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Der integrale Ansatz nach Ken Wilber und seine ... - Michaelegli.ch

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Diplomarbeit Margit Geilenbrügge: <strong>Der</strong> <strong>integrale</strong> <strong>Ansatz</strong> <strong>na<strong>ch</strong></strong> <strong>Ken</strong> <strong>Wilber</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong> Umsetzung... Seite 30<br />

pulsive Entladungen der biologis<strong>ch</strong>en Triebe aufs<strong>ch</strong>iebt <strong>und</strong> auf diese Weise <strong>seine</strong><br />

Auss<strong>ch</strong>eidungen beherrs<strong>ch</strong>en lernt. (Feni<strong>ch</strong>el 1974: 66 z. n. AP: 47). Diese frühe<br />

Form des Denkens <strong>und</strong> der Weltsi<strong>ch</strong>t, die an Drehpunkt 3 beginnt, nennt Piaget "magis<strong>ch</strong>":<br />

Bilder <strong>und</strong> Symbole stehen no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t stellvertretend für Gegenstände oder<br />

Personen, sondern vers<strong>ch</strong>melzen mit ihnen. (Flavell: 139f z. n. EKL: 270) Die moralis<strong>ch</strong>e<br />

Orientierung des Kindes ist "egozentris<strong>ch</strong>" oder präkonventionell; es nimmt<br />

die Welt auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> aus <strong>seine</strong>r eigenen Perspektive wahr. Drehpunkt 4 erstreckt<br />

si<strong>ch</strong> über die ganze Konop-Phase (etwa vom 8. bis 11. Lebensjahr). Wenn die Konop-Ebene<br />

emergiert, werden die präoperationalen Strukturen (Bilder, Symbole, Begriffe)<br />

in die neue Bewußtseinsstruktur aufgenommen, hinzugefügt wird die neue<br />

geistige Fähigkeit, mentale Regeln (Multiplikation, Klasseninklusion oder Hierar<strong>ch</strong>isierung<br />

etc.) zu verstehen. (Regeln gehen in ihrer Abstraktion no<strong>ch</strong> ein S<strong>ch</strong>ritt weiter<br />

als Begriffe, sie operieren mit Klassen oder Kategorien.)<br />

Damit ist die Voraussetzung dafür ges<strong>ch</strong>affen, die eigene Perspektive zu verlassen,<br />

si<strong>ch</strong> in andere hineinzuversetzen <strong>und</strong> ihre Perspektive innerli<strong>ch</strong> zu rekonstruieren<br />

(Piaget/Inhelder: "Drei-Berge-Aufgabe") Damit kündigt si<strong>ch</strong> ein radikaler Wandel in<br />

der Si<strong>ch</strong>tweise an: Das Selbst ist ni<strong>ch</strong>t mehr vorwiegend egozentris<strong>ch</strong>, sondern soziozentris<strong>ch</strong>,<br />

weniger auf Körperidentität als vielmehr auf Rollenidentität ausgeri<strong>ch</strong>tet.<br />

Das Kind beginnt zu verstehen, daß es ein "soziales" Selbst ist, es lernt <strong>seine</strong> Rolle<br />

unter anderen Rollen. Damit hat das Kind zum ersten Mal <strong>seine</strong> (egozentris<strong>ch</strong>e)<br />

Selbstbezogenheit transzendiert. Die Transzendenz des Regel/Rollen-Selbst an<br />

Drehpunkt 4 bedeutet größere Innerli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> eine erweiterte geistige Mögli<strong>ch</strong>keiten,<br />

die jetzt au<strong>ch</strong> zu der geistigen Welt anderer Zugang vers<strong>ch</strong>afft. . <strong>Wilber</strong> nennt<br />

das Selbst der Konop-Stufe das "Regel/Rolle-Selbst". (EKL: 279-283)<br />

Mit dem Hineinwa<strong>ch</strong>sen in die Spra<strong>ch</strong>e, ihrer Grammatik <strong>und</strong> Semantik, wird dem<br />

Kind glei<strong>ch</strong>zeitig eine bestimmte Si<strong>ch</strong>t der Wirkli<strong>ch</strong>keit vermittelt. Es lernt, <strong>seine</strong>n<br />

Wahrnehmungsfluß so umzuformen, daß <strong>seine</strong> Wahrnehmung in die Bes<strong>ch</strong>reibung<br />

der Welt paßt, die in <strong>seine</strong>r Gruppe gültig ist. Auf diese Weise festigt es sein Gruppenzugehörigkeits-Bewußtsein<br />

<strong>und</strong> verinnerli<strong>ch</strong>t die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Normen. 44<br />

(Whorf 1963, z. n. AP: 45) Solange das Bewußtsein des Kindes völlig mit der Soziosphäre<br />

vers<strong>ch</strong>molzen bleibt, ist <strong>seine</strong> Weltsi<strong>ch</strong>t, <strong>seine</strong> "kognitive Landkarte" mythis<strong>ch</strong>,<br />

das Kind ist mit den Dogmen <strong>und</strong> Konventionen der Gesells<strong>ch</strong>aft verhaftet,<br />

<strong>seine</strong> moralis<strong>ch</strong>e Orientierung ist "konventionell". (EKL: 282) 45<br />

44 Ein Beispiel dafür, wie unsere Wahrnehmung dur<strong>ch</strong> die Spra<strong>ch</strong>e gefärbt ist, liefert Whorf: "<br />

Wir sagen ››Sieh die Welle!‹‹ <strong>na<strong>ch</strong></strong> dem glei<strong>ch</strong>en Satzs<strong>ch</strong>ema wie ››Sieh das Haus‹‹. Ohne<br />

die Projektion der Spra<strong>ch</strong>e hat aber no<strong>ch</strong> nie jemand eine einzelne Welle gesehen. Wir sehen<br />

eine Oberflä<strong>ch</strong>e mit we<strong>ch</strong>selnden wellenförmigen Bewegungen. Man<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>en können<br />

eine ››Welle‹‹ gar ni<strong>ch</strong>t ausdrücken. Sie sind in dieser Hinsi<strong>ch</strong>t der Wirkli<strong>ch</strong>keit näher.<br />

Ein Hopi sagt valatata, ››mehrfa<strong>ch</strong>es Wogen ereignet si<strong>ch</strong>‹‹, <strong>und</strong> er kann die Aufmerksamkeit<br />

ebensogut auf eine Stelle in den Wogen lenken wie wir. "(Whorf 1963: 65f, z. n. SB:<br />

76f)<br />

45 Das Kind projiziert beispielsweise mythis<strong>ch</strong>e Rollen wie "den starke Vater", die "umsorgende<br />

Mutter" - wie sie au<strong>ch</strong> Mär<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Mythen der Völker vorkommen - auf die Eltern.<br />

(EKL: 313f) Na<strong>ch</strong> C. G: Jungs Ar<strong>ch</strong>etypenlehre werden diese "ar<strong>ch</strong>etypis<strong>ch</strong>en", mythis<strong>ch</strong>en<br />

Rollenvorstellungen kollektiv ererbt. Au<strong>ch</strong> Freud betra<strong>ch</strong>tete sie als "phylogenetis<strong>ch</strong>en Besitz"<br />

der Mens<strong>ch</strong>heit. (Freud 1978, GW Bd. XI, S.: 368 z. n. EKL: 275) <strong>Wilber</strong> hebt hervor,<br />

daß die ar<strong>ch</strong>etypis<strong>ch</strong>en Bilder dieser Stufe einer prä-personalen Bewußtseinsstufe entspringen<br />

<strong>und</strong> ni<strong>ch</strong>t wie Jung meint, in den transpersonalen oder mystis<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong> gehören<br />

(Verwe<strong>ch</strong>slung von prä- <strong>und</strong> transpersonal).

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