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Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

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literarischen Arbeiten gewinnen zu können. Allerdings wurden ihm von seinen<br />

Gegnern Steine in den Weg gelegt.<br />

<strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong>s Werk "Uebers Erkennen und Empfinden in der Menschlichen<br />

Seele" entstand im Winter des Jahres 1774 und wurde 1778 von Hartknoch<br />

gedruckt.<br />

<strong>Herder</strong> begann seine Betrachtung, indem er davon ausging, dass der „innere<br />

Mensch mit allen seinen dunklen Kräften, Reizen und Trieben“ [...] „nur Einer“ sei,<br />

wie überhaupt „in der Natur nichts geschieden“ wäre, sondern „durch unmerkliche<br />

Uebergänge auf- und ineinander“[fließe]. So sei auch „Erkennen und Empfinden“<br />

nicht „zweierlei“, wie es „für uns zusammengesetzte Wesen“ scheint. Da sich „die<br />

Natur des Einen ohne die Natur des andern nicht völlig begreifen“ lässt, müssen sie<br />

sogar „Vieles gemein haben, oder am Ende gar Einerlei seyn“. Es existiert „kein<br />

Erkennen ohne Empfindung“ und „keine Empfindung ohne Erkennung“; „niemand<br />

kann unser Erkennen durch Empfindung, und unser Empfinden, damit Erkenntniß<br />

werde, leugnen.“<br />

„Meines geringen Erachtens“, schreibt er weiter, „ist keine Psychologie,“<br />

[Seelenlehre, Seelenkunde] „die nicht in jedem Schritte bestimmte Physiologie“<br />

[Naturlehre des menschlichen Körpers] „sei, möglich“. Diese „Psychologische<br />

Physiologie“ erscheint <strong>Herder</strong> förmlich als der „wichtigste Theil der Weltweisheit“,<br />

sie allein kann „ins Heiligthum der Seele führen: denn der Körper ist nur<br />

lebendwürkendes Symbol, Formel, Phänomenon der Seele“. „Selbst das Bild ihres<br />

Leibes ist ihr ja nicht helle einwohnend: sie weiß nicht, wie ihr Ich zu dem sie immer<br />

begleitenden Symbol“ [des Körpers] „gekommen. Nun aber kann sie nichts thun, als<br />

ihr Ich, was ihr angeboren ist, mit diesem“ [...] „zu verbinden“. Dabei sind weder<br />

„Seele noch Körper eine solche für sich gehende, mechanische Uhr. Die Seele hat bei<br />

ihrer Göttlichen Natur, da sie eingeschränkt ist, Sinne nöthig, die ihr das Weltall ihrer<br />

Göttlichen Natur gemäß vorspiegeln.“<br />

Niemand als Leibnitz habe besser gesagt, dass der „Körper als solcher nur<br />

Phänomenon von Substanzen sei, wie die Milchstrasse von Sternen und die Wolke<br />

von Tropfen“. „Unser Körper ist als Ganzes und als Werkzeug der Seele nur ein<br />

Aggregat“ [Anhäufung] „vieler Teile, und das Aggregat, weiß jedermann, ist nur<br />

Phänomenon, Begriff der Ordnung. Aufs Aggregat kann die Seele nicht wirken, ohne<br />

daß sie aufs Einzelne wirke, und das Einzelne sind auch im Körper nichts als Kräfte“.<br />

„Das Hauptgesetz also des Einflußes und der Abhängigkeit beider Kräfte liegt in der<br />

Natur des eingeschränkten Wesens.“<br />

Neben der Einheit des inneren Menschen bildet <strong>Herder</strong>s Überzeugung von der<br />

Einzigartigkeit <strong>einer</strong> jeder dieser Einheiten seinen zweiten Ausgangspunkt. „Der<br />

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