Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
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Herr, ich bin zu gering, b) Lebensfunke vom Himmel entglüht gesungen, worauf der<br />
Herr Diakonus Zunckel vor dem Grabe einen Sermon hielt. Nach Endigung desselben,<br />
bei Einsenkung der Leiche in die Gruft, wurde die Arie: Wie sie so sanft ruhen,<br />
gesungen und zugleich auf beiden Türmen mit allen Glocken geläutet. Hierauf wurde<br />
gesungen: ruhig ist des Todes Schlummer, nach welchem Gesang der Segen hinter<br />
dem Altare gesprochen und mit der Arie: Auferstehen, ja auferstehen, geschlossen<br />
wurde. Eine Feierliche."<br />
<strong>Herder</strong> hinterließ 4400 Taler - drei Jahresgehälter - an Schulden. Durch die<br />
Versteigerung s<strong>einer</strong> umfangreichen Privatbibliothek konnten die finanziellen<br />
Verpflichtungen jedoch fast vollständig getilgt werden.<br />
Die Auktion der "Bibliotheca <strong>Herder</strong>iana" fand im April 1805 im Fürstlichen<br />
Gymnasium von Weimar statt und umfasste insgesamt etwa 8000 Bände an "Libri<br />
theologici, philologici, philosophici, juridici, literarum et artium" in deutscher,<br />
englischer, französischer, griechischer, hebräischer, italienischer, lateinischer und<br />
spanischer Sprache als auch geografische Karten und Zeitschriften.<br />
Mit seinem Selbstverständnis für die Logik der Gegensätzlichkeiten brachte <strong>Johann</strong><br />
<strong>Gottfried</strong> in seinen Werken ein tiefes Feingefühl für das Menschliche zum<br />
Ausdruck. Dabei achtete er stets auf die Unterschiede der einzelnen Kulturen und<br />
begegnete selbst den fremdesten Völkern mit größter Toleranz. Da er diese<br />
entfernten Gegenden nur aus Reiseberichten kannte, deren Inhalt offenbar teilweise<br />
recht fragwürdig war, so sind bestimmte Vorurteile, die wir heute als solche<br />
bezeichnen können und er ab und an in einigen Texten äußerte, meines Erachtens<br />
zu verstehen und mit einem freundlichen Lächeln zu entschuldigen.<br />
Als <strong>Herder</strong> die Entwicklung der Individualität (der Unterschiede) der einzelnen<br />
Menschen zusammen mit der Humanität (der grundlegenden bzw. gleich bleibenden<br />
oder sich nicht verändernden Anlagen des Menschen) in seinen “Ideen zur<br />
Philosophie der Geschichte der Menschheit“ betrachtete, begründete er eine tief<br />
greifende und sehr lesenswerte Geschichtsphilosophie des Humanismus (des<br />
Fortgangs der Menschheit bzw. der Bildung des Menschen, d.h. die harmonisch-<br />
ganzheitliche Entfaltung der in uns liegenden Anlagen).<br />
Er ist <strong>einer</strong> der Philosophen, dessen Name unglaublich weit verbreitet und<br />
allgemein bekannt ist. Doch er ist ebenso <strong>einer</strong> der Philosophen, von dem – bei<br />
genauerem Nachfragen – so gut wie niemand etwas weiß. Gelegentlich wird seine<br />
Geschichtsphilosophie genannt, wozu man sagen kann: Ja, er war ein Begründer<br />
des Historismus des 19. Jahrhunderts. Vielen Leuten ist auch sein “Reisejournal“<br />
ein Begriff und auch hier kann man sagen: Ja, er gehörte zu den Wegbereitern des<br />
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