Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...
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Das Nacheinander ist auch für die Poesie nicht ausschließlicher „Mittelpunkt der<br />
Wirkung“, wie für die Malerei das Nebeneinander der Farben und Formen. Dies wird<br />
deutlich, wenn man die Kunst zum Vergleich heranzieht, die – nach <strong>Herder</strong> – das<br />
wirkliche Gegenstück der Malerei bildet: die Musik. „Was bei jener das<br />
Nebeneinanderseyn der Farben und Figuren ist,“ [...] „das ist bei dieser das<br />
Aufeinanderfolgen der Töne“, so wie durch das eine der „Grund der Schönheit“<br />
hergestellt wird, so wird durch das andere der „Grund des Wohlklangs“ erzeugt.<br />
„Mahlerei wirkt im Raume, und durch eine künstliche Vorstellung des Raums“; Musik<br />
stattdessen „nicht blos in, sondern auch durch die Zeitfolge, durch einen künstlichen<br />
Zeitwechsel der Töne“; die Poesie wiederum „durch willkürliche Zeichen, durch den<br />
Sinn der Worte auf die Seele“. Indem <strong>Herder</strong> zur Bezeichnung des Mittels der<br />
Wirkung der Poesie den Begriff der Kraft heranzieht, hat er somit die drei Felder, die<br />
seit jeher durch die Metaphysik besät und begrünt worden sind, vereint: Raum, Zeit<br />
und Kraft. Die „Künste, die Werke liefern, wirken im Raume; die Künste, die durch<br />
Energie wirken, in der Zeitenfolge;“ [...] “die Poesie wirkt durch Kraft“, durch „Kraft,<br />
die den Worten beiwohnt,“ [...] „die zwar durch das Ohr geht, aber unmittelbar auf<br />
die Seele wirket“. Diese Kraft ist „das Wesen der Poesie, nicht aber das Coexistente,<br />
oder die Succession“ [die Abfolge]. Denn sie wirkt sowohl im Medium des Raumes<br />
als auch in der Zeit, jedoch entsteht die räumliche Empfindung durch die Kraft der<br />
Worte, die in der Zeit vermittelt werden. Somit ist die Enge von Lessings Einteilung<br />
in Raum- und Zeitkünste und vor allem die Zuordnung der Poesie zu den letzteren<br />
durchbrochen. Und zwar wirkt sie auch im Raume, da „sie ihre ganze Rede sinnlich<br />
macht“, „sofern sie natürliche Worte“ verwendet, also durch die Kraft, „die dem<br />
Innern der Worte anklebt“. Diese „Zauberkraft“ der Worte, stellt <strong>Herder</strong> fest, „die auf<br />
meine Seele durch Phantasie und Erinnerung wirkt“, kann doch nur dann zur vollen<br />
Wirkung gelangen, wenn ihr Sinn sinnlich verstanden wird. Wenn die Worte also<br />
eine klare „sinnliche Vorstellung“ erwecken und so dem Publikum den Gegenstand<br />
sichtlich vor die Seele bringen, dann ist die Poesie eine „Art der Malerei“, dann ist es<br />
gute Schriftstellerei.<br />
Die tiefe und feste Verinnerlichung dieser Erkenntnis macht die besondere,<br />
bilderreiche Anschaulichkeit von <strong>Herder</strong>s Sprache aus.<br />
Sein zweites Wäldchen setzte dem Gesichtsforscher <strong>Johann</strong> Winkelmann ein<br />
Denkmal, es war <strong>Herder</strong>s „Denkmal <strong>Johann</strong> Winkelmanns“, seinem Tod gewidmet.<br />
Außerdem war es als Preisschrift für eine französische Akademie angedacht, jedoch<br />
weigerte sich <strong>Herder</strong> vehement in der französischen Sprache zu schreiben und<br />
verfasste es in deutsch. Weiterhin ergänzte <strong>Herder</strong> Winkelmann um seine<br />
universalhistorische Betrachtungsweise. Winkelmann vergötterte die Griechen<br />
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