Möglichkeiten der verbesserten sozialen Inklusion
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festigt (vgl. Friedrichs/Oberwittler 2007). Sowohl durch <strong>sozialen</strong> Druck als auch Imitationslernen<br />
werden - so die Theorie <strong>der</strong> Kontexteffekte - solche Normen immer stärker im<br />
Quartier verbreitet; bei geschlossenen Milieus wird Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen die Möglichkeit<br />
genommen, an<strong>der</strong>e Erfahrungen zu machen. Die Erfahrung <strong>der</strong> Ablehnung so<br />
gelernter Verhaltensweisen außerhalb <strong>der</strong> Nachbarschaft o<strong>der</strong> außerhalb des Milieus<br />
führt häufig nicht zu Verunsicherung, son<strong>der</strong>n zu reaktiver Verstärkung und weiterer Distanzierung<br />
vom gesellschaftlichen Mainstream.<br />
Die soziale Umwelt <strong>der</strong> Bezugsgruppen prägt auch das Selbstbild und die Selbstachtung<br />
<strong>der</strong> Erwachsenen bzw. neu zugezogener Jugendlicher. Wenn zuvor erworbene Aspirationen<br />
und Normen ständig als dysfunktional entwertet und lächerlich gemacht werden, ist<br />
es - wenn die Möglichkeit, das Umfeld zu verlassen, nicht besteht - sehr wahrscheinlich,<br />
dass eine Anpassung an diese Umwelt erfolgt - im Sinne einer "Reduktion kognitiver Dissonanz"<br />
- , da gerade Jugendliche ein Bedürfnis nach Anerkennung haben. Sie passen<br />
sich dann eher an, als dass eine Wie<strong>der</strong>belebung vorheriger Verhaltensmuster wahrscheinlich<br />
wäre.<br />
Diese subkulturellen Qualitäten eines Quartiers führen zur Abwan<strong>der</strong>ung von Familien mit<br />
Kin<strong>der</strong>n, die sich an den klassischen Mittelschichtnormen ausrichten. Je mehr solche<br />
Haushalte das Quartier verlassen, desto geringer werden die Erfahrungsmöglichkeiten<br />
von positiven Rollenvorbil<strong>der</strong>n für die zurückbleibenden Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen. Es gibt<br />
dann immer weniger unterschiedliche (Verhaltens- bzw. Lebens-)Modelle, an denen man<br />
das eigene Verhalten orientieren könnte. Ein Beispiel: Wenn Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Jugendliche<br />
überhaupt niemanden mehr kennen, <strong>der</strong> einer regelmäßigen Erwerbsarbeit nachgeht, fällt<br />
es ihnen schwer, eine Vorstellung davon zu entwickeln, dass pünktliches Aufstehen und<br />
die Einhaltung einer gewissen Selbstdisziplin Lebenschancen erschließen kann. O<strong>der</strong>:<br />
Wenn Jugendliche in ihrem Bekanntenkreis niemanden mehr kennen, <strong>der</strong> durch Erwerbstätigkeit<br />
einen (bescheidenen) Lebensunterhalt verdient, hingegen einige, die sich durch<br />
kriminelle Aktivitäten ohne son<strong>der</strong>lichen Aufwand eine spektakuläre Lebensführung ermöglichen<br />
und sich obendrein über ambitionierten Schulbesuch lustig machen - welche<br />
Handlungsalternativen liegen dann nahe?<br />
Die kollektive Sozialisation hat Einfluss auf die Bildungswege von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen,<br />
indem sie Bil<strong>der</strong> von erstrebenswerten Karrieren konstruiert, und auf abweichendes<br />
Verhalten, wenn entwe<strong>der</strong> Ächtung o<strong>der</strong> Akzeptanz von Gewalt und unzivilisiertem Verhalten<br />
vermittelt wird. Aspirationen und Motivationen werden im lokalen Milieu dadurch<br />
gelenkt und geformt, dass persönliche Leistungsbereitschaft in den formellen Institutionen<br />
unterstützt o<strong>der</strong> verächtlich gemacht wird.