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100 Jahre Frauenstudium an der Universität Tübingen

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werden, son<strong>der</strong>n in jedem einzelnen Fall Entschließung vorbehalten bleiben". 3 Folgerichtig<br />

wurden 1896 und 1897 zwei weitere Anfragen von Frauen abgelehnt.<br />

Trotzdem war Maria Gräfin von Linden nicht die erste Frau, die in <strong>Tübingen</strong> eine Vorlesung<br />

hörte; sie war nur die erste, <strong>der</strong> dies offiziell gestattet wurde.<br />

Anf<strong>an</strong>g 1882 erhielten das Akademische Rektoramt, das Akademische K<strong>an</strong>zleramt, sowie<br />

das Ministerium des Kirchen- und Schulwesens in Stuttgart eine mit C. R. signierte<br />

Postkarte, in <strong>der</strong> Prof. Dr. Eimer denunziert wurde, eine Zuhörerin bei einer seiner<br />

Vorlesungen geduldet zu haben.<br />

Während m<strong>an</strong> dem Rektor und dem K<strong>an</strong>zler <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> zugute halten muss, das sie die<br />

"hämische Denunciation unbeachtet" ließen, reagierte das Ministerium mit einem Brief und<br />

<strong>der</strong> Anweisung eines sofortigen Berichts über die Angelegenheit.<br />

Tatsächlich hatte eine Frau Dr. Wilson aus Amerika bereits im vorigen Sommersemester in<br />

Begleitung ihres hier wissenschaftlich arbeitenden M<strong>an</strong>nes einen Teil <strong>der</strong> Zoologie-<br />

Vorlesung von Prof. Eimer mit <strong>an</strong>gehört - in einer R<strong>an</strong>dnotiz zu einem <strong>an</strong><strong>der</strong>en Vorg<strong>an</strong>g geht<br />

hervor, dass dies nur durch die geöffnete Tür aus einem Nebenraum heraus erfolgt war.<br />

Dass "<strong>der</strong> kurze Besuch <strong>der</strong> Eimer'schen Vorlesung seitens jener hochwohlboren Frau hier<br />

irgendwie Anstoß erregt hätte" bestritt <strong>der</strong> Rektor. Offenbar doch, denn in Stuttgart war m<strong>an</strong><br />

erregt und schrieb zurück, m<strong>an</strong> gehe davon aus, "dass aus diesem einer Höhrerin<br />

Genehmigung erm<strong>an</strong>gelnden Vorg<strong>an</strong>g nie Präjudiz für die Zulassung von Damen zu dem<br />

Unterricht <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> nicht abzuleiten ist." 4<br />

Der "Fall Eimer" zeigt, dass in <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> weiblicher Besuch in Vorlesungen zumindest<br />

für m<strong>an</strong>che Dozenten denkbar war. Klar ist, dass m<strong>an</strong> keine Studentinnen wollte. Aber<br />

Hörerinnen? Als solche konnte m<strong>an</strong> sich Frauen zumindest am Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

auch in <strong>Tübingen</strong> vorstellen. 1897 stellten drei Lehrerinnen <strong>der</strong> Tübinger Mädchenschule den<br />

Antrag auf Besuch einer Vorlesung des Historikers Prof. Busch, von dem sie sich zuvor<br />

dessen Einverständnis eingeholt hatten.<br />

In <strong>der</strong> darauf folgenden Senatssitzung referierte <strong>der</strong> K<strong>an</strong>zler Prof. von Jolly die Beschlüsse<br />

von 1888 und 1892, konnte aber darin keinen Grund sehen, die vorliegenden Gesuche<br />

abzulehnen. Die drei Lehrerinnen Lina Treitschler, Ottilie Storz und Marie Reinhardt konnten<br />

3 Senatsprotokoll vom 18. November 1892, <strong>Universität</strong>sarchiv <strong>Tübingen</strong> 47/36, S. 525-526.<br />

4 Die Schriftstücke zum "Fall Eimer" finden sich im <strong>Universität</strong>sarchiv <strong>Tübingen</strong> 117/204, vgl. die Tr<strong>an</strong>skriptionen<br />

dazu unter <strong>der</strong> Rubrik Dokumente.<br />

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