Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
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Kurz darauf erfolgte eine Reise der Familie ins Thüringische Illmenau und es<br />
entstand die “Osterkantate“, die von dem Weimarer Hofkapellmeister in Noten<br />
gesetzt wurde.<br />
Da <strong>Herder</strong> über die gleichgültige Unwissenheit s<strong>einer</strong> Theologiekollegen, die ihre<br />
Tätigkeit als Selbstzweck ansahen, ebenfalls schwer bedrückt war und er etwas<br />
gegen diese religiöse Entfremdung unternehmen wollte, verfasste er vier Bände, die<br />
"Briefe, das Studium der Theologie betreffend", in denen er den humanen Gehalt<br />
der Bibel betonte.<br />
<strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong>s einzige Tochter, Luise Theodora Emilie, kam am 23. April 1781<br />
zur Welt, während der Neffe Weimar verließ, um durch Hartknochs Vermittlung in<br />
Riga eine Anstellung zu finden. Sie heiratete den späteren herzoglichen sächsisch-<br />
weimarischen Kammerrat Carl Wilhelm Constantin Stichling am 13. Oktober 1809<br />
in Lauter und starb am 12. März 1860 in Weimar.<br />
Durch eine Scharlacherkrankung der Kinder wurde das Haus des<br />
Superintendenten im Mai 1781 in ein Krankenlager verwandelt.<br />
Mit der Niederschrift der zweibändigen Abhandlung über die morgenländische<br />
Dichtung, "Vom Geist der Ebräischen Poesie. Eine Anleitung für die Liebhaber<br />
derselben und der ältesten Geschichte des menschlichen Geistes.", die an die<br />
Dessauer "Buchhandlung der Gelehrten" übermittelt wurde, begann er im Herbst<br />
1781. In dieser arbeitete er die nationale Besonderheit jener Dichtung heraus und<br />
stellte fest, dass sie die Poesie eines Hirtenvolks mit viel Geschlechtsstolz und<br />
innigem Gottesglauben sei.<br />
1781 fand außerdem ein weiteres und für die philosophische als auch nicht-<br />
philosophische Welt sehr bedeutsames Ereignis statt. Immanuel Kant legte den<br />
Grundstein zu s<strong>einer</strong> Transzendentalphilosophie mit der erkenntnistheoretischen<br />
Schrift "Critik der reinen Vernunft". Die Verhältnisse der Dinge wurden jetzt nicht<br />
mehr anhand der Dinge selbst, d.h. anhand der Objekte, sondern anhand der<br />
Beschaffenheit der subjektiven Wahrnehmung, d.h. des menschlichen<br />
Erkenntnisvermögens, erklärt; die sogenannte Kopernikanische Wende der<br />
Denkart. Raum, Zeit und Kausalität waren nunmehr nicht mehr zwingenderweise<br />
objektiv, sondern subjektiv.<br />
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