Paul Pawlowitsch – eine Skizze - Rotes Antiquariat

Londoner Anarchistischen Föderation unterzeichnet. Zum Generalsekretär des
Organisationskomitees wurde A. Schapiro ernannt. In der letzten Jahrgangsnummer
vom 1. August findet sich ein Nachruf auf den „Organisator der anarchistischen
Bewegung Deutschlands“, Rudolf Lange. Der durch den Beginn des Ersten Weltkriegs
unterbrochene Jahrgangsband enthält des weiteren u.a. folgende Beiträge: Michael
Bakunin: Die Politik der Internationale (Artikelserie). Alexander Herzen: Belinski und
Bakunin. Enrico (sic!) Malatesta: Der Generalstreik und die Insurrektion in Italien.
Einband mit kleinem Eckausriss, Exemplare am Rand etwas altersbedingt gebräunt,
sonst sehr guter Zustand. 600,00 €
Die freie Generation
London – Berlin (1906-1908)
Seite 47
Anarchistica I
Der Wiener Rudolf Großmann (geb.1882) lebte schon seit seiner Jugendzeit in den USA.
Er kam zunächst in die sozialdemokratische Bewegung und dann wohl über Johann
Most ab etwa 1899 zum Anarchismus. Als Redakteur arbeitet er an verschiedenen New
Yorker Zeitungen mit,und ab 1901 ist er auch mit zahlreichen Artikeln in Mosts „Freiheit“
zu finden. Zusammen mit dem Engländer William MacQueen wird Großmann 1902 als
Urheber der Unruhen während eines Streiks der Textilarbeiter in Patterson, New Jersey,
verhaftet und zu fünf Jahren Zuchthaus, drei davon mit harter Arbeit, verurteilt.
Bis die Revision des Prozesses beendet ist, werden beide gegen hohe Kautionen freigelassen
und setzen sich 1903 nach England ab. MacQueen jedoch, als er hört, dass der
Bürge durch seine Flucht ruiniert sei, kehrt nach Amerika zurück und stellt sich zum Antritt
seiner Strafe. Großmann beteuert noch Jahre, er wolle sich stellen, was er nie tut.
Dafür bekommt er in der anarchistischen Presse auch des öfteren den Vorwurf erbärmlicher
Feigheit gemacht, nicht zuletzt von MacQueen selbst, der zwar frühzeitig entlassen
wird, sich allerdings in der Haft Tuberkulose zugezogen hat und bereits 1908 stirbt. 1
Von London aus schreibt Großmann für zahlreiche deutschsprachige anarchistische
Blätter, zumeist allerdings wohlweislich unter Pseudonymen, weil sein richtiger Name
durch die Patterson-Sache belastet ist.Das meistbenutzte Pseudonym ist „Pierre Ramus“,
unter dem er bereits Ende 1903 veröffentlicht. 2 Die folgenden Jahre taucht Pierre Ramus
in fast jedem deutschsprachigen Blatt häufiger auf,ob im Berliner „Anarchist“,im Züricher
„Weckruf“ oder im „Freien Arbeiter“, in dem er zeitweise in jeder Nummer mit einem Beitrag
vertreten ist.Im Sommer 1905 verfasst Ramus die Prinzipienerklärung des neu eröffneten
„Communistischen Arbeiter-Bildungsvereins“ in London,den er – wie August Lott
meint – „mit Lug und Trug kaperte“. Broschüren von Ramus erscheinen alle paar Monate.
Im Sommer 1906 ist er dann soweit, dass er ein eigenes Organ braucht: eine 32-seitige
Monatsrevue unter dem Titel „Die freie Generation“, die von London aus durch die
Gruppe gleichen Namens angekündigt wird. Als Mitglieder der Gruppe nennt die Politische
Polizei im Mai 1906 u.a.: Morelight – ein weiteres Pseudonym von Rudolf
Großmann –, Stenzleit jun., Buchhauer und Siegfried Nacht. 3
1 Stellvertretend für die zahlreichen Auseinandersetzungen in dieser Sache über die Jahre sei auf ein
„Eingesandt“ von August Lott, inkl. eines Briefes MacQueens über Großmann verwiesen: Freiheit, New
York XXVIII, 19 v. 19.5.1906, p.8.
2„Zur Psychologie des Elends“ von Pierre Ramus-London in: Anarchist, Berlin I, 10 v. Dezember 1903, p.2-3.
3 Mit Nacht verscherzt es sich Ramus in der Folge und bezieht von ihm anlässlich des Amsterdamer
Anarchistenkongresses 1907 eine Tracht Prügel, beredtes Zeugnis des Zerwürfnisses liefern zahllose
polemische Zeitungsartikel, Broschüren gegeneinander, usw.