Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
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Der Hauptangriffspunkt des Pamphlets richtete sich gegen Kants Auffassung von<br />
Raum und Zeit. Diese seien nämlich nicht – wie Kant sagte - apriorisch [allgemein<br />
grundlegend], sondern<br />
entstünden erst durch<br />
Erfahrung und diese durch<br />
Sprache. Die sinnliche<br />
Wahrnehmung sei niemals<br />
bloße Abbildung der<br />
Gegenstände der Außenwelt,<br />
sondern bereits eine<br />
Interpretation, die vom<br />
Denken koordiniert wird. Aus<br />
alledem entspringe als<br />
höchstes menschliches,<br />
künstlerisches Vermögen die<br />
Vernunft.<br />
Das Werk "Verstand und<br />
Erfahrung, Vernunft und<br />
Sprache. Eine Metakritik zur<br />
Kritik der reinen Vernunft."<br />
erschien im April 1799 bei<br />
Hartknoch. Als Zielgruppe<br />
galt die "Nation unparteiischer<br />
Leser" und am Schluss denkt<br />
der Autor, dass nun der<br />
"Propanz der neuen teutonic<br />
Philosophy" beendet sei.<br />
Diese Hoffnung blieb<br />
unerfüllt: Zwar bekannten sich Gleim, Jean Paul, Klopstock, Knebel und Wieland<br />
zu dem Werk, doch bei Goethe und den jüngeren Generationen stieß es eher auf<br />
verlegenes Kopfschütteln. Später wurden diese Ideen <strong>Herder</strong>s – den Menschen stets<br />
als Ganzheit zu betrachten – allerdings wieder aufgegriffen.<br />
Gegenüber Klopstock begründete <strong>Herder</strong> die "Metakritik" mit resignativem<br />
Unterton:<br />
"Daß ich zu diesem Werke schritt, war gewiß nicht Anmaaßung; ich wußte mir aber<br />
nicht weiter zu helfen. Das Unwesen in Jena und allenthalben in Schriften und<br />
Äußerungen stieg so hoch; ich sah eine Anzahl junger Leute so verdorben, daß ichs in<br />
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