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Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

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Textes als Ausdruck der orientalisch-semitischen Bildersprache entschlüsselt<br />

wurden.<br />

Im folgenden Jahr wurde seine dritte Berliner Preisschrift, "Vom Einfluß der<br />

Regierung auf die Wissenschaften, und der Wissenschaften auf die Regierung",<br />

veröffentlicht. Die Berliner Akademie ernannte <strong>Herder</strong> folglich zu ihrem<br />

Ehrenmitglied. Eine weitere Auszeichnung erhielt er im selben Jahr von der<br />

"Baierischen Akademie" für seine Abhandlung "Über den Einfluß der schönen in die<br />

höhern Wissenschaften".<br />

Der Göttinger Theologiestudent <strong>Johann</strong> Georg Müller wohnte im Oktober 1780 für<br />

acht Tage in dem kinderreichen Haushalt der Familie <strong>Herder</strong>s. Er hinterließ uns<br />

den folgenden sehr einfühlsamen Bericht:<br />

„<strong>Gottfried</strong> hat einen weisen, bescheidenen, stillen Charakter, ruhigen heiteren Blick;<br />

er könnte eine Baconsseele sein. Er ist mir besonders lieb. August giebt ohne anders<br />

einen Dichter. Er hat so entschiedene Anlagen dazu, daß sie jedem nur wenig<br />

geübten sogleich auffallen. Es wird <strong>einer</strong> nach Gleims Art, ein empfindsamer<br />

graziöser verliebter Dichter. Er hat etwas sehr Feines im Gesicht, das alle haben (Nr.<br />

3 ausgenommen), das besonders im Anfang sehr reizt, schmeichelhaft, liebreich und<br />

geboren zum gesellschaftlichen Leben. Wilhelm, ganz verschieden von diesen beiden.<br />

Ein dicker runder Kerl, der sehr handfest werden kann, mit weniger Geist, aber sehr<br />

gutem Herzen. Ist wie alle sehr aufmerksam, wenn ihnen der Vater Feenmärchen<br />

oder so was erzählt. Er hat zwei Zunamen: der Viereckte oder der Löw. Adelbert oder<br />

Adel ein excellentes Pürschchen und wahrscheinlich des Vaters Nachfolger, dem er,<br />

wie‘s mir scheint, auch im Gesicht am ähnlichsten sieht. Er kann noch nicht gehen,<br />

aber seine Freude ist, den ganzen Tag auf allen Vieren am Boden herumzukrabbeln<br />

und, wenn man nicht bei Zeiten zusieht, in der Speitruhe zu rumoren. Er hat gewiß<br />

viel Geist, Leben und Thätigkeit.“<br />

Im Dezember erkrankte <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong> an <strong>einer</strong> Infektion, von der er erst im<br />

März - nach ausgiebigem Krankenlager und entschlackender Queckensaftkur -<br />

vollständig kuriert war.<br />

Der Tod des zweiundfünfzigjährigen Lessings im Februar 1781 war ein<br />

unbeschreiblich schwerer Schock für die damalige Gelehrtenwelt. <strong>Herder</strong> war vom<br />

Verlust seines Freundes derart tief betroffen, dass er sogleich einen Nekrolog für<br />

den "Teutschen Merkur" verfasste und Kontakt zu Moses Mendelssohn aufnahm,<br />

der ein enger Freund des Verstorbenen war, um ihm sein Herz auszuschütten.<br />

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