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Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

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und die Gichtanfälle verursachten den "schmerzhaftesten Krampf in der Hüfte und<br />

rechten Bein". (Brief vom 14. Mai 1792)<br />

Die Gebrechen sollten durch die Aachener Mineralquellen gelindert werden - die<br />

Kosten der Kur wurden teilweise durch den Gewinnanteil von der Ersten Sammlung<br />

der "Zerstreuten Blätter." getilgt, die ein Jahr zuvor neu verlegt wurden. Unter<br />

erschwerten Bedingungen wurde nur noch Carl Bernhard - der zweite Sohn vom<br />

Herzog Carl August - getauft, dann ging die Reise los. Durch viele Dampfbäder und<br />

eine strenge Diät trat kurzzeitig auch eine Besserung ein, von der jedoch am Ende<br />

der Kur nichts mehr zu spüren war. Als <strong>Herder</strong> Aachen verließ, konnte er nur eine<br />

knappe halbe Stunde im Sitzen verbringen.<br />

Im September kam die Familie - inklusive einem zusätzlichen Loch im<br />

Haushaltsbudget - wieder in Weimar an.<br />

Vor allem Caroline bekannte sich nach der Rückkehr als eindeutige Befürworterin<br />

der Französischen Revolution - sie sprach in einem Brief an Jacobi von der "Sonne<br />

der Freiheit", die bald über der Menschheit aufgehen werde. Ihr Ehemann bemerkte<br />

vorsichtshalber in einem anderen Brief am 11. November 1792:<br />

“Vor allen Dingen, lieber Bruder Jacobi, bitte ich, den Enthusiasmus m<strong>einer</strong> Frauen<br />

nicht unrecht zu deuten; sie laboriert nicht am Freiheitsschwindel, sondern ist in terra<br />

obedientiae eine gute Deutsche. Aber die Dinge, die vorgehen, öffnen den Mund, und<br />

weil man ihr Ende nicht absieht, so übermannen Sie die Seele.“<br />

<strong>Herder</strong>s erste (und zu Lebzeiten unveröffentlichte) Sammlung der<br />

"Humanitätsbriefe" war ebenfalls noch voller Fürsprache für die revolutionäre<br />

Bewegung. Als jedoch der französische König im Januar 1793 enthauptet wurde,<br />

lehnte auch <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> die Entwicklung entscheidend ab. Die verübten<br />

Gewalttaten widersprachen zutiefst s<strong>einer</strong> humanistischen Grundgesinnung und er<br />

bekannte sich zum Mann "aus Friedrichs Zeit". (Brief vom 12. Mai 1793) Ende des<br />

Jahres redigierte er sogar die antirevolutionäre Ode "Auf den Tod der Königin von<br />

Frankreich." (die lange Zeit als Gedicht <strong>Herder</strong>s galt) vom befreundeten Frankfurter<br />

Kaufmann und Diplomaten <strong>Johann</strong> Isaak Gerning.<br />

Als Ideal galt ihm die friedliche Einrichtung <strong>einer</strong> republikanischen Verfassung;<br />

ähnlich der britischen Verfassung oder dem Entwurf der Konstitution der<br />

amerikanischen Provinz Carolina des liberalen englischen Staatstheoretikers John<br />

Locke.<br />

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