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Der integrale Ansatz nach Ken Wilber und seine ... - Michaelegli.ch

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Diplomarbeit Margit Geilenbrügge: <strong>Der</strong> <strong>integrale</strong> <strong>Ansatz</strong> <strong>na<strong>ch</strong></strong> <strong>Ken</strong> <strong>Wilber</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong> Umsetzung... Seite 32<br />

3.4.2 Die "personale" Erwa<strong>ch</strong>senenentwicklung<br />

Wird die Entwicklung auf der Formop-Stufe ni<strong>ch</strong>t blockiert, so entwickelt si<strong>ch</strong> das<br />

Bewußtsein weiter (Tendenz zur Selbstranszendenz). Die Fähigkeit zur Introspektion<br />

<strong>und</strong> Reflexion nimmt weiter zu. Das Selbst wird jetzt zunehmend mehr zum Betra<strong>ch</strong>ter<br />

des mentalen Stroms. Immer klarer, so <strong>Wilber</strong>, kann jetzt zwis<strong>ch</strong>en einem "empiris<strong>ch</strong>en<br />

Selbst" <strong>und</strong> einem "Selbst als Betra<strong>ch</strong>ter" unters<strong>ch</strong>ieden werden. 50 (EKL:<br />

325) Mit der Fähigkeit, die Gedanken zu beoba<strong>ch</strong>ten, si<strong>ch</strong> aus der Identifikation mit<br />

ihnen zu lösen, sie zu transzendieren <strong>und</strong> zu integrieren, gelingt das Übers<strong>ch</strong>reiten<br />

der Formop-Stufe. (D-6). Diese neue Selbst, das Geist <strong>und</strong> Körper integriert, nennt<br />

<strong>Wilber</strong> in Anlehnung an das mythis<strong>ch</strong>e Fabelwesen, das den Geist eines Mens<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> den Körper eines Tieres hat, "Zentauren" oder - in Anlehnung an die Existenzphilosophie<br />

- "existentielles Selbst". 51 Damit ist der Hinweis gegeben, daß die Integration<br />

des (sterbli<strong>ch</strong>en) Körpers in das Bewußtsein eine Auseinandersetzung mit<br />

der eigenen Verletzli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Sterbli<strong>ch</strong>keit - <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en - au<strong>ch</strong> der Sinnhaftigkeit<br />

oder Sinnlosigkeit des eigenen Lebens beinhaltet. (IP: 41)<br />

Die neue Form der Kognition nennt <strong>Wilber</strong> <strong>na<strong>ch</strong></strong> Broughton (1975) "vision-logic"<br />

oder au<strong>ch</strong> "integral-aperspktivis<strong>ch</strong>es Bewußtsein" (Gebser 1999). 52 Visionslogik<br />

s<strong>ch</strong>ließt das Formop-Denken (oder die Rationalität) ein <strong>und</strong> fügt die Fähigkeit zu<br />

<strong>integrale</strong>m Denken hinzu. Integrales Denken vermag das Verbindende von unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />

oder gegensätzli<strong>ch</strong>en Si<strong>ch</strong>tweisen zu erkennen <strong>und</strong> in einem größeren<br />

Kontext zusammenfassen. 53 (EKL: 319 - 328) Diese anspru<strong>ch</strong>svolle Transzendenz<br />

sehen im Berei<strong>ch</strong> des mythis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> rationalen Denkens liegt (40% der Bevölkerung haben<br />

ihren S<strong>ch</strong>werpunkt auf der mythis<strong>ch</strong>en Ebene, sie verfügen über 30% der gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Ma<strong>ch</strong>t haben; 30% der Bevölkerung leben auf der rationalen <strong>und</strong> verfügen über 50%<br />

der Ma<strong>ch</strong>t.) Graves diagnostiziert weitere Bewußtseinsformen, die über die Formop-Ebene<br />

hinausgehen: Das sind u.a. die "empfindsam-egalitäre" <strong>und</strong> die "integrative" Ebene. Die<br />

"empfindsam-egalitäre" Ebene ist gekennzei<strong>ch</strong>net dur<strong>ch</strong> ökologis<strong>ch</strong>e Sensibilität, Multikulturalität,<br />

dem Wuns<strong>ch</strong> <strong>na<strong>ch</strong></strong> gere<strong>ch</strong>ter Verteilung der Ressourcen der Erde, relativistis<strong>ch</strong>e Wertesysteme,<br />

Ablehnung von Hierar<strong>ch</strong>ien u.a.m. <strong>Der</strong> Anteil der Weltbevölkerun: 10%, Anteil<br />

der Ma<strong>ch</strong>t: 15%. (Beck 2003: 58-77) Die Transzedenz zur "integrativen Ebene" (bei <strong>Wilber</strong><br />

die mittlere Visionslogik) bedeutet einen Sprung über einen "Abgr<strong>und</strong> unglaubli<strong>ch</strong>er Tiefe".<br />

Weltweit leben <strong>na<strong>ch</strong></strong> Graves` S<strong>ch</strong>ätzungen erst 1% der Mens<strong>ch</strong>heit auf dieser Ebene, sie<br />

haben s<strong>ch</strong>ätzungsweise 5% der Ma<strong>ch</strong>t.<br />

50 Die Unters<strong>ch</strong>eidung zwis<strong>ch</strong>en einem "I<strong>ch</strong> als Betra<strong>ch</strong>ter" <strong>und</strong> einem "empiris<strong>ch</strong>en I<strong>ch</strong>"<br />

stammt von Broughton Er greift damit auf zwei Begriffe aus der Philosophie zurück. Philosophen<br />

wie Kant, Fi<strong>ch</strong>te oder Husserl unters<strong>ch</strong>eiden zwis<strong>ch</strong>en einem "empiris<strong>ch</strong>en I<strong>ch</strong>", das<br />

Gegenstand des Bewußtseins oder Betra<strong>ch</strong>tung ist, <strong>und</strong> einem "transzendentalen" oder<br />

"reinen I<strong>ch</strong>", das als "reine Subjektivität", das nie Objekt sein kann. (EKL: 284)<br />

51 Es ist die Bewußtseinsstufe, die die Existenzphilosophen (Heidegger, Sartre etc.) thematisieren.<br />

Existentialismus bedeutet: Die Frage <strong>na<strong>ch</strong></strong> dem Sinn des Lebens hat keinen Sinn, wir<br />

sind zum Improvisieren verdammt. Es gibt keine absoluten Werte, <strong>na<strong>ch</strong></strong> denen wir uns ri<strong>ch</strong>ten<br />

könnten. Wir selber ers<strong>ch</strong>affen, was wir sind. Das Gefühl des Mens<strong>ch</strong>en auf der Erde ein<br />

Fremder zu sein, so Sartre, führt zu Verzweiflung, Langeweile, Angst, Ekel <strong>und</strong> Absurdität.<br />

"Existieren" heißt, den eigen Sinn, sein eigenes Dasein zu ers<strong>ch</strong>affen. Unsere Freiheit verdammt<br />

uns unser ganzes Leben lang dazu, die eigene Verantwortung zu übernehmen, die<br />

Wahl zu treffen, eine authentis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> e<strong>ch</strong>te Existenz führen. (Vergl.: Jean-Paul Sartre: "<strong>Der</strong><br />

Ekel", 1938)<br />

52 Zu den Philosophen dieser Stufe zählt <strong>Wilber</strong> neben Habermas u.a. au<strong>ch</strong> die deuts<strong>ch</strong>en<br />

Idealisten Hegel, Fi<strong>ch</strong>te <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>elling.<br />

53 Die deuts<strong>ch</strong>en Idealisten unters<strong>ch</strong>ieden zwis<strong>ch</strong>en "Rationalität, die nur formal, bes<strong>ch</strong>reibend<br />

oder empiris<strong>ch</strong>-analytis<strong>ch</strong> ist, <strong>und</strong> Rationalität als Vernunft, die dialogis<strong>ch</strong> oder dialektis<strong>ch</strong><br />

ist <strong>und</strong> Widersprü<strong>ch</strong>e vereinen kann. Für Hegel beispielsweise ist die Vernunft (oder

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