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100 Jahre Frauenstudium an der Universität Tübingen

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Julius M. Berghaus, Dr. jurio et Medicinae aus New – York<br />

Auszug aus dem Senatsprotokoll vom 21. März 1876<br />

(Aus: <strong>Universität</strong>sarchiv <strong>Tübingen</strong> 47/34, S. 485-487)<br />

§ 1<br />

Herr Professor Dr. Säxinger referiert über das Gesuch einer Dame um Zulassung zum<br />

Besuch von Verlesungen <strong>an</strong> <strong>der</strong> hiesigen <strong>Universität</strong>.<br />

Zunächst bespricht Herr Referent die Verh<strong>an</strong>dlungen in demselben Betreff vom 7. Aug[ust]<br />

1873 und bemerkt, dass er seither <strong>der</strong> Ansicht gewesen sein, daß die Frage unterm 7.<br />

Aug[ust]1873 habe prinzipiell entschieden werden wollen, daß er aber inzwischen aus dem<br />

Protokoll die Überzeugung gewonnen habe, daß eine prinzipielle Entscheidung damals nicht<br />

habe gegeben werden wollen.<br />

Herr Referent erörtert nun die Frage <strong>an</strong> sich und bemerkt, dass er zunächst be<strong>an</strong>trage den<br />

Beschluß vom 7. Aug[ust] 1873 für einen prinzipiellen zu erklären. Wenn jedoch <strong>der</strong> Senat<br />

dieses nicht belieben sollten, so werden jedenfalls folgende Ehrfor<strong>der</strong>niße aufzustellen sein:<br />

1. Spezielle Einwilligung jedes einzelnen Docenten bei welchem die Dame eine Vorlesung<br />

hören will,<br />

2. Gewährung <strong>der</strong> Erlaubnis in stets wi<strong>der</strong>ruflichen Weise,<br />

3. Lieferung des Nachweises über die Vorbildung um prüfen zu können, ob akademische<br />

Vorlesungen mit Erfolg besucht werden können, Vorlegung eines Studienpl<strong>an</strong>s,<br />

4. Cognition über die Persönlichkeit <strong>der</strong> Studentin, insbeson<strong>der</strong>e ob für die Moralität eine<br />

Gefahr zu befürchten ist.<br />

Was nun speziell das vorliegende Gesuch betreffe, so werde dasselbe vor<strong>der</strong>h<strong>an</strong>d<br />

abweislich zu bescheiden sein, weil über den Bildungsg<strong>an</strong>g <strong>der</strong> Bittstellerin, was und wie sie<br />

studieren wolle noch was sie bereits gelernt habe, jede Angabe fehle.<br />

Herr Professor Thudichum äußert die Ansicht, dass Frauen jedenfalls nur nach Erfüllung <strong>der</strong><br />

für Männer vorgeschriebenen Bedingungen d. h. nach erst<strong>an</strong>dener Maturitätsprüfung<br />

zugelassen werden können, und be<strong>an</strong>tragt eine prinzipielle Abweisung aus zu sprechen für<br />

den Fall, dass diesem Erfor<strong>der</strong>niß nicht genügt sei.<br />

Herr Prof. Degenkoll spricht sich mit aller Entschiedenheit gegen eine Zulassung von Frauen<br />

aus, ebenso auch dagegen, daß es von dem Willen des einzelnen Docenten abhängen soll,<br />

Frauen in seine Vorlesungen zuzulassen.<br />

Herr Prof. Herzog ist gleichfalls für eine prinzipielle Abweisung, da unter den gegebenen<br />

Verhältnissen kein Grund vorliege, von <strong>der</strong> allgemeinen Regel abzuweichen.<br />

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