Die Evangelien nach Markus und Lukas - Offenbarung.ch
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<strong>Markus</strong> 8,11—15 69<br />
Heiligkeit mit "Wort <strong>und</strong> Beispiel dem Volk einprägten, übte auf das Volk<br />
einen übermä<strong>ch</strong>tigen Einfluß aus, wie der Sauerteig unwiderstehli<strong>ch</strong> den ganzen<br />
Teig erfaßt <strong>und</strong> ihm seinen Ges<strong>ch</strong>mack verleiht. Mit der Warnung vor<br />
diesem Sauerteig zeigte Jesus den Jüngern eine Gefahr, die sie beständig verfolgte,<br />
weil ihnen pharisäis<strong>ch</strong>e Gedanken <strong>und</strong> pharisäis<strong>ch</strong>e Heiligkeit immer<br />
nahelagen als das Selbstverständli<strong>ch</strong>e, was au<strong>ch</strong> sie beherrs<strong>ch</strong>en wollte, wie es<br />
jedermann beherrs<strong>ch</strong>te. Si<strong>ch</strong> dieses Sauerteigs zu erwehren, bildete für sie ihr<br />
Leben lang au<strong>ch</strong> bei ihrem Apostelwerk eine große Aufgabe, <strong>und</strong> die Mahnung<br />
Jesu, die ihre ernste A<strong>ch</strong>tsamkeit auf diese ri<strong>ch</strong>tet, war deshalb eine große<br />
Wohltat für sie. Weniger deutli<strong>ch</strong> ist, weshalb <strong>Markus</strong> au<strong>ch</strong> vom Sauerteig<br />
des Herodes spri<strong>ch</strong>t. Matthäus stellte die Sadduzäer neben die Pharisäer <strong>und</strong><br />
faßt damit alles zusammen, was si<strong>ch</strong> damals in Israel als fromm <strong>und</strong> heilig<br />
gab. <strong>Die</strong> Lehr- <strong>und</strong> Lebensform der Sadduzäer unters<strong>ch</strong>ied si<strong>ch</strong> vom pharisäis<strong>ch</strong>en<br />
Wandel ni<strong>ch</strong>t wesentli<strong>ch</strong>, wenn Jesu Weg dabei als Maßstab dient.<br />
Bei beiden fand si<strong>ch</strong> derselbe S<strong>ch</strong>aden: der Mens<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>te si<strong>ch</strong> selber groß, hob<br />
si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> über Gott ho<strong>ch</strong> hinauf <strong>und</strong> zierte seine böse Art mit frommem<br />
S<strong>ch</strong>muck. Der Unters<strong>ch</strong>ied <strong>und</strong> Streit zwis<strong>ch</strong>en beiden entstand besonders daraus,<br />
daß si<strong>ch</strong> die Pharisäer herber <strong>und</strong> strenger gegen die grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Welt abs<strong>ch</strong>lössen,<br />
während der Sadduzäer si<strong>ch</strong> den Genuß <strong>und</strong> Gebrau<strong>ch</strong> der Welt<br />
gönnte, grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Wissens<strong>ch</strong>aft pflegte <strong>und</strong> grie<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Lebenskunst mitma<strong>ch</strong>te,<br />
freili<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t so, daß er deshalb auf Israels Vorzug, die Heiligkeit<br />
seines Priestertums <strong>und</strong> den besonderen Gottesdienst des erwählten Volkes<br />
verzi<strong>ch</strong>tet hätte, vielmehr so, daß er beides miteinander verb<strong>und</strong>en hat. An<br />
dieses Gemis<strong>ch</strong> von Frömmigkeit <strong>und</strong> Weltgenuß, von jüdis<strong>ch</strong>em Bekenntnis<br />
zu Gott <strong>und</strong> heidnis<strong>ch</strong>er Verleugnung aller Fur<strong>ch</strong>t Gottes, die si<strong>ch</strong> alles erlaubt<br />
<strong>und</strong> mit unersättli<strong>ch</strong>er Lust in die Welt hinauss<strong>ch</strong>weift, dabei aber stets<br />
die Figur <strong>und</strong> Manier eines geheiligten Lebens beibehält, wird <strong>Markus</strong> denken,<br />
wenn er hier statt der Sadduzäer Herodes nennt. Wie es die vornehmen Priester<br />
Jerusalems trieben, wie sie die Kunst ausbildeten, heilig <strong>und</strong> gottlos zuglei<strong>ch</strong><br />
zu sein, war der Christenheit unbekannt. Dagegen war Herodes ein<br />
deutli<strong>ch</strong>eres, öffentli<strong>ch</strong>eres Beispiel für das, was si<strong>ch</strong> in der Judens<strong>ch</strong>aft zwar<br />
dem Pharisäismus feindselig widersetzte <strong>und</strong> do<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t weniger verdorben<br />
als dieser war. Ob wir dabei an den ersten Herodes, den König von ganz<br />
Judäa, denken oder an seinen Sohn, den wir soeben beim Tode des Täufers<br />
kennenlernten, ma<strong>ch</strong>t keinen inneren Unters<strong>ch</strong>ied. Bei beiden zeigte si<strong>ch</strong> dieses<br />
Gemenge von Juden- <strong>und</strong> Heidentum, von Laster <strong>und</strong> Gottesdienst, von abergläubis<strong>ch</strong>er<br />
S<strong>ch</strong>eu vor Gott <strong>und</strong> wilder Begier, die jeden Zügel von si<strong>ch</strong> warf,<br />
in öffentli<strong>ch</strong>er Deutli<strong>ch</strong>keit. Das war zwar ni<strong>ch</strong>t pharisäis<strong>ch</strong>, deshalb aber dem