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Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

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Superintendent in Weimar (1776 - 1788).<br />

Der junge Landesherr Carl August übernahm im September 1775 mit 18 Jahren die<br />

Amtsaufgaben des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach. Er wuchs ohne Vater<br />

auf und wurde von s<strong>einer</strong> Mutter Anna Amalia, die eine Prinzessin von<br />

Braunschweig-Lüneburg-Wolfenbüttel und eine Nichte von Friedrich II. war,<br />

erzogen.<br />

Als die in den bildenden Künsten bewanderte Landesherrin, die im Alter von 18<br />

Jahren zur Witwe geworden war, 1763 den Philologen Musäus als<br />

Gymnasialprofessor und Hofmeister nach Weimar holte, folgten neben Wieland, der<br />

1772 als Prinzenerzieher und Hofrat in die thüringische Residenzstadt wechselte,<br />

zahlreiche deutsche Intellektuelle dem Ruf nach Weimar – die Geburtsstunden der<br />

sogenannten Weimarer Klassik.<br />

<strong>Johann</strong> <strong>Gottfried</strong>, seine Frau Caroline, die zwei Söhne und der Neffe kamen am 1.<br />

Oktober 1776 in Weimar an. Sein Freund Goethe hatte derweil das Haus hinter der<br />

Stadtkirche gemeinsam mit Carolines älterem Bruder Friedrich Siegmund<br />

hergerichtet.<br />

Die Ankunft des neuen Oberhofpredigers, Oberkonsistorial- und Kirchenrates,<br />

Generalsuperintendenten, Pastor primarius, Ephorus der Gymnasien und<br />

sämtlicher Landesschulen, der "dem Pöbel als Atheist, Freigeist, Socinianer,<br />

Schwärmer verschrien" war (Brief an Hamann vom 13. Januar 1777), wurde von<br />

vielen Menschen mit großer Neugier, von einigen Personen jedoch auch mit strikter<br />

vorurteilsbehafteter Ablehnung, erwartet. Sein hohes Gehalt von jährlich 1200<br />

Talern (Wieland erhielt beispielsweise als Erfurter Universitätsprofessor etwa die<br />

Hälfte) verschaffte ihm obendrein viele Neider.<br />

Am 20. Oktober 1776 hielt er seine Antrittspredigt.<br />

“Seine Art zu lesen war ganz eigen; wer ihn predigen gehört hat, wird sich einen<br />

Begriff machen können. Er trug alles“ [...] „ernst und schlicht vor; völlig entfernt von<br />

aller dramatischmimischen Darstellung, vermied er sogar jene Mannigfaltigkeit, die<br />

bei einem epischen Vortrag nicht allein erlaubt ist, sondern wohl gefordert wird: eine<br />

geringe Abwechslung des Tons, wenn verschiedene Personen sprechen, wodurch das<br />

was eine jede sagt, herausgehoben und der Handelnde von dem Erzählenden<br />

abgesondert wird. Ohne monoton zu sein ließ <strong>Herder</strong> alles in Einem Ton<br />

hintereinander folgen, eben als wenn nichts gegenwärtig, sondern alles nur historisch<br />

wäre, als wenn die Schatten dieser poetischen Wesen nicht lebhaft vor ihm wirkten,<br />

sondern nur sanft vorübergleiten. Doch hatte diese Art des Vortrags, aus seinem<br />

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