Das Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei 2007 und 2008 - SPD
Das Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei 2007 und 2008 - SPD
Das Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei 2007 und 2008 - SPD
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
im Rahmen <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform die<br />
Möglichkeit eröffnet, dem BKA operative<br />
Kompetenzen zur Abwehr des internationalen<br />
Terrorismus einzuräumen. <strong>Das</strong> BKAG erfüllt<br />
diesen gr<strong>und</strong>gesetzlichen Auftrag. Die<br />
nun beschlossenen Instrumente zur Gefahrenabwehr<br />
orientieren sich weitgehend an bestehenden<br />
Regelungsvorbil<strong>der</strong>n aus dem<br />
B<strong>und</strong>espolizeigesetz <strong>und</strong> den Polizeigesetzen<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>. Neu ist im Wesentlichen nur das<br />
Instrument <strong>der</strong> Online-Durchsuchung. In genauer<br />
Befolgung <strong>der</strong> Vorgaben des B<strong>und</strong>esverfassungsgerichts<br />
haben wir auch hier eine<br />
Lösung erarbeitet, die ein ausgewogenes Verhältnis<br />
von Freiheit <strong>und</strong> Sicherheit aufweist<br />
<strong>und</strong> den verfassungsrechtlich gebotenen Datenschutz<br />
gewährleistet.<br />
Ziel des Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung des Artikel 10-<br />
Gesetzes über Beschränkungen beim Brief-, Post<strong>und</strong><br />
Fernmeldegeheimnis (G-10-Gesetz) ist die<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Arbeitsmöglichkeiten unserer<br />
Nachrichtendienste in einzelnen Bereichen.<br />
So ist es jetzt möglich, Telefone an Bord<br />
deutscher Schiffe zur Bekämpfung <strong>der</strong> Proliferation<br />
(Verbreitung von Massenvernichtungswaffen)<br />
<strong>und</strong> des internationalen Waffenhandels<br />
zu überwachen. Wir haben für die<br />
gezielte Suche nach Mobiltelefonen (z.B. bei<br />
Entführungsfällen) eine Rechtsgr<strong>und</strong>lage geschaffen.<br />
Die für Min<strong>der</strong>jährige geltende Altersgrenze<br />
für die Speicherung <strong>und</strong> Weitergabe<br />
von Informationen (16 Jahre) kann jetzt<br />
ausnahmsweise unterschritten werden. <strong>Das</strong><br />
gilt aber nur, wenn tatsächliche Anhaltspunkte<br />
dafür bestehen, dass eine erhebliche Gefahr<br />
für Leib o<strong>der</strong> Leben von dem Min<strong>der</strong>jährigen<br />
ausgehen könnte. Außerdem haben wir die<br />
Auswertung von Erkenntnissen aus <strong>der</strong> Telekommunikationsüberwachung<br />
optimiert (automatisierter<br />
Abgleich) <strong>und</strong> die Zusammenarbeit<br />
von B<strong>und</strong>eswehr <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esnachrichtendienst<br />
bei Auslandseinsätzen verbessert.<br />
Wir haben den Schutz des Kernbereichs privater<br />
Lebensgestaltung in das Gesetz aufgenommen,<br />
die Datenweitergabe klar geregelt<br />
<strong>und</strong> den Datenschutz verbessert.<br />
Im Visa-Informationssystem (VIS) werden<br />
Daten zu beantragten Visa sowie Daten zu erteilten,<br />
abgelehnten <strong>und</strong> wi<strong>der</strong>rufenen Visa<br />
zentral durch die zuständigen Behörden (insbeson<strong>der</strong>e<br />
Visum-, Grenz- <strong>und</strong> Einwan<strong>der</strong>ungsbehörden)<br />
gespeichert. So können unter<br />
an<strong>der</strong>em Visum-Mehrfachanträge einer Person<br />
bei mehreren Mitgliedstaaten (sog. „Visa-<br />
Shopping“) verhin<strong>der</strong>t <strong>und</strong> Identitätstäuschungen<br />
aufgedeckt werden. Mit dem Gesetz<br />
über den Zugang von Polizei- <strong>und</strong> Strafverfolgungsbehörden<br />
sowie Nachrichtendiensten zum Visa-Informationssystem<br />
haben wir neue Recherchemöglichkeiten<br />
für die Sicherheitsbehörden im<br />
VIS geschaffen. Polizei, Strafverfolgungsbehörden<br />
sowie Nachrichtendienste haben<br />
künftig die Möglichkeit, zum Zwecke <strong>der</strong><br />
BUNDESTAGSFRAKTION<br />
Verhütung, Aufdeckung <strong>und</strong> Ermittlung von<br />
terroristischen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en schwerwiegenden<br />
Straftaten Abfragen über das VIS zu tätigen.<br />
Mit dem Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des Zivilschutzgesetzes<br />
wird <strong>der</strong> Bevölkerungsschutz in<br />
Deutschland auf eine neue rechtliche Basis<br />
gestellt. Im Einzelnen werden die Einrichtungen<br />
<strong>und</strong> Vorhaltungen des B<strong>und</strong>es den Län<strong>der</strong>n<br />
auch bei Naturkatastrophen <strong>und</strong> beson<strong>der</strong>s<br />
schweren Unglücksfällen zur Verfügung<br />
gestellt. Nach dem zwischen B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Län<strong>der</strong>n<br />
im Sommer <strong>2007</strong> vereinbarten neuen<br />
Ausstattungskonzept für den Zivilschutz werden<br />
die ergänzende Ausstattung des B<strong>und</strong>es<br />
sowie ihre Verfügbarkeit für die Katastrophenschutzvorsorge<br />
<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> auf eine einfachgesetzliche<br />
Gr<strong>und</strong>lage gestellt. Der Gesetzentwurf<br />
stellt außerdem die Aus- <strong>und</strong><br />
Fortbildungsmaßnahmen des B<strong>und</strong>es (Akademie<br />
für Krisenmanagement, Notfallplanung<br />
<strong>und</strong> Zivilschutz des B<strong>und</strong>esamtes für<br />
Bevölkerungsschutz <strong>und</strong> Katastrophenhilfe –<br />
AKNZ) auf eine mo<strong>der</strong>ne Gr<strong>und</strong>lage <strong>und</strong><br />
sichert auch die Län<strong>der</strong> übergreifende Krisenmanagement-Übungsserie<br />
LÜKEX ab. Eingeführt<br />
wurde ferner die Möglichkeit zentraler<br />
Koordinierungsmaßnahmen des B<strong>und</strong>es,<br />
allerdings nur auf Ersuchen <strong>und</strong> im Einvernehmen<br />
mit den Län<strong>der</strong>n, sowie eine beratende<br />
Funktion des B<strong>und</strong>es beim Schutz kritischer<br />
Infrastrukturen.<br />
Deutschland ist ein Einwan<strong>der</strong>ungsland.<br />
Einwan<strong>der</strong>ung verlangt Integration. Integration<br />
bedeutet für uns die Einglie<strong>der</strong>ung von Zuwan<strong>der</strong>ern<br />
in unsere Gesellschaft unter rechtlichen,<br />
ökonomischen, sozialen <strong>und</strong> politischen<br />
Gesichtspunkten.<br />
Mit dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts<strong>und</strong><br />
asylrechtlicher Richtlinien <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union sind wir im August <strong>2007</strong> <strong>der</strong> Verpflichtung<br />
nachgekommen, insgesamt elf europäische<br />
Richtlinien in deutsches Recht umzusetzen.<br />
Die Umsetzung hatte zur Folge, dass wir<br />
alle maßgeblichen auslän<strong>der</strong>rechtlichen Gesetze<br />
überarbeitet haben. Eine <strong>der</strong> Richtlinien,<br />
die wir umgesetzt haben, betrifft die Familienzusammenführung.<br />
Danach sollen in<br />
<strong>der</strong> Regel aus dem Ausland nachziehende –<br />
mindestens 18 Jahre alt – Ehegatten vor <strong>der</strong><br />
Einreise nach Deutschland einfache Deutschkenntnisse<br />
erworben haben.<br />
Unabhängig von <strong>der</strong> Richtlinienumsetzung<br />
haben wir im Staatsangehörigkeitsrecht<br />
für eine Einbürgerung Kenntnisse in <strong>der</strong><br />
deutschen Rechts- <strong>und</strong> Gesellschaftsordnung<br />
eingeführt. Zur Vorbereitung wurden Einbürgerungskurse<br />
eingerichtet. Ein wichtiger<br />
Punkt war für uns auch die Einführung einer<br />
b<strong>und</strong>esgesetzlichen Bleiberechtsregelung für<br />
geduldete Auslän<strong>der</strong>.<br />
Mit dem Gesetz zur arbeitsmarktadäquaten<br />
Steuerung <strong>der</strong> Zuwan<strong>der</strong>ung Hochqualifizierter <strong>und</strong><br />
zur Än<strong>der</strong>ung weiterer aufenthaltsrechtlicher Regelungen<br />
(Arbeitsmigrationssteuerungsgesetz) haben<br />
wir das vom B<strong>und</strong>eskabinett im Juli <strong>2008</strong><br />
beschlossene „Aktionsprogramm <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung<br />
– Beitrag <strong>der</strong> Arbeitsmigration zur<br />
Sicherung <strong>der</strong> Fachkräftebasis in Deutschland“<br />
umgesetzt. Im Ergebnis geht es darum,<br />
Deutschlands Position im internationalen<br />
Wettbewerb um hochqualifizierte Fachkräfte<br />
zu stärken. Dafür sind zwei wesentliche Än<strong>der</strong>ungen<br />
im Aufenthaltsgesetz vorgesehen.<br />
Erstens die Senkung <strong>der</strong> Mindesteinkommensgrenze<br />
für die Erteilung einer Nie<strong>der</strong>lassungserlaubnis<br />
für Hochqualifizierte von<br />
86.400 Euro auf 63.300 Euro. Zweitens wurde<br />
zur besseren Nutzung inländischer Potenziale<br />
ein neuer Aufenthaltstitel eingeführt, <strong>der</strong><br />
Geduldeten unter bestimmten Voraussetzungen<br />
einen sicheren Aufenthalt verschafft.<br />
Darüber hinaus beinhaltet das Gesetz eine<br />
nicht im Aktionsprogramm vorgesehene Än<strong>der</strong>ung<br />
des Aufenthaltsgesetzes: Schon jetzt<br />
können Län<strong>der</strong> eine eigene Härtefallkommission<br />
einsetzen, aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong>en Ersuchen die<br />
obersten Landesbehörden dem Auslän<strong>der</strong><br />
bzw. <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>in einen Aufenthaltstitel<br />
jenseits <strong>der</strong> übrigen im Gesetz normierten<br />
Voraussetzungen erteilen können. Diese Regelung<br />
hat sich bewährt, sodass die im Zuwan<strong>der</strong>ungsgesetz<br />
vorgesehene Befristung<br />
aufgehoben wurde.<br />
<strong>Das</strong> Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des Staatsangehörigkeitsrechts<br />
setzt die Vorgaben, die das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />
(BVerfG) <strong>und</strong> das B<strong>und</strong>esverwaltungsgericht<br />
(BVerwG) bezüglich <strong>der</strong><br />
Rücknahme rechtswidriger, insbeson<strong>der</strong>e<br />
durch Täuschung erschlichener Einbürgerungen<br />
gemacht haben, um.<br />
Mit <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung des B<strong>und</strong>esdatenschutzgesetzes<br />
haben wir mehr Rechtssicherheit <strong>und</strong><br />
mehr Transparenz für die Verbraucherinnen<br />
<strong>und</strong> Verbraucher erzielt. Die Überprüfung<br />
<strong>der</strong> Kreditwürdigkeit von Personen anhand<br />
des mathematisch-statistischen sog. „Scorings“<br />
ist statthaft, das Verfahren muss jedoch hinreichend<br />
transparent sein <strong>und</strong> erläutert werden.<br />
Wir haben die Voraussetzungen für die<br />
Durchführung des „Scorings“ gesetzlich eindeutig<br />
festgelegt.<br />
Nach den in jüngerer Zeit bekannt gewordenen<br />
Fällen von missbräuchlichem Handel<br />
mit personenbezogenen Daten verfolgen wir<br />
mit dem Gesetz zur Regelung des Datenschutzaudits<br />
<strong>und</strong> zur Än<strong>der</strong>ung datenschutzrechtlicher Vorschriften<br />
eine weitere Verbesserung des Datenschutzes.<br />
Dazu gehören beispielsweise die<br />
Einführung eines beson<strong>der</strong>en Kündigungsschutzes<br />
für die betrieblichen Datenschutzbeauftragten<br />
<strong>und</strong> eine deutlich erweiterte Eingriffsbefugnis<br />
<strong>der</strong> Datenschutzbehörden. Die<br />
Hinweis- <strong>und</strong> Informationspflichten z.B. bei<br />
festgestelltem Missbrauch werden ausgebaut.<br />
Die Dokumentationspflichten, z.B. bei <strong>der</strong><br />
205