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100 Jahre Frauenstudium an der Universität Tübingen

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Letzteres wohl aus dem einfachen Grund, irgendw<strong>an</strong>n einmal in meine Traumstadt Paris zu<br />

kommen.<br />

Das war die naive Vorstellungswelt eines, gerade aus dem Osten entlassenen, Mädchens!<br />

In <strong>Tübingen</strong> <strong>an</strong>gekommen, fragte ich mich in Richtung <strong>Universität</strong> durch. Spätestens auf <strong>der</strong><br />

Neckarbrücke merkte ich, dass in dieser Stadt ein <strong>an</strong><strong>der</strong>es Leben gelebt wurde: Die Stadt<br />

"pulsierte". Verrückte Typen liefen hier herum. Eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e Stadt im Westen hatte ich bis<br />

dahin nicht gesehen. Es war Liebe auf den ersten Blick!<br />

Ich schaute mich noch ein wenig im Bert-Brecht-Bau um und besorgte einige Informationen<br />

zu meinen Studienfächern.<br />

Eine Woche später, am 11. April 1974, schrieb ich mich <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong> als<br />

Studentin für die Fächer Germ<strong>an</strong>istik und Rom<strong>an</strong>istik auf Lehramt ein.<br />

Es war ein Sprung ins eiskalte Wasser!<br />

Aber die schnelle Entscheidung für <strong>Tübingen</strong> und <strong>der</strong> Beginn des Studiums zu genau diesem<br />

Zeitpunkt, war für mein zukünftiges Leben <strong>der</strong> wohl wichtigste, selbstständigste und<br />

erhabenste Schritt. Damals realisierte ich das natürlich nicht so. Ich wusste in diesem<br />

Moment ja auch noch gar nicht, wie es weitergeht. Aber heute nach so vielen <strong>Jahre</strong>n, k<strong>an</strong>n<br />

ich das feststellen.<br />

Einen Antrag für ein Wohnheimzimmer füllte ich aus und beim Bafög-Amt erhielt ich einen<br />

Haufen Formulare, <strong>der</strong> mich verwirrte und ängstigte. Das alles k<strong>an</strong>nte ich ja bis dato nicht.<br />

Da ich wohl zu den "hilfsbedürftigen und orientierungslosen" Studenten gehörte, konnte ich<br />

nach einigen Telefonaten am selben Tag noch zufällig einen Wohnheimplatz erhalten.<br />

Eigentlich waren alle Wohnheimplätze um diese Zeit längst vergeben. M<strong>an</strong> hatte Erbarmen<br />

mit dem unwissenden ostzonalen naiven Mädchen.<br />

Ich zog mit meiner Minimalausstattung, gepackt in eine Reisetasche, in das vorletzte<br />

Doppelzimmer im Erdgeschoss des "30/1" - das Wohnheim Wilhelmstraße 30/1 zwischen<br />

dem Clubhaus und <strong>der</strong> Ammer - ein.<br />

W., Student <strong>der</strong> Pädagogik und nebenberuflicher Heimbetreuer, quartierte mich zu A. ins<br />

Zimmer, die nicht gerade begeistert war über ihre neue Mitbewohnerin. Ich hatte im Osten<br />

gelernt mich <strong>an</strong>zupassen und versuchte es erst mal auf diese Weise: Klein, bescheiden,<br />

ruhig, zurückgezogen. Das Zimmer war eingerichtet. Gleich neben <strong>der</strong> Eing<strong>an</strong>gstür war eine<br />

Waschecke, gegenüber ein W<strong>an</strong>dschr<strong>an</strong>k und ein alles einnehmendes Hochbett. D<strong>an</strong>n gab<br />

es im Zimmer noch für jeden ein Hängeregal mit zwei Brettern, zwei Tische und Stühle.<br />

Weitere persönliche Dinge f<strong>an</strong>den Platz in Obstkisten, die wir überein<strong>an</strong><strong>der</strong> stapelten.<br />

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