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Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

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Von <strong>Johann</strong> Georg Wille, der seit über dreißig Jahren als Kupferstecher in Paris<br />

lebte, wurde <strong>Herder</strong> in verschiedene gelehrte Salons geführt. Er lernte viele Autoren<br />

persönlich kennen, namentlich Denis Diderot, dem von ihm als besten Philosophen<br />

Frankreichs betitelten Herausgeber der "Encyclopédie" sowie den philosophischen<br />

Mathematiker, d.h. den Begründer der mathematischen Physik und guten Freund<br />

Friedrich II., Jean le Rond d`Alembert.<br />

Bereits in Riga hatte er erste Skizzen zu einem richtungsweisenden ästhetischen<br />

Werk angefertigt, dessen Reifephase, inspiriert durch den Park von Versailles, in<br />

Paris begann - die "Plastik".<br />

Mitte Dezember erreichte ihn ein aus Livland nachgesandtes Schreiben vom<br />

Lübecker Herzog und Fürstenbischof Friedrich August von Holstein-Gottorp, der für<br />

seinen Sohn einen Lehrer und Reiseprediger suchte. Der Handel kam zustande:<br />

<strong>Herder</strong> ließ sich "auf das Ehrenwort eines Predigers und Gelehrten" unbefristet für<br />

400 Taler engagieren - er bekam eine neue Aufgabe.<br />

Die “Tour de France“ endete in der letzten Dezemberhälfte. Zum Weihnachtsfest<br />

befand er sich in Brüssel, ab Ende Januar 1770 in Den Haag, schließlich in der<br />

Universitätsstadt Leiden. Von Februar bis Ende März bewohnte er ein Hotel in<br />

Amsterdam, wo er vom Verleger Nicolai Bücher und von Zuckerbecker einen<br />

Wechsel in Höhe von 50 Dukaten empfing. Übrigens erlitt <strong>Herder</strong> auf der kurzen<br />

Überfahrt von Antwerpen nach Amsterdam einen Schiffbruch:<br />

„Auf dieser Überfahrt entstand ein heftiger Sturm“, berichtete Caroline nach <strong>Herder</strong>s<br />

eigenen Erzählungen, „das Schiff stieß auf eine Sandbank an der holländischen<br />

Kueste, unweit der Gegend vom Haag. Man that Nothschüsse und steckte die<br />

Nothflagge auf. Die ganze Nacht saß das Schiff auf der Sandbank fest, in beständiger<br />

Gefahr zu sinken. Des Morgens kamen die Fischer von der Kueste, mit Booten zur<br />

Rettung. Unter Regen und schaeumenden Meereswellen kamen <strong>Herder</strong> und seine<br />

Gefaehrten endlich ans Ufer- und sahen von da aus, nachdem alles gerettet ward,<br />

das Schiff versinken“. In <strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong>s späteren Abhandlung über Ossian lässt<br />

sich ein deutlicher Nachklang dieses Erlebnisses finden: „Und das Gefühl der Nacht<br />

ist noch in mir, da ich auf scheiterndem Schiffe, das kein Sturm und keine Fluth mehr<br />

bewegte, mit Meer bespült, und mit Mitternachtswind umschauert, Fingal las und<br />

Morgen hofte“.<br />

Seine literarischen Interessen waren weit gefächert. Er las die Texte vom jesuitisch-<br />

öserreichischen Dichter <strong>Johann</strong> Michael Denis, sowie die von Klopstock, der als<br />

Begründer der sogenannten deutschen Dichtungsreligion und des deutschen<br />

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