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100 Jahre Frauenstudium an der Universität Tübingen

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natürlich auch für ihn gemacht. Aber im sechsten Semester, d<strong>an</strong>n hast du nur noch das<br />

sechste, siebente, achte. Mein Gott, und d<strong>an</strong>n Examen. Und d<strong>an</strong>n dazwischen noch diese<br />

persönlichen Dienstleistungen. Wahrscheinlich hat er mir das in den Semesterferien vor<br />

Wien erzählt, ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls habe ich d<strong>an</strong>n beschlossen: „Nein, das k<strong>an</strong>n<br />

ich nicht mehr, da muss ich ihm sagen, ich gehe wo<strong>an</strong><strong>der</strong>s hin.“ Und da ist mir <strong>Tübingen</strong><br />

eingefallen, weil eine Studienkollegin auch in <strong>Tübingen</strong> gewesen ist, und die hatte von<br />

<strong>Tübingen</strong> geschwärmt. Also ging ich nach <strong>Tübingen</strong>. Nun bin ich also 1943 in <strong>Tübingen</strong><br />

gel<strong>an</strong>det. Wie viele Studenten waren denn da <strong>an</strong> <strong>der</strong> Uni, also ich habe nicht darauf<br />

geachtet. Es waren Kriegsteilnehmer, die verwundet waren.<br />

7. Trauung im Lazarett gegen Ende des Studiums<br />

Das war im Mai 1945. Es hat sich übrigens – das darf ich eigentlich gar nicht sagen – es hat<br />

sich als „Vorteil“ herausgestellt, dass unser Trauzeuge, <strong>der</strong> spätere Professor Brinkm<strong>an</strong>n,<br />

einarmig war. Denn wir sind im Lazarett getraut worden. Der St<strong>an</strong>desbeamte ist ins Lazarett<br />

gekommen. Wir saßen also in einem Kr<strong>an</strong>kenzimmer auf Hockern und als es darum ging,<br />

dass die Trauzeugen ihren Ausweis zeigen sollten, da fing Professor Brinkm<strong>an</strong>n <strong>an</strong>, mit <strong>der</strong><br />

linken H<strong>an</strong>d so rumzusuchen, und da sagt <strong>der</strong> St<strong>an</strong>desbeamte: „Oh lassen Sie mal, lassen<br />

Sie mal.“ Und genauso bei meiner Freundin, die gerade ihre H<strong>an</strong>dtasche aufmachte. Es hat<br />

sich hinterher herausgestellt, dass meine Freundin gar keinen Ausweis dabei hatte. Und da<br />

gibt es noch mehr zu erzählen, z.B. wie <strong>der</strong> ins Stocken kam, <strong>der</strong> St<strong>an</strong>desbeamte. Am Ende<br />

<strong>der</strong> Trauung da wurde doch Hitlers „Mein Kampf“ überreicht. Und das konnte er jetzt nicht<br />

mehr machen, und d<strong>an</strong>n war so plötzlich Schluss, dass mein M<strong>an</strong>n nachher sagte: „Also,<br />

jetzt hat er nicht gewusst, wie er diese Lücke ausfüllen soll.“ Hitler, „Mein Kampf“ und was da<br />

geredet wurde. Noch etwas: mein M<strong>an</strong>n hatte ja keine Papiere außer seinem Soldbuch. Da<br />

wurde er gefragt, ob er Kin<strong>der</strong> habe. „Nein, keine, das soll erst noch kommen.“ Das musste<br />

er eidesstattlich erklären. Was war denn noch, was er alles eidesstattlich erklären musste?<br />

Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls diese g<strong>an</strong>ze Trauung war eine außergewöhnliche Sache,<br />

wir waren sehr glücklich, dass es klappte. Warum wir geheiratet haben, obwohl mein M<strong>an</strong>n<br />

noch Soldat war, ist auch interess<strong>an</strong>t. Ich habe gedacht, die Fr<strong>an</strong>zosen tr<strong>an</strong>sportieren alle<br />

Gef<strong>an</strong>genen ab, wenn sie laufen können. Mein M<strong>an</strong>n konnte schon laufen. Er humpelte<br />

zwar, aber er konnte schon laufen. Es best<strong>an</strong>d also die Gefahr, dass er aus dem Lazarett<br />

abtr<strong>an</strong>sportiert wurde nach Fr<strong>an</strong>kreich. M<strong>an</strong> hörte von den Gef<strong>an</strong>genen in Fr<strong>an</strong>kreich nichts<br />

Gutes. Und ich habe d<strong>an</strong>n gedacht: „Mein Gott, <strong>der</strong> Krieg ist doch vorbei. Die können doch<br />

nicht als Kriegsgef<strong>an</strong>gene beh<strong>an</strong>delt werden. Die werden wahrscheinlich dieselbe<br />

Beh<strong>an</strong>dlung kriegen, wie die Fremdarbeiter bei uns, bei Linke-Hoffm<strong>an</strong>n in Breslau.“ Dass<br />

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