel Findel 7, der innerhalb der Fortschrittspartei<br />
in Opposition geraten war, für einige Zeit gelang. 8<br />
Noch unverdächtiger erschienen Unterhaltungs- und Satireblätter. Zu den frühen<br />
Versuchen gehörte „Das Lämplein“ (1878-1880), an dem Wilhelm Hasenclever und der<br />
Leipziger Schriftsteller Rudolf Lavant 9 (Richard Cramer) mitwirkten. Für Unterhaltung<br />
und politisch aufmunternde Satire unter den eigenen Anhängern zu sorgen, dürfte<br />
durchaus ein Motiv für die Herausgabe gewesen sein. Wichtiger war aber mit Sicherheit,<br />
dass der nach wie vor vorhandene Parteibetrieb ausgelastet wurde und über die<br />
Austräger des Blattes Kontakt zu den Mitgliedern der unterdrückten Partei gehalten<br />
wurde. Zumindest das zuletzt genannte Motiv war treibend, als die Leipziger Sozialdemokratie<br />
nach dem Verbot ihrer Zeitung zu Beginn der Naziherrschaft gleichfalls<br />
den <strong>–</strong> allerdings missglückten <strong>–</strong> Versuch unternahm, mit Hilfe <strong>eine</strong>s Satireblattes die<br />
Kommunikation aufrecht zu erhalten.<br />
Aber nicht jedes Satireblatt, das in jenen Jahren erschien und der Arbeiterbewegung<br />
zugerechnet werden kann, hatte zwangsläufig solche Zusatzaufgaben zu erfüllen. Da<br />
der „Hiddigeigi“, für den Max Kegel 10 verantwortlich zeichnete, der „farblosen“<br />
„Dresdner Abendzeitung“ (1879-1881) beilag, kann wohl mit einiger Sicherheit davon<br />
ausgegangen werden, dass die Satirebeilage tatsächlich vor allem der politisch gefärbten<br />
Unterhaltung diente.<br />
6 Vgl. hierzu: Stader, Frank:Vom „Ostkreis“ zur „Leipziger Volks-Zeitung“. In:„Natürlich <strong>–</strong> die Tauchaer<br />
Straße!“ Beiträge zur Geschichte der „Leipziger Volkszeitung. Leipzig: Rosa-Luxemburg-Stiftung, 1997. S.<br />
149 - 165.<br />
7 Joseph Gabriel Findel (1828 <strong>–</strong> 1905) arbeitete zunächst als Buchhändler. Nach s<strong>eine</strong>r Übersiedlung<br />
nach Leipzig gehörte er zu den redaktionellen Mitarbeitern der „Illustrirten Zeitung“. Später unternahm<br />
Findel verschiedene Versuche sich journalistisch und verlegerisch auf eigene Füße zu stellen. Bei der<br />
„Leipziger Volks-Zeitung“ (1875-1880) handelte es sich um den ernsthaftesten Versuch. Findels<br />
Vorhaben, unter den Bedingungen des Sozialistengesetzes <strong>eine</strong> neue politische Kraft zu schaffen, die<br />
Sozialdemokratie und Fortschrittspartei zusammenführen sollte, scheiterte <strong>–</strong> und mit diesem Vorhaben<br />
auch s<strong>eine</strong> „Leipziger Volks-Zeitung“.<br />
8 Ausführlich bei: Schröder,Wolfgang:Volkszeitungen vor der „Volkszeitung“. In: Ebenda. S. 131 - 148.<br />
9 Richard Cramer (Pseudonym: Rudolf Lavant; 1844 <strong>–</strong> 1915) arbeitete neben s<strong>eine</strong>r Tätigkeit als<br />
Kaufmann auch als Schriftsteller und Dozent in der Arbeiterbildungsbewegung. Politische Ämter hat er<br />
dabei offenbar nie angestrebt. Ein ausführliches Porträt, das vor allem s<strong>eine</strong> schriftstellerische Arbeit<br />
würdigt, ist zu finden in: Barck, Simone (Hrsg.): Lexikon sozialistischer Literatur: ihre Geschichte in<br />
Deutschland bis 1945. Stuttgart: Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1994. S. 287 f.<br />
10 Eine ausführliche Biographie des Buchdruckers Max Kegel (1850 - 1902), der sich vor allem als Literat<br />
und Schöpfer von Liedern wie dem „Sozialistenmarsch“ in der deutschen Arbeiterbewegung <strong>eine</strong>n<br />
Namen gemacht hat, befindet sich in: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Biographisches<br />
Lexikon. Berlin: Dietz Verlag, 1970. S. 240. Ebenso in: Barck, Simone (Hrsg.): Lexikon sozialistischer<br />
Literatur: ihre Geschichte in Deutschland bis 1945. Stuttgart: Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1994. S.<br />
247 - 249.