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Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

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gemacht haben.“ [...] “Adieu, Bester, bleiben Sie gesund und behalten mich lieb; denn<br />

Liebe ist höchstes Dasein, und Gott ist die Liebe."<br />

Den Winter des Jahres verbrachte der Superintendent mit der Niederschrift des<br />

zweiten Teils der "Ideen", der von exotischen Ländern berichtete. Diese kannte der<br />

Autor freilich nur aus Reiseberichten, die er größtenteils vom Geheimrat Voigt, dem<br />

Erben <strong>einer</strong> umfangreichen Bibliothek, bezog. Unter anderem notierte er über die<br />

afrikanischen Frauen, dass diese im Durchschnitt – meines Erachtens schrieb er<br />

von - hundert Kinder hätten und sich fast schämten, wenn es nur siebzig seien - wo<br />

er das nur gelesen haben mag.<br />

Zur selben Zeit veranlasste Caroline ihren Gatten die "Zerstreuten Bläter"<br />

herauszugeben, die Studien zu unterschiedlichen Themen, wie zum Beispiel zur<br />

persischen Religion, beinhalteten.<br />

Die von Bertuch gegründete "Allgemeine Literatur-Zeitung" veröffentlichte 1785<br />

einen Artikel, der <strong>Herder</strong> wirklich schwer traf. Sein ehemaliger Lehrer Immanuel<br />

Kant hatte eine Buchbesprechung verfasst, in der er die "Ideen" nicht nur scharf<br />

kritisierte, sondern eher verspottete.<br />

Ironisch wies der Königsberger auf <strong>Herder</strong>s "kühne Einbildungskraft hin, verbunden<br />

mit der Geschicklichkeit, für einen immer in dunkler Ferne gehaltenen Gegenstand<br />

durch Gefühle und Empfindungen einzunehmen." Streng zerpflückte der<br />

Erkenntnistheoretiker die kunstvoll konstruierten Analogieschlüsse. Ein<br />

Unterschied, der sich bereits in den Studienjahren angedeutet hatte, erreichte in<br />

dieser Auseinandersetzung seine volle Reife: Kants kritisch-pünktliche Rationalität<br />

(die förmlich die menschliche Empfindung vernachlässigte) traf auf <strong>Herder</strong>s intuitiv-<br />

poetisches Weltbild, das - da der menschliche Geist im rationalen Denken diskursiv<br />

(lat. eine Vorstellung aus der anderen ableitend) oder durch Analyse (d.h.<br />

Zergliederung) arbeitet - wegen s<strong>einer</strong> definitorischen Unschärfe vor Kant scheitern<br />

musste. <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> erkannte, dass die Angriffe nicht gänzlich unberechtigt<br />

waren.<br />

Besondere Probleme empfand <strong>Herder</strong> beim Schreiben von dem Kapitels der "Ideen",<br />

das über die Regierungen handeln sollte. Diese verstand er als künstliche<br />

Maschinen ohne Legitimation. Die Probleme entstanden auch aus seinem geistigen<br />

Beruf, der ihn dazu verpflichtete, seine Gedanken gut überlegt und angemessen zu<br />

formulieren.<br />

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