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Luzerner Historische Veröffentlichungen - edoc

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Die Not verhalf der Frucht zu ihrem Ansehen, und die vorzüglichen Erfahrungen,die man in den folgenden Jahren gewann, führten dazu, dass die Fruchtvor 1720 besonders im mittleren und unteren Amt so beliebt geworden war,dass die Bevölkerung ihrer nicht mehr entbehren wollte. - Das obere Amtscheint an dieser Entwicklung weniger Anteil genommen zu haben. In denbeiden anderen Ämtern aber wurde der Streit um die Ablieferung der Zehntenmit grossem Einsatz geführt. Die Versuche, die Kirchgemeinden gegen denKartoffelzehnten aufzubringen und die Auftritte einzelner erschienen denPfarrern als unerhörtes Gebaren. Die im Gefolge der Auseinandersetzungenverhängten Bussen spiegeln die Härte und die Intensität der emotionalen Ausbrüche.Landsiegier Caspar Emmenegger wurde «wegen ungebührlichenReden über dass ergangene Urthel wegen dem Herdöpfel Zehenden» mit6 Gl 30 b gebüsst 43 ; Weibel Hans Renggli zahlte «wegen ungestümen Wortengegen Hrn. Pfahrh[errn]» 2 Gl 10 b; Uli Theiler kosteten seine «schimpf liehgebrauchten Reden» 6 Gl 30 b; Hans Richenberger, Klaus Bieri, Peter undWerni Renggli legten je 1 Gl 35 b in die Vogtkasse ab.Leider liegt bis heute eine umfassende Geschichte der Einführung des Kartoffelanbausin der Schweiz nicht vor. 44 Im allgemeinen gewann die Fruchtdurch die Bemühungen der ökonomischen Gesellschaften erst in der zweitenHälfte des 18. Jahrhunderts an Ansehen; in mehreren Regionen brachte erstdie Krise von 1770/71 den eigentlichen Durchbruch zum Kartoffelanbau. 45 -Für die Geschichte des Kartoffelbaus in der ersten Jahrhunderthälfte liegen nurwenige schweizerische Datenbeispiele vor, die aber an den Zeitpunkt der entlebucherischenInnovation nicht heranreichen. Vor allem fehlen Berichte aus dernäheren Nachbarschaft, von wo die Frucht möglicherweise hätte übernommenwerden können.In Brienz war die Kartoffel um 1730 so stark im Anbau, dass in ertragreichenJahren sogar nach Unterwaiden exportiert werden konnte. 46 - Im Gebiet desKantons Luzern wurde in einem Mandat im Jahr 1766 der Kartoffelanbau inder Brachzeig gestattet. 47Die Herkunftsregion muss demnach weiter weg gesucht werden. Wir glauben,dass dabei dem Elsass eine wichtige Bedeutung beizumessen ist. - Die Auswanderungswellenach dem 30jährigen Krieg und dem Bauernkrieg und diedamit verbundenen regen Beziehungen, die wichtigen Handelsstränge (Wein,Getreide) und die auch im 18. Jahrhundert andauernden Wanderungen (vor43 StA LU Sch 492, Bussenliste der Landvögte.44 Für die Bedeutung und allgemeine Geschichte der Kartoffel: Redcliffe; Abel W., Geschichteder deutschen Landwirtschaft 289 f.45 Die Berner Gesellschaft suchte den Anbau durch Preisausschreiben zu fördern.46 Engel S., Abhandlungen der ökonomischen Gesellschaft 1772,7; das erste gesamtbernischeKartoffelmandat fällt ins Jahr 1741.47 StA LU MB 8. Aug. 1766 (212); Zur Einführungspraxis im «Hirtenland» vgl. Bircher73, 94f., 169; Braun verallgemeinert zu sehr, wenn er annimmt, die Kartoffel sei in industrialisiertenGebieten zuerst angepflanzt worden. 98.168

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