Das Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei 2007 und 2008 - SPD
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möglichst ausführliche <strong>und</strong> aktuelle Informationen<br />
über EU-Vorhaben zu beschaffen <strong>und</strong><br />
das dafür notwendige Informationsnetzwerk,<br />
also Kontakte zu den Institutionen <strong>und</strong> Gremien<br />
<strong>der</strong> Europäischen Union, insbeson<strong>der</strong>e<br />
zum Europäischen Parlament, zur Ständigen<br />
Vertretung <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
bei <strong>der</strong> Europäischen Union <strong>und</strong> den Vertretungen<br />
<strong>der</strong> B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong> auszubauen. So kann<br />
zu einem möglichst frühen Zeitpunkt die europäische<br />
Gesetzgebung beobachtet <strong>und</strong> mitgestaltet<br />
werden.<br />
Im Dezember 2006 ist die EU-Dienstleistungsrichtlinie<br />
in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten<br />
müssen die Vorschriften nun bis zum<br />
28. Dezember 2009 in nationales Recht umsetzen.<br />
Durch eine frühzeitige Befassung mit<br />
dem Thema <strong>und</strong> durch zielgerichtete Verhandlungen<br />
ist es <strong>der</strong> <strong>SPD</strong>-B<strong>und</strong>estagsfraktion<br />
gemeinsam mit <strong>der</strong> SPE-Fraktion im Europäischen<br />
Parlament gelungen, den ursprünglichen<br />
Entwurf maßgeblich zu verän<strong>der</strong>n.<br />
Dies war ein wichtiger Etappensieg auf<br />
dem Weg zu einer sozial verträglichen Öffnung<br />
<strong>der</strong> europäischen Dienstleistungsmärkte.<br />
<strong>Das</strong> ursprünglich von <strong>der</strong> EU-Kommission<br />
geplante Herkunftslandprinzip ist nicht<br />
mehr in <strong>der</strong> Richtlinie enthalten. Mit dem<br />
jetzt verankerten Prinzip des freien Marktzugangs<br />
für Dienstleistungen wurde ein Rahmen<br />
geschaffen, <strong>der</strong> das notwendige Gleichgewicht<br />
zwischen einer im gemeinsamen Binnenmarkt<br />
notwendigen Marktöffnung <strong>und</strong><br />
<strong>der</strong> Sicherstellung angemessener Lohn-, Sozial-<br />
<strong>und</strong> Umweltstandards ermöglicht. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
wurde klargestellt, dass das Sozial<strong>und</strong><br />
Arbeitsrecht in den Mitgliedstaaten<br />
durch die Richtlinie nicht berührt wird. Der<br />
gef<strong>und</strong>ene Kompromiss ist das Ergebnis sozialdemokratischer<br />
Überzeugungsarbeit auf europäischer<br />
Ebene.<br />
In die Zeit <strong>der</strong> deutschen Ratspräsidentschaft<br />
im 1. Halbjahr <strong>2007</strong> fiel <strong>der</strong> 50. Jahrestag<br />
des Bestehens <strong>der</strong> so genannten „Römischen<br />
Verträge“. Am 25. März 1957 unterzeichneten<br />
sechs europäische Staaten, die B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland, Frankreich, Italien sowie<br />
Belgien, die Nie<strong>der</strong>lande <strong>und</strong> Luxemburg in<br />
Rom die Römischen Verträge. Dieses 50. Jubiläum<br />
hat <strong>der</strong> Deutsche B<strong>und</strong>estag im März<br />
<strong>2007</strong> mit einer Debatte begleitet. Aus Anlass<br />
des Jahrestages haben sich die Staats- <strong>und</strong> Regierungschefs<br />
<strong>der</strong> Europäischen Union <strong>und</strong><br />
die Präsidenten <strong>der</strong> Europäischen Kommission<br />
<strong>und</strong> des Europäischen Parlaments im<br />
März <strong>2007</strong> zu einem Festakt in Berlin getroffen.<br />
Dort haben sie die sog. „Berliner Erklärung“<br />
unterzeichnet. Diese Erklärung würdigt die<br />
historischen Leistungen <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union für Frieden <strong>und</strong> Demokratie. Darüber<br />
hinaus skizziert sie den Weg, wie sich Europa<br />
auf seine zentralen Herausfor<strong>der</strong>ungen vorbereiten<br />
will.<br />
BUNDESTAGSFRAKTION<br />
Die mit den Römischen Verträgen auf den<br />
Weg gebrachte Gemeinschaft ist inzwischen<br />
zu einer Union von 27 europäischen Staaten<br />
angewachsen. Im Oktober 2006 hat <strong>der</strong><br />
Deutsche B<strong>und</strong>estag den Vertrag für den Bei-<br />
tritt Bulgariens <strong>und</strong> Rumäniens zur Europäischen<br />
Union in Deutschland ratifiziert. Die beiden<br />
Staaten sind seit dem 1. Januar <strong>2007</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Europäischen Union. Die <strong>SPD</strong>-B<strong>und</strong>estagsfraktion<br />
hat diese Beitritte begleitet<br />
<strong>und</strong> unterstützt, dies auch durch einen fraktionsübergreifenden<br />
Antrag „EU-Beitritt Bulgariens<br />
<strong>und</strong> Rumäniens zum Erfolg führen“. Die Beitritte<br />
Bulgariens <strong>und</strong> Rumäniens waren sowohl<br />
im europäischen als auch im deutschen<br />
Interesse. Ein beson<strong>der</strong>es Anliegen <strong>der</strong> <strong>SPD</strong>-<br />
B<strong>und</strong>estagsfraktion ist nach wie vor die Heranführung<br />
<strong>der</strong> Türkei an die Europäische<br />
Union. Selbstverständlich müssen bei <strong>der</strong> Erweiterung<br />
die geltenden Beitrittskriterien eingehalten<br />
werden. Die Türkei kann eine wichtige<br />
Brücke zu islamischen Staaten sein.<br />
Im April <strong>2008</strong> haben wir das Gesetz zu dem<br />
Beschluss des Rates vom 7. Juni <strong>2007</strong> über das System<br />
<strong>der</strong> Eigenmittel <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften<br />
beschlossen. Der Artikel 269 des Vertrags<br />
zur Gründung <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft<br />
bestimmt, dass <strong>der</strong> Haushalt <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union vollständig aus Eigenmitteln<br />
finanziert wird. <strong>Das</strong> System <strong>der</strong> Eigenmittel,<br />
d.h. die Struktur <strong>der</strong> Finanzierung <strong>und</strong> die<br />
Verteilung <strong>der</strong> finanziellen Lasten zwischen<br />
den Mitgliedstaaten, legt <strong>der</strong> Rat <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union auf Vorschlag <strong>der</strong> Kommission<br />
fest. Während <strong>der</strong> deutschen EU-Ratspräsidentschaft<br />
ist es gelungen, die förmliche<br />
Verabschiedung des neuen Eigenmittelbeschlusses<br />
am 7. Juni <strong>2007</strong> zu erreichen. Er ersetzt<br />
den entsprechenden Beschluss vom 29.<br />
September 2000. Ziel ist es, die Lasten innerhalb<br />
<strong>der</strong> Europäischen Union gerechter zu<br />
verteilen. Kein Mitgliedstaat soll, gemessen<br />
an seinem relativen Wohlstand, überhöhte<br />
Haushaltsbelastungen schultern. Dazu werden<br />
spezielle Ausgleichsregelungen getroffen<br />
<strong>und</strong> die Korrektur zugunsten des Vereinigten<br />
Königreichs (sog. Britenrabatt) reduziert. Für<br />
Deutschland ergeben sich insgesamt geringere<br />
Eigenmittelabführungen von durchschnittlich<br />
knapp 1 Milliarde Euro pro Jahr.<br />
Die <strong>SPD</strong>-B<strong>und</strong>estagsfraktion hat ein Eckpunktepapier<br />
für eine kohärente Migrationspolitik<br />
in Deutschland <strong>und</strong> in Europa erarbeitet. Migration<br />
ist für unser Land eine alltägliche Realität.<br />
Eine mo<strong>der</strong>ne Migrationspolitik muss zwei<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen annehmen: Wir müssen<br />
Zuwan<strong>der</strong>ungsprozesse steuern <strong>und</strong> gestalten,<br />
ohne unsere humanitären Verpflichtungen im<br />
Rahmen des internationalen Flüchtlingsschutzes<br />
zu vernachlässigen. Und wir müssen<br />
die Integration <strong>der</strong> Migrantinnen <strong>und</strong> Migranten<br />
als eine wichtige Daueraufgabe <strong>der</strong> Politik<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft insgesamt begreifen.<br />
Wir benötigen eine kohärente Migrationspolitik.<br />
In einer europäischen Gemeinschaft<br />
ohne Binnengrenzen ist eine gemeinsame,<br />
aufeinan<strong>der</strong> abgestimmte europäische Zuwan<strong>der</strong>ungs-<br />
<strong>und</strong> Asylpolitik zwingend. Dabei<br />
gilt <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>satz: „Soviel einheitliche,<br />
vergemeinschaftete Politik wie möglich <strong>und</strong><br />
soviel nationale Beson<strong>der</strong>heiten wie nötig“.<br />
<strong>Das</strong> heißt, dass wir umfassende Konzepte<br />
brauchen, die die wirtschafts-, entwicklungs-,<br />
sozial- <strong>und</strong> sicherheitspolitische Erwägungen<br />
<strong>und</strong> verschiedene Zuwan<strong>der</strong>ungsgeschichten<br />
miteinan<strong>der</strong> verknüpfen. Die Entwicklung eines<br />
umfassenden Systems <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ungssteuerung<br />
ist für uns daher eine Aufgabe mit<br />
hoher politischer Priorität.<br />
Mit unserem Positionspapier „Europa 2020“<br />
haben wir unsere Strategie für Wohlstand <strong>und</strong><br />
Vollbeschäftigung in Europa vorgestellt.<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft zukunftsfähig gestalten,<br />
das ist das Ziel. Diese Strategie soll die<br />
Lissabon-Strategie für Wachstum <strong>und</strong> Beschäftigung<br />
aus dem Jahre 2000 ablösen, die<br />
im Jahr 2010 ausläuft. Es geht darum, den<br />
Kurs Europas <strong>und</strong> seiner Mitgliedstaaten für<br />
die kommenden zehn Jahre zu bestimmen.<br />
Die EU braucht eine wirksame Strategie, die<br />
nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung,<br />
Wohlstand, sozialen Schutz <strong>und</strong> Beschäftigung<br />
dauerhaft sichert <strong>und</strong> mit dem Schutz<br />
natürlicher Ressourcen verbindet. Umsetzen<br />
wollen wir die Strategie in enger Zusammenarbeit<br />
mit den Wirtschafts- <strong>und</strong> Sozialpartnern.<br />
Eine zentrale Rolle spielen dabei die nationalen<br />
Parlamente, die einen wichtigen Beitrag<br />
leisten können, um die gemeinsamen<br />
Ziele zu erreichen. Trotz Wirtschafts- <strong>und</strong> Finanzkrise<br />
setzen wir weiter auf Wohlstand<br />
<strong>und</strong> Vollbeschäftigung in Europa.<br />
In Einklang mit den Beschlüssen des Europäischen<br />
Rates vom Dezember 2005 hat die<br />
EU-Kommission im Oktober <strong>2007</strong> mit einem<br />
Grünbuch zur Haushaltsrevision eine Diskussion<br />
über die zukünftige Struktur des EU-Finanzrahmens<br />
angestoßen. Zu diesem Konsultationsverfahren<br />
hat die <strong>SPD</strong>-B<strong>und</strong>estagsfraktion<br />
mit einem Positionspapier zur Zukunft des<br />
EU-Finanzrahmens Stellung bezogen. Unsere wesentlichen<br />
For<strong>der</strong>ungen sind dabei u.a. eine<br />
Vereinfachung <strong>der</strong> Einnahmestruktur durch<br />
die Abschaffung des Mehrwertsteuer-Anteils<br />
<strong>und</strong> die Fokussierung auf den BNE-basierten<br />
Beitrag zum Haushalt, die Abschaffung des<br />
Briten-Rabatts zugunsten eines allgemeinen<br />
Ausgleichsmechanismus zur Vermeidung<br />
übermäßiger Ungleichgewichte bei den Nettosalden,<br />
die Umstrukturierung <strong>der</strong> Ausgaben<br />
zugunsten von Maßnahmen, die sich an <strong>der</strong><br />
Lissabon-Strategie orientieren sowie <strong>der</strong> Abbau<br />
<strong>der</strong> Ausgaben für die Subventionierung<br />
von Produktion in <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />
Die Gemeinsame Agrarpolitik soll zukünftig<br />
vor allem die Entwicklung <strong>der</strong> ländlichen<br />
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