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Luzerner Historische Veröffentlichungen - edoc

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Diese übermässige Beanspruchung durch religiöse Feiern blieb nicht ohneAuswirkung. Die Pfarrer klagten über lauen Gottesdienstbesuch, die Kinderlehrenwürden versäumt, und den Messen wohne man mit Vorliebe vom Kirchhofaus bei. Die Besuchspflicht würde «mit unanständigem Schwätzen, Marktenund Tauschen» erfüllt. 1763 wurde daher eine Reduzierung der Festtage beschlossen.11 Für 24 ursprüngliche Feiertage forderte der Bischof nur mehr denBesuch der Messe und erlaubte das Arbeiten. Dieser Erlass stiess aber im Entlebuchauf heftigen Widerstand; und nach dem Krisenjahr 1770 schrieb man nachLuzern, das allgemeine Elend und die ausgestandene Not seien nichts anderesals die Strafe Gottes für die Abschaffung der Feiertage. Unter der Bevölkerungsei das Verlangen nach ihrer Wiedereinführung allgemein.Man wird eine solche Einstellung kaum als Arbeitsunwilligkeit oder Faulheitkennzeichnen dürfen. Die ausgeprägte Hinwendung zur Betrachtung der Passionsgeschichte,die Leidensbereitschaft und Lebensnot kam der entlebucherischenMentalität offenbar besonders entgegen. Anstelle aktiver Religiositätstand eher das passive, erduldende Verharren. Die Umweltbedingungen hattendiese Lebenseinstellung geprägt. Die geographische Isolierung, die kaum veränderbarewirtschaftliche und soziale Lage, die permanent am eigenen Leibempfundenen unberechenbaren Naturgewalten förderten eine Glaubenshaltung,in welcher sich Religiöses mit Abergläubischem oft seltsam mischte. 12Die natürlichen Nöte wurden in der religiösen Betätigung in einer engenSymbiose sinnfällig zum Ausdruck gebracht. - Vom Glockenläuten erhoffteman Abwendung von Hagelschlägen 13 ; Vieh, Häuser und Alpen wurden jedesJahr gesegnet und im abendlichen Alpsegen die Abwendung von Unglück undNot erbetet. - Neben den religiösen Bewältigungsversuchen der undurchschaubaren,rätselhaften und für grosse Bevölkerungsteile oft mit entsetzlichen Folgenverbundenen Naturgewalten wob man das Gefühl des Ausgeliefertseins andie bösen, zerstörerischen Kräfte in eine Sagenwelt guter und böser Geister. 14Den Bewohnern der entlebucherischen Landschaft war der Tod ständig präsent.Das Sterbegeläute klang fast täglich in den Ohren. Die Lebensverhältnisseschienen labil; Missernten und Teuerung bedeuteten eine direkte Gefährdungder eigenen Existenz. Dem Hinschied der jungen Erdenbürger stand man machtlosgegenüber; ja in Zeiten der Not war man oft nicht unglücklich über denTod eines Familienangehörigen, der nun die Versorgung nicht mehr belasteteund den Zurückbleibenden das Überleben sicherte. - Das Kindersterbenwurde nicht allzu hart empfunden; man glaubte die Toten des Himmels gewiss,besonders auch die jungen Mütter, welche innerhalb von sechs Wochen« Schnyder, Geschichte I, 146.12 «Die geistigen Triebkräfte lassen sich nicht loslösen von den Dingen, denn alle Abstraktionist dem volkstümlichen, konkretisierenden Denken fremd.» Weiss 298.i3 «Wenn es zum dritten Mal gedondret, so soll (der Sigrist) am Gloggenseyl syn.» Studer O.,Pfarrer und Volk im Entlebuch im Mittelalter, 192.14 Zum Sagenwesen vgl. Weiss 288ff., 312ff.; allgemeine Literatur im «Schrifttum».252

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