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100 Jahre Frauenstudium an der Universität Tübingen

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dasselbe aufzugeben", lag Popowa falsch. Der Senat beschloss einstimmig, dass die<br />

Zulassung von Frauen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong> nicht möglich sei und deshalb auf das<br />

Gesuch nicht eingeg<strong>an</strong>gen werden könne.<br />

Dieser Fall ist für die damalige Haltung <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> zum <strong>Frauenstudium</strong> typisch.<br />

Nur selten fielen Aussagen, dass Frauen prinzipiell nicht des Studierens fähig seien.<br />

Stattdessen wurden formale Gründe gen<strong>an</strong>nt, <strong>der</strong>en Grundtenor lautet: M<strong>an</strong> sei nicht<br />

zuständig. Es wurde argumentiert, daß entwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Staat eine Regelung treffen müsse –<br />

am besten eine, die die <strong>Universität</strong> selbst nicht betrifft – o<strong>der</strong> aber, dass speziell die Tübinger<br />

Bedingungen ungeeignet für das <strong>Frauenstudium</strong> seien.<br />

Insgesamt nahmen in den im <strong>Universität</strong>sarchiv vorh<strong>an</strong>denen Dokumenten nur wenige<br />

Professoren inhaltlich gegen das <strong>Frauenstudium</strong> Stellung. Der Unwille, Frauen <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

eigenen <strong>Universität</strong> zu dulden, wird in den Aussagen zwar deutlich, aber um ihnen das<br />

Studium zu verweigern, war offensichtlich keine klare ideologische Positionierung, keine<br />

Grundsatzdebatte notwendig. M<strong>an</strong> war sich mehr o<strong>der</strong> weniger einig, Und aus dieser<br />

Einigkeit heraus reichte es, allgemeine Ansichten über das <strong>Frauenstudium</strong> und scheinbare<br />

formale bzw. strukturelle Hin<strong>der</strong>ungsgründe aufzuzählen und am Ende einen ablehnenden<br />

Beschluss zu fassen.<br />

Einzelne Abweichler, die sich beson<strong>der</strong>s rigoros für o<strong>der</strong> gegen das <strong>Frauenstudium</strong><br />

aussprachen und weitreichen<strong>der</strong>e Regelungen zur einen o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Seite hin erwirken<br />

wollten, konnten da geduldet werden. Sie stabilisierten lediglich die allgemeine Meinung,<br />

dass m<strong>an</strong> das <strong>Frauenstudium</strong> für ein reichlich befremdliches und überflüssiges Ansinnen<br />

hielt, über das m<strong>an</strong> mit <strong>der</strong> einem Wissenschaftler <strong>an</strong>gemessenen Bedächtigkeit urteilte und<br />

für das m<strong>an</strong> sich im übrigen nicht wirklich zuständig fühlte.<br />

Die im Fall Alex<strong>an</strong>dra Popowas getroffene Entscheidung wurde 1876 – inzwischen gab es<br />

fünf weitere Anfragen zum Thema <strong>Frauenstudium</strong> – verallgemeinert. Ab d<strong>an</strong>n war klar:<br />

Frauen werden <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong> prinzipiell nicht zum Besuch von Vorlesungen<br />

zugelassen.<br />

Diesem Grundsatz folgte die <strong>Universität</strong> bis 1892, bis Maria Gräfin von Linden in einer<br />

denkbar knappen Abstimmung von 10 zu 8 Stimmen als außerordentliche Studentin<br />

aufgenommen wurde. Doch "die Gewährung soll nur als Versuch <strong>an</strong>gesehen werden und<br />

lediglich keine Consequenzen haben; es solle keine allgemeine Entscheidung getroffen<br />

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