Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
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Jugendjahre in Mohrungen (1744 - 1762).<br />
Am 25. August 1744 wurde zur Mitternachtsstunde ein Kind in Mohrungen<br />
geboren, dessen spätere Lebensaufgabe es sein sollte, den Begriff der Humanität<br />
der Menschheit näher zu bringen. Viel näher, lebendiger und anschaulicher, als es<br />
die vorigen drei Worte aus dem Vorwort jemals vermögen.<br />
Es war eine wirre Zeit, zu Ausbruch des zweiten Schlesischen Krieges, der dicht von<br />
dem dritten, vom sogenannten siebenjährigen Krieg (1756 – 1763), gefolgt wurde.<br />
Der Geburtsort des Jungen zählte um die 2000 Einwohner. Er selbst betitelte die<br />
Stadt als "die kleinste im dürren Lande"; da Mohrungen jedoch am nördlichen Rand<br />
eines Seengebietes liegt, so ist diese Äußerung wohl eher auf sein dortiges<br />
menschliches Umfeld zu beziehen. In <strong>einer</strong> dumpfen Zeit, in der die Menschen<br />
größtenteils ihr tristes Dasein resigniert akzeptierten, wuchs er auf und als die<br />
Russen 1758 bis zur Oder vordrangen, zählte er gerade mal 14 Jahre. In<br />
Anbetracht dieser harten Lebensumstände ist es durchaus verständlich, weshalb er<br />
versuchte, sein Inneres von der Außenwelt abzukapseln. So war er nach eigenem<br />
Bekunden ein eher einsames Kind und liebte es, direkt unter den Wolken, in der<br />
freien Natur, zu lesen. In s<strong>einer</strong> Schrift „Ueber die Bildung menschlicher Seelen“<br />
(1769) schrieb er:<br />
„Ich dachte frühe: frühe riß ich mich los von der Menschlichen Gesellschaft, und sah<br />
im Waßer eine neue Welt hangen, und ging, um einsam mit der Frühlings Blume zu<br />
sprechen, um mich in Erschaffung grosser Pläne zu vergnügen, und sprach Stunden<br />
lang mit mir selbst. Die Zeit war mir kurz; ich spielte, ich las, ich sammelte Blumen<br />
um nur meinen Gedanken nachzuhängen. Das Grosse, Unerforschliche, Schwere riß<br />
mich fort: das Leichte gemeine fiel ab, wie was durch zu wenig Attraktion gehalten<br />
wird“.<br />
Der Mensch, der diese Worte niederschrieb, war <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> <strong>Herder</strong> - Sohn<br />
des stillen und ernsten Tuchmachers, Glöckners, Kantors beim polnischen<br />
Gottesdienst sowie Mädchenschullehrers <strong>Gottfried</strong> <strong>Herder</strong> (geboren 9. Mai 1706,<br />
gestorben 26. September 1763). Seine Mutter Anna Elisabeth, Tochter des Waffen-<br />
und Hufschmiedes Peltz, war elf Jahre jünger als der Vater. Man sagt, sie weckte in<br />
ihm sein tiefes Feingefühl für die Natur und verschaffte ihm seine suchende Seele.<br />
Aus der Ehe zwischen Anna Elisabeth und <strong>Gottfried</strong> gingen insgesamt fünf Kinder<br />
hervor.<br />
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