Das Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei 2007 und 2008 - SPD
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an<strong>der</strong>er Regelungen für eine bessere Zusammenarbeit<br />
von B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Län<strong>der</strong>n geschaffen.<br />
Schwerpunkte <strong>der</strong> Reform sind Abbau<br />
<strong>und</strong> Begrenzung <strong>der</strong> Schulden <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Haushalte, eine verbesserte Verwaltungskooperation<br />
insbeson<strong>der</strong>e im Bereich<br />
<strong>der</strong> öffentlichen IT, eine effektivere Steuerverwaltung<br />
<strong>und</strong> die Einrichtung eines nationalen<br />
Krebsregisters. Wir haben im Gr<strong>und</strong>gesetz<br />
die Rahmenvorgabe einer Schuldenregel für<br />
den B<strong>und</strong> <strong>und</strong> die Län<strong>der</strong> aufgenommen. Im<br />
Gr<strong>und</strong>satz gilt, dass die Haushalte von B<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> Län<strong>der</strong>n in konjunktureller Normallage<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich ohne Einnahmen aus Krediten<br />
auszugleichen sind. In Notsituationen muss<br />
<strong>der</strong> Staat jedoch die notwendigen Maßnahmen<br />
auf den Weg bringen können, um Schaden<br />
abzuwenden <strong>und</strong> um die Voraussetzungen<br />
für eine Besserungen zu schaffen. Gerade<br />
in guten Zeiten muss für solche Situationen<br />
Vorsorge getroffen werden. Außerdem haben<br />
wir eine Ausnahmeklausel für Notsituationen<br />
wie Naturkatastrophen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e außergewöhnliche<br />
Notsituationen aufgenommen.<br />
Die gegenwärtige Finanzmarkt- <strong>und</strong> Wirtschaftskrise<br />
ist eine solche Ausnahmesituation.<br />
Wir haben dafür gesorgt, dass Patientenverfügungen<br />
endlich rechtlich verbindlich sind.<br />
Im Juni 2009 hat <strong>der</strong> Deutsche B<strong>und</strong>estag<br />
den (mit Ausnahme von CDU/CSU) fraktionsübergreifend<br />
unterstützten Entwurf eines<br />
Dritten Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung des Betreuungsrechts<br />
beschlossen. <strong>Das</strong> neue Gesetz erkennt<br />
dem Patienten unabhängig von Art<br />
<strong>und</strong> Stadium seiner Krankheit das Recht zu,<br />
über Einleitung <strong>und</strong> Abbruch lebenserhalten<strong>der</strong><br />
Maßnahmen im Wege einer schriftlichen<br />
Patientenverfügung selbst zu entscheiden.<br />
Nach sechsjährigen intensiven Diskussionen<br />
über die Frage, unter welchen Voraussetzungen<br />
ein Patient vorab verbindlich festlegen<br />
kann, ob im Falle seiner späteren Einwilligungsunfähigkeit<br />
lebenserhaltende Maßnahmen<br />
durchgeführt werden, hat <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
dies nun endlich im Sinne einer am Patientenwillen<br />
orientierten Regelung entschieden.<br />
Wir haben in dem Gesetz klargestellt,<br />
dass jede Patientenverfügung so umzusetzen<br />
ist, wie es dem Willen des Betroffenen entspricht.<br />
Niemand wird an seiner schriftlichen<br />
Verfügung festgehalten, je<strong>der</strong> kann sich auch<br />
mündlich von seinen Festlegungen je<strong>der</strong>zeit<br />
lösen. Arzt <strong>und</strong> Betreuer bzw. Bevollmächtigter<br />
sollen eng zusammen wirken, um den<br />
wirklichen Willen des Patienten <strong>und</strong> eben<br />
auch Irrtümer o<strong>der</strong> missverständliche Formulierungen<br />
aufzuklären. Angehörigen <strong>und</strong> Vertrauenspersonen<br />
soll Gelegenheit zur Äußerung<br />
gegeben werden, in Zweifelsfällen entscheidet<br />
das Gericht. Die angebliche Gefahr<br />
einer „automatischen“ Umsetzung des Wortlauts<br />
gibt es nicht. Eine vorhergehende Bera-<br />
BUNDESTAGSFRAKTION<br />
tung <strong>und</strong> eine in Abständen erfolgende Aktualisierung<br />
wird empfohlen, ist jedoch keine<br />
Wirksamkeitsvoraussetzung.<br />
Die mit den Mitteln des Rechtsstaats gewährleistete<br />
innere Sicherheit ist eine Gr<strong>und</strong>voraussetzung<br />
dafür, dass die Bürgerinnen<br />
<strong>und</strong> Bürger ihre Freiheitsrechte konkret<br />
wahrnehmen, indem sie ihr Leben ohne<br />
Furcht gestalten können. Die Gewährleistung<br />
<strong>der</strong> inneren Sicherheit ist somit eine gr<strong>und</strong>legende<br />
Voraussetzung für ein freies Zusammenleben<br />
<strong>der</strong> Menschen <strong>und</strong> damit eine <strong>der</strong><br />
Kernaufgaben staatlichen Handelns. Abwehrrechte<br />
<strong>der</strong> Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger gegen<br />
staatliche Eingriffe <strong>und</strong> ihr Anspruch auf Gewährleistung<br />
innerer Sicherheit stehen in einem<br />
Spannungsverhältnis, dem die sozialdemokratische<br />
Gesetzgebung gerecht wurde. Innere<br />
Sicherheit ist Aufgabe <strong>der</strong> Gefahrenprävention<br />
aber auch <strong>der</strong> Strafrechtspolitik. Unsere<br />
Rechtspolitik ist gleichermaßen dem Geist<br />
<strong>der</strong> bürgerlichen Freiheiten <strong>und</strong> dem legitimen<br />
Bedürfnis nach Sicherheit verpflichtet.<br />
In diesem Sinne haben wir eine Reihe von<br />
Gesetzen im B<strong>und</strong>estag beschlossen:<br />
Mit dem Gesetz über die Regelung <strong>der</strong> Vermögensabschöpfung<br />
bei Straftaten haben wir<br />
den Zugriff <strong>der</strong> Opfer von Straftaten auf das<br />
Vermögen des Straftäters erleichtert.<br />
Mit dem Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des Strafgesetzbuches<br />
– Anhebung <strong>der</strong> Höchstgrenze des Tagessatzes<br />
bei Geldstrafen haben wir dafür gesorgt,<br />
dass angemessene <strong>und</strong> spürbare Geldstrafen<br />
auch in den obersten Einkommensklassen<br />
verhängt werden können. <strong>Das</strong> Höchstmaß eines<br />
Tagessatzes lag bisher bei 5.000 Euro, was<br />
<strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Spitzeneinkommen in<br />
den letzten Jahrzehnten nicht gerecht wurde.<br />
Wir haben daher die Höchstgrenze des Tagessatzes<br />
bei Geldstrafen auf 30.000 Euro angehoben.<br />
Damit steigt <strong>der</strong> mögliche Höchstbetrag<br />
einer Geldstrafe bei einer Einzeltat auf<br />
10,8 Millionen Euro, bei mehreren Taten auf<br />
21,6 Millionen Euro.<br />
Für die zunehmende Anzahl von Stalking-<br />
Opfern, also Personen, die intensiv verfolgt<br />
o<strong>der</strong> belästigt werden, haben wir mit dem Gesetz<br />
zur Strafbarkeit beharrlicher Nachstellungen<br />
eine beson<strong>der</strong>e Schutzvorschrift geschaffen.<br />
Außerdem gibt es nun die Möglichkeit,<br />
die Opfer durch richterliche Weisungen zu<br />
schützen.<br />
Wir haben das Recht über die Führungsaufsicht<br />
reformiert <strong>und</strong> damit die nachsorgende<br />
Kontrolle <strong>und</strong> Betreuung von Verurteilten,<br />
die ihre Strafe voll verbüßt haben o<strong>der</strong> aus einer<br />
Klinik für psychisch- o<strong>der</strong> suchtkranke<br />
Täter entlassen wurden, verbessert.<br />
Mit <strong>der</strong> Reform des Maßregelvollzugs wurde<br />
die Unterbringung von Straftätern in einem<br />
psychiatrischen Krankenhaus o<strong>der</strong> einer Entziehungsanstalt<br />
effektiver an den Therapiezielen<br />
orientiert.<br />
Beson<strong>der</strong>s gefährliche Straftäter können<br />
künftig nachträglich in Sicherungsverwahrung<br />
genommen werden, auch wenn sie nach Jugendstrafrecht<br />
verurteilt wurden. Die Sicherungsverwahrung<br />
dient nicht <strong>der</strong> Bestrafung<br />
son<strong>der</strong>n dem Schutz <strong>der</strong> Bevölkerung vor beson<strong>der</strong>s<br />
gefährlichen Gewalttätern. Sie darf<br />
immer nur dann verhängt werden, wenn es<br />
kein mil<strong>der</strong>es Mittel gibt, um die Allgemeinheit<br />
zu schützen. <strong>Das</strong> gilt umso mehr für junge<br />
Menschen, bei denen eine Gefährlichkeitsprognose<br />
beson<strong>der</strong>s schwierig ist, da ihre Persönlichkeitsentwicklung<br />
nicht abgeschlossen<br />
ist.<br />
<strong>Das</strong> Strafrechtsän<strong>der</strong>ungsgesetz zur Bekämpfung<br />
<strong>der</strong> Computerkriminalität hat unter<br />
an<strong>der</strong>em die Straftatbestände des sog.<br />
„Hackings“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Computersabotage verschärft.<br />
Wir haben die Regelungen über die Telekommunikationsüberwachung<br />
<strong>und</strong> weiterer verdeckter<br />
Ermittlungsmaßnahmen in <strong>der</strong> Strafprozessordnung<br />
umfassend überarbeitet <strong>und</strong><br />
die gr<strong>und</strong>rechtssichernden Schwellen für<br />
staatliche Eingriffe wesentlich erhöht. Gleichzeitig<br />
wurden die europäischen Vorgaben<br />
über die Speicherung von Verbindungsdaten<br />
(„Vorratsdatenspeicherung“), nur soweit<br />
zwingend notwendig, umgesetzt.<br />
Telekommunikationsunternehmen werden<br />
für Maßnahmen <strong>der</strong> Strafverfolgung in<br />
erheblichem Umfang in Anspruch genommen,<br />
wodurch den Unternehmen Kosten entstehen,<br />
die durch die bisher bestehenden Entschädigungsregelungen<br />
nur unzureichend abgedeckt<br />
wurden. Wir haben mit dem Gesetz<br />
zur Neuordnung <strong>der</strong> Entschädigung von Telekommunikationsunternehmen<br />
für die Heranziehung im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Strafverfolgung ein neues Pauschalsystem<br />
mit höheren Entschädigungsbeträgen<br />
geschaffen.<br />
Durch das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses<br />
des Rates <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union zur Bekämpfung <strong>der</strong> sexuellen Ausbeutung<br />
von Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>pornographie haben<br />
wir die Maßnahmen gegen die sexuelle Ausbeutung<br />
von Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> gegen Kin<strong>der</strong>pornographie<br />
verstärkt. Mit dem Gesetz wollen<br />
wir auch das Abgleiten von Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen<br />
in die Prostitution verhin<strong>der</strong>n.<br />
Wenn ein Abgeordneter einem Mitarbeiter<br />
Unterlagen anvertraut, erstreckt sich <strong>der</strong><br />
Schutz vor Beschlagnahme nicht nur auf das<br />
Gebäude des B<strong>und</strong>estages selbst, son<strong>der</strong>n<br />
durch das Gesetz zur Erweiterung des Beschlagnahmeschutzes<br />
bei Abgeordneten jetzt auch zum<br />
Beispiel auf das Wahlkreisbüro, auf die Wohnung<br />
o<strong>der</strong> den Pkw des Mitarbeiters.<br />
Wir haben durch eine neue Regelung im<br />
Strafgesetzbuch (Strafzumessung bei Aufklärungs-<br />
<strong>und</strong> Präventionshilfe) eine neue „Kronzeugenregelung“<br />
eingeführt. Ziel dieser Regelung<br />
ist, Erkenntnisse in abgeschotteten Kri-<br />
201