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100 Jahre Frauenstudium an der Universität Tübingen

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1878<br />

1879<br />

Prof. Rümelin, K<strong>an</strong>zler <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong><br />

im Jahr 1888:<br />

Die Anfänge des <strong>Frauenstudium</strong>s in Europa<br />

Ein Blick über die Grenzen Württembergs<br />

1849<br />

1863<br />

1879<br />

1883<br />

1900<br />

1877<br />

1864<br />

1876<br />

Beginn des <strong>Universität</strong>sstudiums von Frauen in den europäischen Län<strong>der</strong>n<br />

Die Daten markieren den Beginn des <strong>Frauenstudium</strong>s im jeweiligen L<strong>an</strong>d. Aufgrund <strong>der</strong> m<strong>an</strong>gelhaften Forschungslage<br />

ist eine einheitliche Bezugsgrundlage lei<strong>der</strong> nicht möglich. Beginn des <strong>Frauenstudium</strong>s k<strong>an</strong>n daher sowohl<br />

erste Hörerin, erste außerordentliche Studentin o<strong>der</strong> erste ordentliche Studentin bedeuten. Darüberhinaus markieren<br />

die Daten teilweise nur die Öffnung einzelner Fächer und nicht <strong>der</strong> gesamten <strong>Universität</strong> für Frauen.<br />

„Die Tübinger <strong>Universität</strong> gehört zu den ungal<strong>an</strong>testen<br />

in Deutschl<strong>an</strong>d, insofern sie, womit ich selbst nicht<br />

einverst<strong>an</strong>den war, den Damen auch jeden Besuch ihrer<br />

Vorlesungen versagt. Einen Doktor des schönen<br />

Geschlechtes hat sie noch nie gemacht, und es ist mir<br />

auch von <strong>an</strong><strong>der</strong>en deutschen Hochschulen aus den neueren<br />

Jahrzehnten kein Beispiel erinnerlich.“<br />

1849 Großbrit<strong>an</strong>nien: Ladies College in Bedford<br />

Square, erstes Frauencollege <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong><br />

London (heute Bedford New College).<br />

1863 Fr<strong>an</strong>kreich: Zulassung zu allen Fakultäten außer<br />

<strong>der</strong> theologischen <strong>an</strong> den <strong>Universität</strong>en in<br />

Paris, Bordeaux, Toulouse, Lyon und Marseille.<br />

1864 Schweiz: Zürich, erste Hörerinnen.<br />

1867 Schweiz: Zürich, erste Immatrikulation in <strong>der</strong><br />

Medizinischen Fakultät, 1868 folgt die Philosophische,<br />

1872/1873 die Staatswissenschaftliche<br />

und 1908/1909 die Theologische Fakultät.<br />

1869 Großbrit<strong>an</strong>nien: Benslow House, das 1873 als<br />

Girton College nach Cambridge übersiedelt.<br />

1903<br />

1882<br />

1904<br />

1908<br />

1870<br />

1897<br />

1901<br />

1870 Schweden: Uppsala und Lund, Zulassung zur<br />

medizinischen Fakultät.<br />

1872 Schweiz: Bern und Genf.<br />

1873 Schweden: Zulassung zu allen Fakultäten.<br />

1874 Großbrit<strong>an</strong>nien: London, Gründung <strong>der</strong> „London<br />

School of Medicine for Women”, die mit einem<br />

Frauenhospital verbunden ist. 1876 Zulassung<br />

zur medizinischen Prüfung bei den staatlichen<br />

Examinationsbehörden.<br />

1875 Fr<strong>an</strong>kreich. Die erste Fr<strong>an</strong>zösin legt ein<br />

medizinisches Examen ab. Bereits 1898 praktizieren<br />

in Paris 77 Frauen. 1900 wird <strong>der</strong><br />

Anwaltsberuf per Gesetz für Frauen geöffnet.<br />

1876 Italien: Turin, Parma, Padua, Bologna, Pisa,<br />

Siena, Perugia, Rom und Neapel.<br />

Schweiz: Laus<strong>an</strong>ne.<br />

1877 Dänemark: Kopenhagen.<br />

1878 Großbrit<strong>an</strong>nien: Oxfords erstes Frauencollege.<br />

Sp<strong>an</strong>ien: Madrid.<br />

1879 Irl<strong>an</strong>d und Großbrit<strong>an</strong>nien: London University,<br />

Zulassung zu allen <strong>Universität</strong>sabschlüssen,<br />

Immatrikulation aber erst 1882.<br />

Nie<strong>der</strong>l<strong>an</strong>de: Utrecht, Amsterdam, Groningen<br />

und Leiden.<br />

1882 Norwegen: Oslo.<br />

1883 Belgien: Brüssel, Gent und Lüttich.<br />

<strong>Tübingen</strong> und die <strong>an</strong><strong>der</strong>en deutschen <strong>Universität</strong>en<br />

Angesichts <strong>der</strong> ablehnenden Haltung <strong>der</strong> <strong>Universität</strong><br />

<strong>Tübingen</strong> gegenüber dem <strong>Frauenstudium</strong> stellt sich<br />

die Frage, wie die Situation <strong>an</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en <strong>Universität</strong>en<br />

war. Innerhalb Deutschl<strong>an</strong>ds bef<strong>an</strong>d sich <strong>Tübingen</strong> im<br />

19. Jahrhun<strong>der</strong>t in „guter“ Gesellschaft. Kein deutscher<br />

Teilstaat hatte das ordentliche <strong>Frauenstudium</strong> ermöglicht,<br />

bis 1900 das Großherzogtum Baden den Anf<strong>an</strong>g<br />

machte. 1903 folgte Bayern und bereits 1904 Württemberg<br />

und damit die <strong>Universität</strong> <strong>Tübingen</strong>. Erst 1908/<br />

09 folgten Preußen und die <strong>an</strong><strong>der</strong>en deutschen Teilstaaten.<br />

Deutschl<strong>an</strong>d im internationalen Vergleich<br />

Innerhalb Deutschl<strong>an</strong>ds zählt Württemberg damit zu<br />

den Vorreitern, doch ein Blick auf die nebenstehende<br />

Karte zeigt, dass im Jahr 1904 Frauen in den meisten<br />

europäischen Län<strong>der</strong>n bereits studieren konnten - zum<br />

Teil bereits seit einigen Jahrzehnten.<br />

Es wun<strong>der</strong>t daher nicht, dass viele deutsche Frauen<br />

sich m<strong>an</strong>gels <strong>an</strong><strong>der</strong>er Möglichkeiten auf das Abenteuer<br />

eines Studiums im Ausl<strong>an</strong>d einließen. Viele gingen<br />

nach Fr<strong>an</strong>kreich, das mit <strong>der</strong> allgemeinen Zulassung<br />

von Frauen zum Studium im Jahr 1863 den Anf<strong>an</strong>g<br />

machte. Für die deutschen Frauen bedeuten<strong>der</strong> war<br />

jedoch 1864 die Öffnung <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> Zürich, die<br />

damit die erste deutschsprachige <strong>Universität</strong> war, die<br />

Frauen das Studieren ermöglichte. Bis zu 10 % Deutsche<br />

waren im Durchschnitt bis zur Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />

unter den Züricher Studentinnen.<br />

Deutsche Frauen haben also bereits vor 1900 studiert.<br />

Ein Studium war für sie damals jedoch - von wenigen<br />

Ausnahmen abgesehen - verbunden mit einem nur für<br />

wenige realisierbaren Ausl<strong>an</strong>dsaufenthalt, <strong>der</strong> zudem<br />

umf<strong>an</strong>greichen Privatunterricht zur Vorbereitung erfor<strong>der</strong>te,<br />

da es in Deutschl<strong>an</strong>d noch keine Mädchengymnasien<br />

gab.<br />

1889 Schweiz: Fribourg, Hörerinnen, ab 1905 Immatrikulation<br />

von Frauen.<br />

1890 Schweiz: Basel.<br />

1897 Österreich: Wien, Prag, Graz und Innsbruck, Zulassung<br />

zur philosophischen Fakultät, 1900 zur<br />

Medizinischen Fakultät, 1920 zur Juristischen<br />

Fakultät, 1923 zur Ev<strong>an</strong>gelischen Theologie,<br />

1946 zur Katholischen Theologie.<br />

1900 Baden: Immatrikulation von Frauen.<br />

1901 Rußl<strong>an</strong>d: Bereits 1897 medizinisches Institut für<br />

Frauen in Petersburg und schon zuvor seit den<br />

1860er <strong>Jahre</strong>n spezielle, von Frauen gegründete<br />

und geleitete, <strong>Universität</strong>skurse.<br />

Finnl<strong>an</strong>d: Helsinki.<br />

1903 Bayern: Immatrikulation von Frauen.<br />

1904 Württemberg: <strong>Tübingen</strong>. Immatrikulation von<br />

Frauen.<br />

1908 Preußen: Immatrikulation von Frauen.<br />

1920 Engl<strong>an</strong>d: Oxford. Die Frauencolleges Lady<br />

Margaret Hall (1878), St. Anne’s (1879),<br />

Somerville (1879), St. Hugh’s (1886), St. Hilda’s<br />

(1893) werden <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>an</strong>geglie<strong>der</strong>t. Davor<br />

konnten Frauen kein <strong>Universität</strong>sexamen<br />

von Oxford erwerben.<br />

1948 Engl<strong>an</strong>d: Cambridge. Die Frauencolleges werden<br />

<strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>an</strong>geglie<strong>der</strong>t.<br />

1833 USA.:Das neugegründete Oberlin-College in Ohio/USA läßt Frauen und Männer zum Studium zu. 1837 folgen als erstes Frauenseminar Mount Holyoke in South Hadley,<br />

Massachusetts, das 1888 College wurde. Fünf weitere Frauen-Colleges werden in <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 19. Jh. gegründet.<br />

1889 Schweden:. Sofia Wassiljewna Kowaleskaja (1850-1891) erhält nach vierjähriger außerordentlicher Tätigkeit <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> Stockholm eine ordentliche Professur für<br />

Mathematik und ist damit die erste Professorin in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen europäischen Wissenschaft. Sie hatte 1869/70 als Hörerin die <strong>Universität</strong> Heidelberg besucht und 1874<br />

als erste Frau <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> Göttingen in Mathematik promoviert.

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