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Das Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei 2007 und 2008 - SPD

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Präsidium, 3. Dezember <strong>2007</strong><br />

Vorsorgeuntersuchungen<br />

für alle Kin<strong>der</strong>!<br />

290<br />

BESCHLÜSSE & ERKLÄRUNGEN<br />

PRÄSIDIUM – PARTEIVORSTAND – PARTEIRAT – SPE – SI<br />

Den meisten Kin<strong>der</strong>n in Deutschland geht es gut. Ihre Mütter <strong>und</strong><br />

Väter wollen das Beste für ihre Zukunft <strong>und</strong> nehmen ihre Verantwortung<br />

sehr ernst. Doch zunehmend gibt es Eltern, die verunsichert sind<br />

<strong>und</strong> sich von ihrem Erziehungsauftrag überfor<strong>der</strong>t fühlen. Im<br />

schlimmsten Falle führt dies zu Kindesvernachlässigung <strong>und</strong> -misshandlung.<br />

Wir wollen zusammen mit B<strong>und</strong>, Län<strong>der</strong>n <strong>und</strong> Kommunen ein<br />

Gesamtkonzept entwickeln, das die Verzahnung von Prävention, Jugend-<br />

<strong>und</strong> Familienhilfe, öffentlichem Ges<strong>und</strong>heitsdienst, Krankenkassen<br />

<strong>und</strong> privaten Krankenversicherungen, Anbietern von Ges<strong>und</strong>heitsleistungen<br />

<strong>und</strong> schulischen <strong>und</strong> vorschulischen Einrichtungen<br />

ebenso beinhaltet wie eine „Kultur des Hinsehens“, damit Vernachlässigungen<br />

von Kin<strong>der</strong>n frühzeitig erkannt werden.<br />

Jedes Kind hat das Recht auf ges<strong>und</strong>es Aufwachsen. Die Gr<strong>und</strong>lagen<br />

für die weitere Entwicklung werden in den ersten Lebensjahren gelegt.<br />

Deshalb benötigen Kin<strong>der</strong> von Beginn an eine umfassende ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Versorgung <strong>und</strong> Vorsorge.<br />

Die meisten Eltern nehmen die Vorsorgeangebote für ihre Kin<strong>der</strong><br />

in Anspruch. Entwicklungsverzögerungen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Störungen<br />

können so frühzeitig entdeckt <strong>und</strong> ausgeglichen werden. Allerdings<br />

sinken die Teilnahmezahlen mit dem Alter <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, häufig bei<br />

sozial benachteiligten Familien. <strong>Das</strong> Versäumen von Vorsorgeangeboten<br />

ist meist auf Nachlässigkeit zurückzuführen, kann jedoch im Einzelfall<br />

auch ein Anzeichen für Vernachlässigung o<strong>der</strong> gar Misshandlung<br />

sein.<br />

Wir wollen, dass alle Kin<strong>der</strong> an den Vorsorgeuntersuchungen teilnehmen.<br />

Dies soll ein wichtiger Baustein innerhalb eines umfassenden<br />

Schutzkonzepts für Kin<strong>der</strong> sein. Dazu ist in den Län<strong>der</strong>n ein flächendeckendes<br />

System aus Einladeverfahren, Rückmeldemechanismen <strong>und</strong><br />

aufsuchen<strong>der</strong> Sozialarbeit durch den öffentlichen Ges<strong>und</strong>heitsdienst<br />

o<strong>der</strong> das Jugendamt zu schaffen. Darüber hinaus müssen die Qualität<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Rhythmus <strong>der</strong> Vorsorgeuntersuchungen überprüft <strong>und</strong> die<br />

Datenübermittlung zwischen Ges<strong>und</strong>heits-, Jugend- <strong>und</strong> Sozialämtern<br />

verbessert werden.<br />

Verbindliche Vorsorgeuntersuchungen sind ein wichtiger Baustein<br />

in einem Gesamtkonzept. Denn auch die Eltern, <strong>der</strong>en Lebenssituation<br />

durch vielfältige Risiken <strong>und</strong> hohe Belastungen gekennzeichnet ist,<br />

müssen möglichst schon vor <strong>der</strong> Geburt ihres Kindes bedarfsgerecht<br />

unterstützt <strong>und</strong> in ihrer Erziehungskompetenz gestärkt <strong>und</strong> begleitet<br />

werden.<br />

Die jüngsten tragischen Fälle von Kindesvernachlässigung zeigen,<br />

dass es immer wie<strong>der</strong> Probleme bei <strong>der</strong> Umsetzung von Maßnahmen<br />

in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendhilfe gibt. Um dem wachsenden Aufgabenfeld<br />

gerecht zu werden, müssen Jugendämter personell <strong>und</strong> finanziell<br />

entsprechend ausgestattet sein.<br />

Für Kin<strong>der</strong>, die in ihren Familien keine ausreichende Unterstützung<br />

bekommen o<strong>der</strong> sogar Gewalt erfahren, haben Staat <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

eine beson<strong>der</strong>e Verantwortung. Elternrecht ist ein hohes Gut. Es<br />

findet aber seine Grenzen, wo das Kindesrecht verletzt wird. Wir wollen<br />

die Rechte von Kin<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Verfassung verankern. Ein wirksamer<br />

Schutz von Kin<strong>der</strong>n muss notfalls auch gegen die eigenen Eltern<br />

durchgesetzt werden können.<br />

Wir wollen, dass alle Kin<strong>der</strong> unabhängig von ihrer sozialen Herkunft<br />

gleiche Startchancen haben <strong>und</strong> ges<strong>und</strong> aufwachsen können.<br />

Präsidium, 10. Dezember <strong>2007</strong><br />

Erklärung<br />

zum Tag <strong>der</strong> Menschenrechte<br />

Der 10. Dezember, <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> Menschenrechte, ist ein wichtiger Tag<br />

des Gedenkens <strong>und</strong> <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung.<br />

Die universellen Menschenrechte wurden am 10. Dezember 1948<br />

in <strong>der</strong> Allgemeinen Erklärung <strong>der</strong> Menschenrechte nie<strong>der</strong>gelegt <strong>und</strong><br />

haben als verpflichtende Rechtsnormen Eingang in eine Vielzahl von<br />

völkerrechtlichen Verträgen <strong>und</strong> nationalen Verfassungen gef<strong>und</strong>en.<br />

Heute sind die Menschenrechte unverzichtbare Elemente unserer nationalen<br />

<strong>und</strong> globalen Werteordnung.<br />

Der Kampf um die Rechte <strong>der</strong> Menschen ist auch heute eine Aufgabe,<br />

die sich jeden Tag wie<strong>der</strong> neu stellt – international wie national.<br />

Gerade die Schwächsten <strong>und</strong> Verletzlichsten unserer Gesellschaft brauchen<br />

unser Engagement, insbeson<strong>der</strong>e auch Kin<strong>der</strong>, denn „Recht ist<br />

Schutz <strong>der</strong> Schwachen“(Gustav Radbruch).<br />

Deshalb wollen wir die Rechte <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Verfassung deutlicher<br />

verankern: Kin<strong>der</strong> haben eigene Rechte, das wichtige Elternrecht<br />

muss seine Grenzen dort finden, wo Kin<strong>der</strong>rechte bedroht o<strong>der</strong> verletzt<br />

werden. Dann müssen Staat <strong>und</strong> Gesellschaft als Wächter eingreifen.<br />

Auch <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s schutzbedürftigen Gruppe <strong>der</strong> Menschen, die<br />

bei uns Zuflucht o<strong>der</strong> Zukunft suchen, ist unsere Menschenrechtspolitik<br />

verpflichtet: Auch Menschen ohne Papiere brauchen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

Zugang zu Ges<strong>und</strong>heitsversorgung, Bildung <strong>und</strong> Schutz vor Ausbeutung.<br />

Wer diesen Menschen in ihrer Not hilft, darf nicht vom Strafrecht<br />

bedroht sein.<br />

In Europa müssen die Menschenrechte Maßstab für die Politik <strong>und</strong><br />

die Institutionen sein. <strong>Das</strong> gilt nicht nur innerhalb <strong>der</strong> EU, son<strong>der</strong>n<br />

auch für Maßnahmen für die Wirtschafts- <strong>und</strong> Flüchtlingspolitik sowie<br />

für zivile <strong>und</strong> militärische Missionen in außereuropäischen Regionen.<br />

Wir wollen den Beitritt <strong>der</strong> EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention<br />

des Europarates. Dies wird den Europäischen Gerichtshof<br />

für Menschenrechte in Straßburg (EGMR), das Kronjuwel des Menschenrechtsschutzsystems<br />

in Europa, stärken. Wir erinnern alle Mitgliedsstaaten<br />

an die beson<strong>der</strong>e Bedeutung des nationalen gerichtlichen<br />

Menschenrechtsschutzes <strong>und</strong> unterstützen die Reform des EGMR, um<br />

seine Arbeit noch wirksamer zu machen. Dazu gehört auch, dass alle<br />

Mitgliedsstaaten die Urteile des EGMR zügig <strong>und</strong> konsequent umsetzen.<br />

Die <strong>SPD</strong> unterstützt alle Initiativen zur Abschaffung <strong>der</strong> Todesstrafe,<br />

die ja in hohem Maße von EU <strong>und</strong> Europarat ausgehen. Es ist ein<br />

großer Erfolg gerade auch <strong>der</strong> deutschen EU-Ratspräsidentschaft, dass<br />

die UN erstmalig einer Resolution zur Aussetzung <strong>der</strong> Todesstrafe zugestimmt<br />

hat – <strong>und</strong> das mit deutlicher Mehrheit. <strong>Das</strong> wird den weltweiten<br />

Bemühungen zur Schaffung eines vernünftigen, wirksamen<br />

<strong>und</strong> menschlichen Strafrechtssystems ohne die Todesstrafe weiteren<br />

Auftrieb geben.<br />

Die Menschenrechte müssen auch bei <strong>der</strong> Bekämpfung des Terrorismus<br />

wichtiger Maßstab sein <strong>und</strong> bleiben. Gerade weil wir Terrorismus<br />

verurteilen <strong>und</strong> bekämpfen, betonen wir die Bedeutung <strong>und</strong> die<br />

Notwendigkeit <strong>der</strong> Achtung <strong>der</strong> Menschenrechte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Rechtsstaatlichkeit.<br />

Nur so sind dauerhafte Erfolge erreichbar. Verantwortungslosen<br />

Behauptungen, <strong>der</strong> Krieg gegen den Terror verlange die Relativierung<br />

von Menschenrechten <strong>und</strong> Menschenwürde, insbeson<strong>der</strong>e im<br />

Zusammenhang mit dem absolut geltenden Folterverbot o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Schaffung eines beson<strong>der</strong>en „Feindstrafrechts“, wi<strong>der</strong>sprechen wir kategorisch.<br />

Freiheit, Rechtsstaat, Menschenrechte <strong>und</strong> Sicherheit dürfen<br />

nicht gegeneinan<strong>der</strong> ausgespielt werden.

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