22.12.2012 Aufrufe

Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

Johann Gottfried Herder. Versuch einer Biografie. - Robert Matthees ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das Nacheinander ist auch für die Poesie nicht ausschließlicher „Mittelpunkt der<br />

Wirkung“, wie für die Malerei das Nebeneinander der Farben und Formen. Dies wird<br />

deutlich, wenn man die Kunst zum Vergleich heranzieht, die – nach <strong>Herder</strong> – das<br />

wirkliche Gegenstück der Malerei bildet: die Musik. „Was bei jener das<br />

Nebeneinanderseyn der Farben und Figuren ist,“ [...] „das ist bei dieser das<br />

Aufeinanderfolgen der Töne“, so wie durch das eine der „Grund der Schönheit“<br />

hergestellt wird, so wird durch das andere der „Grund des Wohlklangs“ erzeugt.<br />

„Mahlerei wirkt im Raume, und durch eine künstliche Vorstellung des Raums“; Musik<br />

stattdessen „nicht blos in, sondern auch durch die Zeitfolge, durch einen künstlichen<br />

Zeitwechsel der Töne“; die Poesie wiederum „durch willkürliche Zeichen, durch den<br />

Sinn der Worte auf die Seele“. Indem <strong>Herder</strong> zur Bezeichnung des Mittels der<br />

Wirkung der Poesie den Begriff der Kraft heranzieht, hat er somit die drei Felder, die<br />

seit jeher durch die Metaphysik besät und begrünt worden sind, vereint: Raum, Zeit<br />

und Kraft. Die „Künste, die Werke liefern, wirken im Raume; die Künste, die durch<br />

Energie wirken, in der Zeitenfolge;“ [...] “die Poesie wirkt durch Kraft“, durch „Kraft,<br />

die den Worten beiwohnt,“ [...] „die zwar durch das Ohr geht, aber unmittelbar auf<br />

die Seele wirket“. Diese Kraft ist „das Wesen der Poesie, nicht aber das Coexistente,<br />

oder die Succession“ [die Abfolge]. Denn sie wirkt sowohl im Medium des Raumes<br />

als auch in der Zeit, jedoch entsteht die räumliche Empfindung durch die Kraft der<br />

Worte, die in der Zeit vermittelt werden. Somit ist die Enge von Lessings Einteilung<br />

in Raum- und Zeitkünste und vor allem die Zuordnung der Poesie zu den letzteren<br />

durchbrochen. Und zwar wirkt sie auch im Raume, da „sie ihre ganze Rede sinnlich<br />

macht“, „sofern sie natürliche Worte“ verwendet, also durch die Kraft, „die dem<br />

Innern der Worte anklebt“. Diese „Zauberkraft“ der Worte, stellt <strong>Herder</strong> fest, „die auf<br />

meine Seele durch Phantasie und Erinnerung wirkt“, kann doch nur dann zur vollen<br />

Wirkung gelangen, wenn ihr Sinn sinnlich verstanden wird. Wenn die Worte also<br />

eine klare „sinnliche Vorstellung“ erwecken und so dem Publikum den Gegenstand<br />

sichtlich vor die Seele bringen, dann ist die Poesie eine „Art der Malerei“, dann ist es<br />

gute Schriftstellerei.<br />

Die tiefe und feste Verinnerlichung dieser Erkenntnis macht die besondere,<br />

bilderreiche Anschaulichkeit von <strong>Herder</strong>s Sprache aus.<br />

Sein zweites Wäldchen setzte dem Gesichtsforscher <strong>Johann</strong> Winkelmann ein<br />

Denkmal, es war <strong>Herder</strong>s „Denkmal <strong>Johann</strong> Winkelmanns“, seinem Tod gewidmet.<br />

Außerdem war es als Preisschrift für eine französische Akademie angedacht, jedoch<br />

weigerte sich <strong>Herder</strong> vehement in der französischen Sprache zu schreiben und<br />

verfasste es in deutsch. Weiterhin ergänzte <strong>Herder</strong> Winkelmann um seine<br />

universalhistorische Betrachtungsweise. Winkelmann vergötterte die Griechen<br />

25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!