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100 Jahre Frauenstudium an der Universität Tübingen

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Ich f<strong>an</strong>d es sehr unfair von meinem Vater, dass er <strong>der</strong>art als Patriarch aufgetreten ist, denn<br />

ich hätte in Hameln in kürzerer Zeit das Abitur machen können, auch weil es damals<br />

Kurzschuljahre gab. Aber ich musste mit nach Düsseldorf!<br />

In Düsseldorf gab es damals aber gar keine geeignete Schule für mich, die die<br />

Sprachenkombination Englisch und Latein gehabt hätte. Nur ein Sozialwissenschaftliches<br />

Gymnasium, aber das war erst im Aufbau. Also musste ich ein Jahr zurück und das f<strong>an</strong>d ich<br />

unglaublich verletzend. Ich war versetzt in die Oberstufenklasse 11 und musste wie<strong>der</strong><br />

zurück in die Klasse 10. Ich f<strong>an</strong>d das einfach unmöglich!<br />

Insofern hatte ich auch keine Lust in Düsseldorf zu bleiben, als ich d<strong>an</strong>n mein Abitur hatte.<br />

Ich hatte immer Hameln im Herzen getragen und da bin ich d<strong>an</strong>n wahrscheinlich nach<br />

<strong>Tübingen</strong> geg<strong>an</strong>gen, weil das ähnlich war.<br />

Außerdem kam für mich auch eine Pädagogische Hochschule nicht in Frage. PH war damals<br />

das absolute Mädchenstudium. 90 % meiner Mitschülerinnen haben das PH-Studium<br />

gemacht. Entwe<strong>der</strong> in Neuss o<strong>der</strong> in Duisburg.<br />

Ich mochte das nicht. Ich wollte richtig studieren!<br />

Ob ich das schaffe, wusste ich natürlich nicht. Ich war die erste aus <strong>der</strong> Familie, die<br />

überhaupt Abitur gemacht hat und ich konnte von meinen Eltern gar keine Hilfe erwarten,<br />

darüber, was es überhaupt heißt, zu studieren. Also, wenn ich mir das jetzt im Nachhinein<br />

überlege, war ich sehr mutig o<strong>der</strong> risikofreudig, denn bis ich d<strong>an</strong>n in <strong>Tübingen</strong> war, hatte ich<br />

noch nie eine Uni von innen o<strong>der</strong> von außen gesehen.<br />

Ich hab mich zuvor natürlich mit meinen Lehrern unterhalten. Sie meinten, ich k<strong>an</strong>n<br />

studieren. Ich weiß noch, nach dem Abiball hab ich einen Lehrer, den ich bewun<strong>der</strong>t habe -<br />

Philosophie hat <strong>der</strong> gemacht - den hab ich gefragt: "Meinen Sie, ich k<strong>an</strong>n studieren mit den<br />

Kurzschuljahren? Schaffen wir denn das? Fehlt uns da nicht zu viel?" Und <strong>der</strong> hat gesagt:<br />

"Natürlich k<strong>an</strong>nst du das!"<br />

Ach so, noch was <strong>an</strong><strong>der</strong>es möchte ich vorausschicken: Ich war immer nur auf<br />

Mädchenschulen seit <strong>der</strong> Grundschule. Also, Grundschule war ja noch<br />

gemischtgeschlechtlich, aber Gymnasium war damals getrennt. Das war einfach so. Ich hab<br />

1967 Abitur gemacht und da gab es gar nichts <strong>an</strong><strong>der</strong>es.<br />

Insofern bin ich aus dieser Mädchengesellschaft heraus <strong>an</strong> die Uni gekommen.<br />

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