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Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

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“Wegen m<strong>einer</strong> Kleidung sei unbesorgt. Mein schwarzes Kleid von<br />

unaufgeschnittenem Samt ist fertig und läst sehr edel; es ist leicht und hier um ein<br />

Drittel wohlfeiler gewesen, als Einsiedel das seinige in Deutschland gekauft hat. Ein<br />

Frack nach hiesiger Mode wird jetzt auch gemacht, und so werde ich allmählich ein<br />

Römer werden. – Schuhe habe ich mir hier schon auch machen lassen; der Hut ist<br />

aufgestutzt; also bin ich, wenn ich Schnallen und einen Chapeaubas habe, für den<br />

Besuch fertig.“ [...]<br />

“Bisher im Kurs bin ich mit einem Zopf und meistens mit grauseidnen Strümpfen<br />

gefahren; in Gesellschaft und sonst werde ich immer erscheinen, wie es sich für mich<br />

schickt, da jeder meinen Stand weiß. Der Herzogin bin ich immer noch zu geistlich.“<br />

(Brief an Caroline vom 22. Oktober 1788)<br />

Trotz des ausgiebigen Kunstgenusses und den neuen Erkenntnissen empfand<br />

<strong>Herder</strong> - im Gegensatz zum freien "Künstlerburschen" Goethe - keine richtige Freude<br />

am Leben in Rom.<br />

Morgens vertiefte er seine Kenntnis der Landessprache, dann folgten lange<br />

Museumsbesuche und die Nachmittage wurden zum Empfang von Gästen genutzt.<br />

Vor allem zogen ihn die antiken Skulpturen an.<br />

“Wahrlich, lieber Knebel, Götter und Genien wandeln und spielen mit unserem<br />

Schicksal, obgleich zuletzt alles von natürlichen Ursachen, von den Leidenschaften<br />

und Phantasien, der Vernunft und Unvernunft der Menschen ppp. abhängt. So bin ich<br />

nach Italien gekommen; so lebe ich drin; so werde ich zurückkehren; und das Beste,<br />

das man allenthalben davonbringt, ist oder sind wir selbst.“ [...]<br />

“Ich lebe in Rom fort, gesund und, seit ich in m<strong>einer</strong> Freiheit bin, ziemlich glücklich,<br />

wenigstens so beschäftigt, daß ich nicht weiß, wie Tage und Wochen entfliehen, ob<br />

ich sie gleich nicht immer nach barem Gewicht berechnen kann. Im Vatikan zum<br />

Exempel ist’s mir noch nicht geglückt, etwas zu finden; ich kann aber auch nicht<br />

sagen, daß ich darin hätte suchen mögen, auf die Art, wie mir daselbst zu suchen<br />

vergönnt ist. Man hat Befehl, mir vorzulegen, was ich begehre; den Katalog aber habe<br />

ich nicht in m<strong>einer</strong> Gewalt; er soll auch sehr unvollständig sein, und da lässt sich<br />

nicht viel begehren. Man verliert Zeit, und wo nähme ich Zeit her, auch nur gehörig<br />

abzuschreiben, wenn ich was fände?“ [...] “Ja wenn ich zwei, drei Jahre hier bleibe,<br />

da ließe sich was suchen und finden.<br />

In der Kunstbetrachtung bin ich nach m<strong>einer</strong> Weise fleißiger, und ich gebe Goethen in<br />

allem recht, was er darüber saget. Das einzig Schlimme dabei ist – aber ich will nicht<br />

einreden. Ich studiere, sooft ich kann, täglich drei Stunden an diesen Gestalten der<br />

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