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Der integrale Ansatz nach Ken Wilber und seine ... - Michaelegli.ch

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Diplomarbeit Margit Geilenbrügge: <strong>Der</strong> <strong>integrale</strong> <strong>Ansatz</strong> <strong>na<strong>ch</strong></strong> <strong>Ken</strong> <strong>Wilber</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong> Umsetzung... Seite 33<br />

entwickelt si<strong>ch</strong> über eine Frühphase mit einer ges<strong>ch</strong>ärften Wahrnehmungsfähigkeit<br />

für unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Perspektiven <strong>und</strong> Kontexte. Das Denken ist pluralistis<strong>ch</strong>, auf<br />

Dialog ausgeri<strong>ch</strong>tet <strong>und</strong> weist eine hohe Sensibilität für vers<strong>ch</strong>iedenartige Perspektiven<br />

<strong>und</strong> Lebensstile auf. (IP: 43, 68f) Die extreme Form der frühen Visionslogik<br />

nennt <strong>Wilber</strong> "pluralistis<strong>ch</strong>en Relativismus": In ihrem Bestreben, Glei<strong>ch</strong>heit <strong>und</strong><br />

Toleranz allen Mens<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Kulturen entgegenzubringen, wird in dieser Denkri<strong>ch</strong>tung<br />

jede Hierar<strong>ch</strong>ie von Werten abgelehnt. Alle Kulturen werden als glei<strong>ch</strong>wertig<br />

eingestuft, keine Perspektive wird bevorzugt, jede Form von Universalismus wird<br />

verworfen. (Denn Ansprü<strong>ch</strong>e auf Allgemeingültigkeit haben - so die Argumentation -<br />

in der Vergangenheit zur Unterdrückung Andersdenkender geführt). 54 Damit, so<br />

<strong>Wilber</strong>, verwickeln si<strong>ch</strong> die Vertreter dieser Ri<strong>ch</strong>tung in einen "performativen Widerspru<strong>ch</strong>",<br />

d. h. sie klammern ihre eigene Haltung aus ihrer Theorie aus. (In einer<br />

Welt, in der <strong>na<strong>ch</strong></strong> Meinung der Vertreter des "pluralistis<strong>ch</strong>en Relativismus" ni<strong>ch</strong>ts<br />

höherrangig sein soll, muß ihre eigene Meinung jedo<strong>ch</strong> als höherrangig angesehen<br />

werden, denn sie soll ja allgemeingültig sein. [GH: 36-41])<br />

Die mittlere Visionslogik denkt in Werthierar<strong>ch</strong>ien <strong>und</strong> in Widersprü<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> beginnt,<br />

die vielfa<strong>ch</strong>en Kontexte, Perspektiven <strong>und</strong> hierar<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Systeme in <strong>integrale</strong><br />

Modelle einzubauen. 55 Als Theoretiker dieser Bewußtseinsebene nennt <strong>Wilber</strong> u.a.<br />

Hegel 56 <strong>und</strong> Habermas. Habermas` "Theorie des kommunikativen Handelns" ist ein<br />

Beispiel für einen integrativen <strong>Ansatz</strong>, der in Werthierar<strong>ch</strong>ien denkt. Er gründet auf<br />

dem universellen Anspru<strong>ch</strong> der Vernunft <strong>und</strong> einer Hierar<strong>ch</strong>ie von kommunikativen<br />

Kompetenzen. 57 (IP: 69, 102, vergl. 2.2 auf Seite 15) - Die Fähigkeit, si<strong>ch</strong> <strong>na<strong>ch</strong></strong> innen<br />

zu wenden nimmt in der Visionslogik Spätphase weiter zu. Mit der Fähigkeit, außer<br />

dem Denken au<strong>ch</strong> alle weiteren Bewußtseinsinhalte, die körperli<strong>ch</strong>en Wahrnehm<strong>und</strong>er<br />

Geist) ein dynamis<strong>ch</strong>en Prozeß, der die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te vorantreibt, indem er Widersprü<strong>ch</strong>en<br />

"aufhebt", das heißt auf einem (qualitativ) höheren Niveau zum Ausglei<strong>ch</strong> bringt. (EKL: 77).<br />

54 <strong>Wilber</strong> hat dieser Weltsi<strong>ch</strong>t ein ganzes Bu<strong>ch</strong> gewidmet ("Boomeritis", Boston 2002). Die<br />

Haltung des pluralistis<strong>ch</strong>en Relativismus zeigt si<strong>ch</strong> verstärkt in der Na<strong>ch</strong>kriegsgeneration in<br />

den USA, die Generation des "Baby.Booms". Die "Boomer"-Mentalität zei<strong>ch</strong>net si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong><br />

hohe kognitive Fähigkeiten aus, hinter ihrem "noblen Pluralismus" verbirgt si<strong>ch</strong>, so <strong>Wilber</strong>,<br />

aber eine präkonventonelle moralis<strong>ch</strong>e Haltung. (Die rebellis<strong>ch</strong>e Boomer-Generation weist<br />

Ähnli<strong>ch</strong>keiten mit der 68er-Bewegung in Deuts<strong>ch</strong>land auf.) <strong>Wilber</strong> zitiert Fallstudien, die<br />

während der Proteste gegen den Vietnam-Krieg unter Studenten in Berkeley erhoben wurden.<br />

Die Test zur moralis<strong>ch</strong>en Entwicklung ergaben, daß die Mehrzahl der Protestierenden<br />

ni<strong>ch</strong>t einer postkonventionellen, sondern einer präkonventionellen Ebene zuzuordnen waren.<br />

(H. Haan u.a.: "Moral Reasoning of Young Adults" in "Jounal of Personality and Social Psy<strong>ch</strong>ology",<br />

1968, Nr. 10, S. 183-201 z. n. GH: 36)<br />

55 In der Systemtheorie stellt si<strong>ch</strong> die Wirkli<strong>ch</strong>keit als ein Gefüge von Hierar<strong>ch</strong>ien dar. <strong>Wilber</strong><br />

führt Systemtheoretiker wie den Biologen Francisco Varela an, der in <strong>seine</strong>r Theorie über<br />

autopoietis<strong>ch</strong>e Systeme davon spri<strong>ch</strong>t, daß "natürli<strong>ch</strong>e Systeme ... eine Hierar<strong>ch</strong>ie von Ebenen<br />

entstehen lassen"; oder den Systemlinguisten Roman Jakobson, der "Hiera<strong>ch</strong>ie [für]das<br />

gr<strong>und</strong>legende Strukturprinzip der Spra<strong>ch</strong>e" hält. (EKL: 34)<br />

56 Hegel ist für <strong>Wilber</strong> einer der ersten Philosophen der S<strong>ch</strong>aulogik. Was die empiris<strong>ch</strong>analytis<strong>ch</strong>en<br />

Rationalität ni<strong>ch</strong>t leisten konnte, gelingt <strong>na<strong>ch</strong></strong> Hegel der dialektis<strong>ch</strong>en der Vernunft:<br />

Sie vereinigt Gegensätze <strong>und</strong> s<strong>ch</strong>afft Identität in der Differenz. Visionslogik als "dialektis<strong>ch</strong>e<br />

Vernunft" kann Widersprü<strong>ch</strong>e vereinigen, in dem sie s<strong>ch</strong>einbar unvereinbare Dinge<br />

verknüpft <strong>und</strong> in einer komplexeren Erkenntnis zur Einheit bringt. ein. (EKL: 77)<br />

57 Das verständigungsorientierte "kommunikative Handeln" integriert als höherrangiges Handeln<br />

die anderen Handlungsarten: das "teleologis<strong>ch</strong>e", "normative " <strong>und</strong> "dramaturgis<strong>ch</strong>e<br />

Handeln" <strong>und</strong> fügt sie dur<strong>ch</strong> eine Methode zusammen, die auf der Basis we<strong>ch</strong>selseitige Anerkennung<br />

einen Konsens herbeiführen will. [Habermas 1981, Bd. 2: 68] (vergl.: Reese-<br />

S<strong>ch</strong>äfer 2001³: 50-69)

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