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100 Jahre Frauenstudium an der Universität Tübingen

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sich gegen das "norddeutsche System", die auf die Höhere Töchterschule aufbauenden<br />

Gymnasialkurse, mit denen in Preußen Frauen zur Hochschulreife geführt werden sollten.<br />

Sie spricht sich hingegen klar für das bereits seit 1893 in Karlsruhe praktizierte Modell des<br />

sechsjährigen Gymnasiums mit Aufnahme <strong>der</strong> Mädchen bereits im 12. Lebensjahr und damit<br />

für eine den Männern <strong>an</strong>aloge Schulbildung aus.<br />

Darüber hinaus favorisiert sie zur Nachahmung für die höhere Bildung von Mädchen das<br />

hum<strong>an</strong>istische Knabengymnasium: "Wir müssen unter den vorh<strong>an</strong>denen Anstalten für<br />

Knaben diejenigen aussuchen, die unseren Bedürfnissen am besten entsprechen. Das ist<br />

nicht die Realschule und nicht das Realgymnasium, son<strong>der</strong>n das Gymnasium. Es öffnet den<br />

Zug<strong>an</strong>g zu allen Fakultäten <strong>der</strong> <strong>Universität</strong>, namentlich zum Studium <strong>der</strong> Philologie, <strong>der</strong><br />

Medizin und des Rechts, die zunächst allein den Frauen eine Berufsstellung sichern". 38<br />

Damit ist klar, worum es vorr<strong>an</strong>gig bei <strong>der</strong> Einrichtung des Mädchengymnasiums ging: Um<br />

den Zug<strong>an</strong>g zu den <strong>Universität</strong>en mit dem Ziel, Frauen die Ausübung akademischer Berufe<br />

zu ermöglichen.<br />

Wie um etwaige Bedenken zu zerstreuen, weist Schwend-Üxküll jedoch auch darauf hin,<br />

dass ein Besuch des Gymnasiums nicht zw<strong>an</strong>gsweise zum Studium führen muss. Auch<br />

weniger abenteuerlustige Mädchen sollen davon profitieren: "We<strong>der</strong> von den Eltern, noch<br />

von den Mädchen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> verl<strong>an</strong>gen, daß sie den Besuch <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> nach Vollendung<br />

des Gymnasiums als unvermeidlich betrachten, und die Mädchen, die nach Ablegung <strong>der</strong><br />

Reifeprüfung auf die Hochschule verzichten, können nur von Böswilligen als gescheitert<br />

bezeichnet werden" 39<br />

Diese ausdrückliche Betonung k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> als Beleg dafür <strong>an</strong>sehen, wie sehr die Gründung<br />

eines Gymnasiums für Mädchen mit dem <strong>Frauenstudium</strong> in Verbindung gebracht wurde.<br />

Somit wurde mit <strong>der</strong> Gründung des Mädchengymnasiums in Stuttgart die Zulassung von<br />

Frauen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong> vorbereitet.<br />

Gertrud Schwend meint dazu: "Unsere Mädchen müssen auf dem Gymnasium ihres eigenen<br />

L<strong>an</strong>des ein Zeugnis <strong>der</strong> Reife erl<strong>an</strong>gen können, das vom Staat <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt wird und das ihnen<br />

Bürgerrecht auf <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> ihres eigenen L<strong>an</strong>des gibt." 40<br />

Damit die Mädchengymnasien überhaupt eingerichtet werden konnten, brauchte es studierte<br />

o<strong>der</strong> doch zumindest mit Hochschulreife ausgestattete Frauen. Sowohl Gertrud Schwend-<br />

Üxküll als auch ihre Nachfolgerin Leontine Hagmaier, die erste Abiturientin Württembergs,<br />

38 Gertrud von Schwend-Üxküll, Das Mädchengymnasium in Stuttgart, 1899, S. 472.<br />

39 Dies. S. 475.<br />

40 Zitiert nach Edith Glaser, Hin<strong>der</strong>nisse, Umwege, Sackgassen, 1992, S. 28.<br />

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